junge Frau sitzt auf dem Sofa und spielt Gitarre
Im Kampf gegen schlechte Stimmung hilft womöglich eine einfache Frage, sagt eine Psychotherapeutin: Was habe ich als Kind gerne getan?
Getty Images/eclipse_images

Sie kennen das vielleicht: Zu Beginn der kalten Jahreszeit genießt man noch das wohlige Einmummeln zu Hause, die frühe Dunkelheit und das Entschleunigen. Man erfreut sich an winterlichen Rezepten und macht es sich daheim besonders gemütlich.

Im Februar ist davon bei vielen nur noch wenig übrig, stimmungstechnisch hat jetzt so mancher zu kämpfen. Der Tatendrang von Silvester ist verflogen, die meisten guten Vorsätze hat man längst aufgegeben, man ist auf dem Boden der Realität angekommen, und die kurzen Tage sind – auch wenn sie jetzt allmählich wieder länger werden – zunehmend schwieriger zu ertragen.

Aber nicht alle, die sich jetzt schlapp, müde und gereizt fühlen, haben gleich eine Winterdepression, sagt Barbara Haid, Präsidentin des Österreichischen Bundesverbands für Psychotherapie. Von einer saisonalen Depression spricht man erst, wenn die Symptome über mehrere Wochen oder Monate anhalten. Umso wichtiger, jetzt mit kleinen Maßnahmen Tag für Tag besonders gut auf sich zu schauen, findet Haid. Denn die Psyche kann man auf viele unterschiedliche Arten unterstützen:

1. Ein altes Hobby neu entdecken

In Zeiten, in denen sich vieles besonders anstrengend anfühlt, zahlt es sich aus innzuhalten, rät Haid – und sich zu fragen: Was habe ich eigentlich als Kind gerne getan? "Über diese Frage sind meine Klientinnen und Klienten häufig erst einmal verwundert", berichtet Haid. Aber darüber findet man gut wieder zurück zu sich selbst. "Viele merken dann, dass sie Dinge, die sie eigentlich gerne gemacht und die ihnen gutgetan haben, über die Jahre aus den Augen verloren haben." Vielleicht ist also jetzt die ideale Zeit, wieder einmal das verstaubte Musikinstrument aus Kindheitstagen hervorzukramen?

2. Ein Do-it-yourself-Projekt angehen …

Wenn sich Gedanken schwer anfühlen, kann es helfen, unterschiedliche Sinneswahrnehmungskanäle zu aktivieren, rät die Psychotherapeutin. Hobbys wie Töpfern, Häkeln oder Stricken beispielsweise fordern vor allem den haptischen Sinn. Das Arbeiten mit den Händen und die volle Konzentration darauf lassen den Geist für einen Moment ruhen.

3. … oder Pflanzen umtopfen

Auch das fordert den haptischen Sinn – und schadet den von der Heizungsluft geplagten Pflanzen zu Hause bestimmt nicht.

4. Duftkerzen anzünden oder Räuchermischungen verwenden

Die bewusste Aktivierung des Geruchssinns kann die Stimmung aufhellen, das weiß man aus der Forschung. Haid sagt: "Gerade im Februar kann es helfen, sich an etwas zu erfreuen, das nach warmen Tagen duftet. Wie riecht für Sie der Sommer?"

5. Ein neues Rezept ausprobieren

Dasselbe gilt natürlich auch für den Geschmackssinn. Vielleicht wollen Sie ein typisches Sommergericht aus der italienischen oder griechischen Küche nachkochen? "Jedenfalls sollte es etwas sein, das an unbeschwerte Zeiten erinnert", sagt Haid.

6. Der Klassiker: Frischluft

Nicht ohne Grund haben junge Erwachsene und Menschen ab dem Pensionsalter deutlich seltener saisonal depressive Symptomatiken, sie können nämlich ihr Leben unabhängig von der Arbeit gestalten und bei Tageslicht mehr Zeit im Freien verbringen.

Und auch wenn man es schon vielfach gehört hat, man kann es nicht oft genug betonen: "Bewegung und eine grüne Umgebung im Freien hat bei jeder Form der Depression einen positiven Effekt", sagt Edda Winkler-Pjrek, Leiterin der Ambulanz für Herbst-Winter-Depression am AKH Wien. Und vor allem die saisonale Depression sei eine Erkrankung, die stark durch die Alltagsgestaltung getriggert wird. Das heißt im Umkehrschluss aber auch: Mit kleinen Veränderungen im Lebensstil kann man gut dagegenwirken.

7. Aufräumen

In dem japanischen Sprichwort, wonach die Unordnung in den eigenen vier Wänden der Unordnung im Geiste entspricht, steckt durchaus ein Fünkchen Wahrheit. Denn das Ausmisten und Ordnungschaffen senkt den Stresslevel und hebt die Stimmung.

