Produktion von Elektrofahrzeugen bei Volkswagen
Mehr als ein Drittel der befragten Europäer ist nicht bereit, für ein Elektrofahrzeug mehr zu bezahlen als für ein vergleichbares Modell mit Verbrennungsmotor.
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Wenn es nach der Automobilindustrie geht, können gar nicht genug Elektroautos auf die Straße kommen. Tatsächlich ist der weltweite Absatz von Elektroautos zuletzt auch deutlich angestiegen, wie die jüngsten Studien des Center of Automotive Management zeigen. Aber: Die Zahl der Neuzulassungen hat besonders im Premiumsegment angezogen. Böse Zungen könnten behaupten, dass es bei Elektroautos gar kein anderes Segment gebe. Wenn es darum geht, leistbare Elektroautos auf den Markt zu bringen, bleibt Autoherstellern vorerst nur ein verängstigter Blick nach China übrig - oder das Einlösen des Versprechens über künftige Modelle, wie Tesla es erst vor kurzem mit Redwood in Aussicht gestellt hat. Aber wie steht es derzeit um die Bereitschaft der Konsumenten, auf E-Autos umzusteigen?

Zwei aktuelle Untersuchungen für den US-amerikanischen und den europäischen Markt werfen ein Licht auf die Stimmung unter potenziellen Autokäufern. Während die Ergebnisse in den USA eine überraschend hohe Offenheit für Elektro- und Hybridfahrzeuge zeigen, legt die europäische Untersuchung eine deutlich tiefere Skepsis nahe. In beiden Fällen wird jedoch bestätigt, was nach einem Blick auf die Preislisten wenig verwundert: Elektroautos dürften für die meisten Autofahrer einfach zu teuer sein.

USA bereitwilliger für einen Wechsel

Trotz negativer Schlagzeilen rund um die Elektromobilität zieht laut GBK Collective noch die Hälfte der Befragten in den USA in Betracht, als nächstes Fahrzeug entweder ein Elektro- oder ein Hybridauto zu erwerben. Diese Erkenntnis steht im Kontrast zu den derzeitigen Besitzverhältnissen, da nur 14 Prozent der Befragten bereits ein solches Fahrzeug besitzen. Lediglich ein Fünftel der Befragten wolle beim nächsten Fahrzeugkauf ausschließlich ein Elektroauto oder ein Hybridfahrzeug in Erwägung ziehen, 31 Prozent sind für jeden Fahrzeugantrieb offen.

Die Diskrepanz unterstreicht eine Chance für Fahrzeughersteller, die Bedürfnisse einer möglicherweise interessierten, aber noch unschlüssigen Konsumentengruppe anzusprechen. Im Gegensatz zu den frühen Käufern von Elektrofahrzeugen, die vorwiegend vom Innovations- und Designgedanken angetrieben waren, spricht die Untersuchung von einer neuen Welle von Kundinnen und Kunden, die einen stärkeren Fokus auf Gesamtkosten und Alltagstauglichkeit legen, einschließlich Überlegungen zur Ladeinfrastruktur und -dauer.

Ein weiterer erwähnenswerter Aspekt, den GBK Collective hervorhebt, ist die Markenwahrnehmung von Elektroautos in den USA. Offenbar hat der japanische Hersteller Toyota mit seiner Hybridstrategie einen stärkeren Eindruck bei den Befragten hinterlassen und übertrifft damit sogar die "heimische" Marke Tesla. Dies könnte ergänzen, dass pragmatische Überlegungen eine wesentliche Rolle bei der Entscheidungsfindung spielen, wie sich zum Beispiel nicht vollständig auf einen Elektroantrieb zu verlassen, oder etablierteren Automarken zu vertrauen.

Auffallend ist in den USA die vorhandene Bereitschaft, für ein E-Auto mehr zu bezahlen: Laut Untersuchung seien potenzielle Autokäufer im Durchschnitt bereit, für ein Elektrofahrzeug rund 7.650 Dollar mehr auszugeben als für ein vergleichbares benzinbetriebenes Fahrzeug. In Europa hingegen scheint der Preis ein dominanter Faktor zu sein, der noch einen Wechsel auf Elektromobilität verhindert.

