In Francis Poulencs
In Francis Poulencs "Carmélites" gerät eine Handvoll Nonnen in den Mahlstrom der Französischen Revolution.
Wiener Staatsoper / Michael Pöhn

"Oper Your Mind", kalauerten die Leuchtbuchstaben an der Fassade der Staatsoper am Sonntag: eine Einladung, der alten Dame Oper seinen Geist zu öffnen. Und wohl auch, den eigenen Horizont zu erweitern. Das Programm war dazu durchaus geeignet, gab es mit Francis Poulencs Dialogues des Carmélites (1957) doch eine lohnende Rarität zu erkunden.

Hier geht nicht nur eine (unverschämt) tonale Musik ins Ohr, sondern zugleich eine bittere Handlung unter die Haut: Eine Handvoll Nonnen gerät in den Mahlstrom der Französischen Revolution und letztlich als Märtyrerinnen aufs Schafott.

Magdalena Fuchsbergers Regie aus dem Vorjahr punktet mit einer präzisen Personenzeichnung, leidet hie und da jedoch unter erklärungsbedürftigen Bildern. Am Sonntag begeisterte in erster Linie eine stimmstarke Nonnenriege: Michaela Schuster, eine Kapazität im schwerdeutschen Fach, verlieh der tonangebenden Madame de Croissy ebensolche Klänge und im Todeskampf drastische Dezibelspitzen.

Gläserne Verletzlichkeit

Debütantin Sabine Devieilhe stellte der Frohnatur Constance einen zwitscherfreudigen Sopran zur Verfügung. Maria Motolygina steigert sich nach herbem Beginn zur ehrfurchtgebietenden Madame Lidoine. Paradox eigentlich: Nicole Car vermittelte gerade mit ihrem druckvollen Sopran Blanches gläserne Verletzlichkeit. Formidabel Bertrand de Billy im Graben, der die Schönheiten von Poulencs cremigen, sanft angejazzten Akkordverläufen ebenso zur Geltung brachte wie die ruppig-dramatischen Ausbrüche. (Christoph Irrgeher, 29.1.2024)