8. Digital Detox

Dass eine intensive Social-Media-Nutzung depressive Symptome fördert und sich negativ auf das eigene Selbstwertgefühl auswirkt, wurde mittlerweile unzählige Male bewiesen. Höchste Zeit also, die Zeit am Smartphone ein bisserl einzuschränken.

9. Jemanden anrufen, von dem man lange nichts gehört hat

Das mag in Zeiten, in denen man sich schlapp fühlt und das Aufraffen zum Socializen ohnehin schon schwerfällt, anstrengend klingen – und vielleicht ist es das auch, sagt Haid, aber: "Möglicherweise muss man sich ein bisschen dazu zwingen. Denn wenn es einem nicht so gut geht, tendiert man eher zum Rückzug. Dann ist es umso wichtiger, ganz bewusst seine Sozialkontakte zu aktivieren."

10. Atemübungen machen

Es mag abenteuerlich klingen, aber tatsächlich kann bewusstes Atmen in manchen Fällen die Symptome von Angststörungen, depressiven Erkrankungen und stressbedingten Störungen mildern, das zeigen mehrere Studien. Dabei kommt es auf die richtige Atemtechnik an. Die Einatmung stimuliert den Sympathikus, also jenen Teil des Nervensystems, der unsere Leistungsbereitschaft erhöht. Die Ausatmung hingegen wirkt vor allem auf den Parasympathikus, der für Ruhe und Entspannung sorgt. Das heißt: Um die Atmung – und in weiterer Folge den Geist – zu beruhigen, sollte man kürzer einatmen und länger ausatmen. Das verlangsamt auch den Herzschlag und senkt den Blutdruck.

11. Sonne tanken …

Auch wenn es wahrscheinlich nicht sehr viele werden: Versuchen Sie an den Sonnentagen dennoch, so gut es geht, rauszugehen und die Strahlen zu genießen. Das hilft dem Körper, das sogenannte Glückshormon Serotonin zu aktivieren.

12. … oder eine Tageslichtlampe anschaffen

"Etwa die Hälfte aller Betroffenen von saisonalen Depressionen werden mit Lichttherapie und ohne den Einsatz von Medikamenten wieder gesund", berichtet Winkler-Pjrek von der Ambulanz für Herbst-Winter-Depression und meint damit eine hochwertige Tageslichtlampe. Das heißt: Bei einem Abstand von 50 bis 80 Zentimetern sollte die Lampe 10.000 Lux emittieren. "Das kommt einem sehr hell und grell vor, aber nur dann hat man den vollen antidepressiven Effekt", sagt Winkler-Pjrek. Sie empfiehlt, täglich mindestens eine halbe Stunde davor zu sitzen und ab und an direkt ins Licht zu schauen.

13. Raus aus der Jogginghose!

Auch wenn es im Homeoffice noch so gemütlich ist: "Raus aus der Jogginghose, rein in ein adrettes Gewand", lautet die Devise. "Sich morgens für den Tag fertig zu machen, sodass man sich wohlfühlt in seiner Haut, wirkt sich positiv auf die Seele aus", erklärt Haid.

14. Wellness zu Hause

Generell gilt: Wenn man sich psychisch nicht so gut fühlt, ist es umso wichtiger, gut auf sich und seinen Körper zu schauen. Denn der Körper und die Seele stehen in Wechselwirkung zueinander. "Wer beispielsweise einen Wellnesstag zu Hause einlegt, ausgiebig duscht, sich eincremt und vielleicht noch eine Maske auflegt, tut damit auch seinem Geist was Gutes", sagt die Expertin.

15. Einen (Mini-)Urlaub planen

Es stimmt schon, wenn es heißt: Vorfreude ist die schönste Freude. Denn Vorfreude wirkt wie ein Puffer gegen Stress, wie Untersuchungen zeigen. Menschen, die sich auf etwas freuen, können Stress leichter verarbeiten und kommen in unsicheren Zeiten besser zurecht. Wenn das kein Grund dafür ist, eine kleine Auszeit zu planen.

16. Ein neues Workout probieren

Sie kennen das doch: Nach dem Sport fühlt man sich immer besser. Das liegt daran, dass beim Sport der Stoffwechsel angeregt wird und Stresshormone dadurch besser abgebaut werden können. Kein Wunder also, dass Sport als eines der besten natürlichen Antidepressiva gilt.

17. Einen anderen Arbeitsweg gehen

Oft braucht es nicht viel, um mental aus dem Alltagstrott herauszukommen. Einfache Gewohnheiten zu verändern kann helfen, psychisch nicht zu ermüden und den Kopf freizukriegen.

18. Zeit mit Tieren verbringen

Apropos neuer Arbeitsweg: Möglicherweise führt die Route an einem Hundepark vorbei? Tiere wirken sich nämlich äußerst positiv auf unsere Psyche aus. Besitzer und Besitzerinnen von Haustieren sind beispielsweise seltener einsam und empfinden tendenziell mehr positive Gefühle.