Ernüchterung in Europa

Wie aus einer Untersuchung von Escalent hervorgeht, bestehen weiterhin erhebliche Vorbehalte gegenüber Elektroautos, insbesondere was die Kosten und die Ladeinfrastruktur betrifft. Mehr als ein Drittel der befragten Europäer (34 Prozent) ist nicht bereit, für ein Elektrofahrzeug mehr zu bezahlen als für ein vergleichbares Modell mit Verbrennungsmotor.

Diese Zurückhaltung ist in bestimmten Ländern wie Deutschland und Spanien noch stärker ausgeprägt, wo sich fast die Hälfte der Befragten "querstellt". Zudem hat sich die Wahrnehmung von Elektroautos als Fahrzeugen der Zukunft im Vergleich zu Ergebnissen aus dem Vorjahr verringert, was auf eine gewisse Ernüchterung hindeuten kann. Demnach machen zwar immer mehr Menschen persönliche Erfahrungen mit Elektroautos, doch führt diese zunehmende Vertrautheit nicht zwangsweise zu einer positiven Sichtweise auf die Fahrzeuge.

Obwohl im Jahr 2023 fast doppelt so viele Menschen wie 2021 ein Elektroauto gefahren haben, soll die Begeisterung laut Untersuchung dafür sogar leicht nachgelassen haben. Immerhin ist die überwiegende Mehrheit der Besitzer eines Elektroautos (67 Prozent) der Meinung, dass ihre Erwartungen übertroffen wurden. Demnach gaben 74 Prozent der Befragten an, dass sie beim nächsten Mal wieder ein Elektroauto kaufen würden.

Weiterhin ein großes Hindernis für den Kauf eines E-Fahrzeugs in Europa bleibt die Reichweite. Gleichzeitig hat sich offenbar aber auch die damit verbundene Erwartungshaltung nach unten nivelliert. Besonders deutlich wird dies bei der Altersgruppe zwischen 31 und 40 Jahren, von denen die meisten im Jahr 2022 noch mehr als 600 Kilometer Reichweite erwarteten, bevor sie den Kauf eines E-Fahrzeugs in Betracht zogen. Diese Erwartung soll der Untersuchung zufolge jetzt im Schnitt auf 550 Kilometer gesunken sein.

Junge Autokäufer positiver eingestellt

Wenig überraschend zeigen Autokäufer zwischen 18 und 30 Jahren aufgeschlossener gegenüber Elektrofahrzeugen im Allgemeinen und neu aufkommenden Marken im Speziellen. Fast die Hälfte dieser Altersgruppe berichtet von einem Meinungswandel im Verlauf des letzten Jahres, was die Einstellung zu Elektrofahrzeugen betrifft. Im Gegensatz dazu ist diese Veränderung nur bei 26 Prozent der Personen über 66 Jahren zu beobachten. Zudem sind jüngere Käufer eher bereit, sich auf neue Elektroautomarken einzulassen, hier zeigen 21 Prozent von ihnen eine starke Präferenz für solche Marken, im Vergleich zu lediglich sieben Prozent der über 55-Jährigen.

Das Fehlen einer sichtbaren Verbesserung der Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge, eine bestehende Reichweitenskepsis und nicht zuletzt die anhaltend hohen Preise haben laut Untersuchung die Meinung der Verbraucherinnen und Verbraucher in Europa offenbar abgeschwächt, dass E-Fahrzeuge zukunftsweisend seien. Oder um es mit den Worten von Mark Carpenter, dem Geschäftsführer von Escalent, zusammenzufassen: "Der Markt für Elektroautos in Europa muss wieder aufgeladen werden." (bbr, 31.1.2024)

Videodiskussion: Ist der Siegeszug der E-Autos noch aufzuhalten, woher kommt der Strom, um die elektrischen Flotten von morgen zu betreiben – und ist es klug, Verbrenner zu verbieten? Ein Streitgespräch.
DER STANDARD