19. Mittagessen für die kommende Woche vorausplanen

Wie bereits erwähnt: In psychisch herausfordernden Zeiten ist es umso wichtiger, sich gut um sich selbst zu kümmern. Das gilt auch fürs Essen. Ernährung hat nämlich einen enormen Einfluss darauf, wie es uns psychisch geht. Warum also nicht einen möglichst bunten und ausgewogenen Essensplan für die kommende Woche erstellen und vorkochen, statt in der Mittagspause rasch einen Snack vom Imbiss um die Ecke zu holen?

20. Machen Sie jemandem ein Kompliment

Was die Forschung bestätigt, kennen die meisten ohnehin aus eigener Erfahrung: Komplimente steigern die Glücksgefühle – auch dann, wenn man sie nicht empfängt, sondern jemand anderem macht. Bei netten Worten wird nämlich unser sogenanntes limbisches System aktiviert. Das ist jenes Gehirnareal, das auch an der Empathie- und Belohnungsverarbeitung beteiligt ist und wo die Hormone Oxytocin und Dopamin, also unsere Bindungs- und Glückshormone, aktiv sind.

21. In Erinnerungen schwelgen

"Scrollen Sie nicht nur am Handy durch die Urlaubsfotos aus dem Vorjahr, sondern drucken Sie die schönsten aus und stellen sie beispielsweise eingerahmt auf den Schreibtisch", sagt Haid.

22. Gefühlstagebuch schreiben

Was heute unter dem Trendwort "Journaling" gehypt wird, ist in der Forschung altbewährt: Das Ausformulieren und Niederschreiben von Gedanken und Gefühlen kann seelisch entlasten.

23. Sich einen Nachmittagsschlaf gönnen

Gesunder Schlaf ist essenziell für eine gute mentale Gesundheit – und umgekehrt. Unsere Psyche und der Schlaf stehen quasi in einem engen Wechselspiel zueinander. Während wir schlummern, werden nämlich schädliche Stoffwechselprodukte, die bei der Aktivität im Gehirn anfallen, abtransportiert. Und an manchen Tagen, die vielleicht mental besonders herausfordernd sind, hilft oft nur: einfach mal kurz hinlegen. Nur zu lange sollte das Mittagsschlaferl nicht dauern, das wäre wiederum kontraproduktiv für die Erholung.

24. Yoga praktizieren

Bewegung tut gut – so weit, so klar. Und neben Ausdauersport soll vor allem Yoga positiv auf die Stimmung wirken. Denn Yogapraktizierende wiesen in Studien eine höhere Frequenz von Alphawellen auf als Menschen, die kein Yoga praktizierten. Das sind jene Hirnwellen, die üblicherweise bei geschlossenen Augen aktiviert werden. Diese Form der Hirnwellen ist besonders langsam und versetzt das Gehirn in eine Art Ruhezustand.

25. Walnüsse snacken

Ja, richtig gelesen. In Walnüssen steckt nämlich eine ordentliche Portion an Omega-3-Fettsäuren, und die wiederum stärken nachweislich die Psyche und helfen bei saisonalen depressiven Verstimmungen.

26. Vorm Einschlafen lesen

Dass das Smartphone-Licht und das ewiglange Scrollen vorm Schlafengehen nicht unbedingt förderlich sind für psychische Gesundheit und erholsamen Schlaf, ist allen klar. Trotzdem landet das Handy bei den meisten doch immer wieder im Schlafzimmer. Vielleicht finden Sie ein gutes Buch als Ersatz?

27. Dankbarkeit praktizieren

Es mag ein bisschen abgedroschen klingen, ist aber wissenschaftlich tatsächlich bewiesen: Dankbarkeit schützt die Seele bis zu einem gewissen Grad vor negativen Einflüssen. Wer sich öfters bewusst macht, was alles gut läuft, leidet weniger unter Angst, Stress, Schlafstörungen und Depressionen.

28. Meditieren

Die Effekte von Meditation auf die Psyche sind gut erforscht – und auch, wenn man eine ausgewachsene Depression sicherlich nicht wegmeditieren kann, so können das Innehalten und das Praktizieren von Achtsamkeit bei gesunden Menschen den Stresslevel deutlich senken. Das Gute dabei: Die positiven Effekte der Meditation auf die Psyche spürt man meist schon nach wenigen Stunden, man fühlt sich weniger gestresst und ausgeglichener.

29. Eine Beratungsstunde vereinbaren

Man sollte auch vor einem Gespräch mit einem Psychotherapeuten oder einer Psychotherapeutin nicht zurückschrecken, betont Haid. "Psychotherapie beziehungsweise psychotherapeutische Beratung im Sinne der Prävention und Gesundheitsfürsorge ist wichtig. Hin und wieder mit einer Expertin oder einem Experten offen darüber zu sprechen, was einen beschäftigt, sollte so normal sein wie alle körperlichen Vorsorgeuntersuchungen." (Magdalena Pötsch, 1.2.2024)