Auf dem Ausflug mal eben 30 Fotos mit dem Smartphone schießen, nur um sie anschließend auf dem Gerät verwaisen zu lassen und nie wieder anzusehen: Das ist keine Ausnahme, sondern für viele Menschen zum Standard geworden. Die Menschheit fotografiert mehr als je zuvor, doch das einzelne Foto verliert damit ein Wert. Die Gegenbewegung dazu ist die analoge Fotografie, die in der Nische ein kleines Revival erlebt. Und weil man doch nicht auf die Entwicklung des Films warten möchte, erfreuen sich auch die einst totgesagten Sofortbildkameras großer Beliebtheit.

So wird das Bestseller-Ranking der meistverkauften Produkte in der Kategorie "Kamera & Foto" auf Amazon.de nicht etwa von Spiegelreflex- oder Mirrorless-Kameras dominiert, sondern von der Fujifilm Instax Mini: eine Sofortbildkamera für rund 90 Euro. Gewiss, das ist nicht repräsentativ, weil Profis ihre DSLR-Kameras wohl eher in Fachgeschäften als bei Amazon kaufen. Doch auch bei einem bekannten österreichischen Elektronikhändler ist vor Ort zu beobachten, dass dieser einen Regelabschnitt für diese Produktkategorie freigemacht hat. Und ein Hersteller namens Polaroid – in gewisser Weise das Synonym für diese Produktkategorie – bietet derzeit ebenfalls ein breites Sortiment mit Geräten ab rund 100 Euro.

Und schließlich ist auch der Premium-Hersteller Leica in dieses Segment vorgedrungen, inzwischen in der zweiten Generation: Die Sofort 2 ist ein Hybrid aus Digital- und Sofortbildkamera, deren Preis von knapp 380 Euro deutlich über jenen der Konkurrenz liegt. Hinzu kommt, dass der Fotofilm bezahlt werden muss: Hier zahlt man etwa 20 Euro für 20 Fotos, ein Foto kostet also nochmal je einen Euro. DER STANDARD hat die Kamera getestet.

Technische Specs und ihre Bedeutung

Mit Maßen von 123 mm x 86 m x 44 mm ist die Leica Sofort 2 deutlich klobiger als diverse Smartphones und digitale Kompaktkameras, aber freilich noch immer kleiner als eine DSLR inklusive Objektiv. Mit einem Gewicht von circa 320 Gramm ist sie zudem zwar schwerer als ein iPhone 15 Pro Max (221 Gramm), leichter als eine Profikamera und eignet sich somit bestens als Begleiter auf kurzen Ausflügen.

Der interne Speicher fasst rund 45 Bilder und kann auf Wunsch mit einer Micro-SD-Karte erweitert. Das ist ein wichtiges Detail – aber mehr dazu später. Geladen wird via USB-C, eine Datenübertragung ist über diesen Anschluss nicht möglich.

Die Leica Sofort 2 auf einem Ausflug.
Der Standard/Stefan Mey

Beim verbauten Sensor handelt es sich um einen 1/5 Zoll großen CMOS-Sensor, die Bilder werden im Jpeg-Format mit einer Auflösung von 2560 x 1920 Pixel (4,9MP) ausgegeben, was deutlich unter heutigen Standards liegt, für den Zweck aber ausreichend ist. Ein Bild ist etwa 1,2 MB groß. Raw-Dateien werden nicht gespeichert. Die Auflösung lässt sich ebenso wenig in den Einstellungen verändern wie viele andere Faktoren.

So ist das nicht wechselbare Objektiv ein Leica Summar 1:2/2,4mm (das entspricht ca. 28mm bei Kleinbild), es handelt sich um eine fixe Brennweite. Auf Wunsch kann ein digitaler Zoom genutzt werden, dies aber freilich mit den bekannten Abstrichen in der Qualität. Der ISO-Bereich wird von der Kamera automatisch zwischen 100 und 1600 eingestellt, bei analogen Ausdrucken ist dieser Wert freilich vom verwendeten Film abhängig.

Die Verschlusszeit variiert automatisch zwischen 1/4 und 1/8000 Sekunden, was diverse Pläne von Langzeitbelichtungen zunichtemacht. Der Blendenbereich wird ebenfalls automatisch zwischen F2 und F16 angepasst. Manuellen Fokus gibt es nicht, nur Autofokus.

Möglich ist allerdings die Belichtungskorrektur im Bereich von -2,0 EV bis +2,0 EV einzustellen. Auch lässt sich der Weißabgleich auf Wunsch manuell konfigurieren, der integrierte Blitz lässt sich ein- und ausschalten. Ein Timer lässt sich aktivieren. Der Arbeitsbereich beginnt bei zehn Zentimetern, was bedeutet: Es lässt sich zwar ein Makro-Modus einstellen, aber allzu kleine Details sollte man sich nicht erwarten.

Würfel 3D-Drucker
Würfel aus dem 3D-Drucker, fotografiert im Makro-Modus bei Tageslicht. Die Unreinheiten im Druck und in der Bemalung sind erkennbar, ein näheres Herantasten an Details ist aber nicht möglich. Auch das Fokussieren ist ein Glücksspiel.
Der Standard/Stefan Mey

Weiters erwähnenswert wäre, dass die Kamera über ein klassisches 1⁄4-Zoll-Stativgewinde verfügt. Das LCD-Display unterstützt kein Touch, durch Menüs navigiert man über Hardware-Tasten auf der Rückseite des Geräts. Über zwei Räder – eines am Objektiv und ein kleines an der Oberseite der Kamera – lassen sich diverse Effekte und Fotomodi einstellen. Einen zweiten Auslöser gibt es an der Frontseite, ebenso wie einen Spiegel. Das hat im Praxistest das Fotografieren von Selfies erleichtert. Filmen kann man mit der Leica Sofort 2 übrigens nicht, sondern ausschließlich fotografieren.

Ein Hybrid zwischen Digital und Analog

Schießt man nun ein Foto mit der Leica Sofort 2, so erscheint dieses zunächst wie bei anderen Digitalkameras auf dem drei Zoll großen TFT-LCD-Display. Auf Wunsch können die Bilder im Menü gelöscht, rotiert oder beigeschnitten werden. Wird anschließend ein Hebel unter dem Auslöser umgelegt, so ist auf dem Bildschirm eine Animation sichtbar, auf welchem das Foto aus dem Screen rauszuschieben scheint. Gleichzeitig wird das Bild mit einer Größe von 62 x 46 mm auf der Seite der Kamera ausgegeben.

Leica Sofort 2.
Der Ausdruck kommt aus der Seite des Geräts heraus.
Der Standard/Stefan Mey

Auf dem Ausdruck ist zunächst sichtbar, wie man es auch von anderen Sofortbildkameras kennt. Innerhalb der darauffolgenden Minuten erscheint das Bild dann allmählich und kann anschließend in der analogen Welt mit Freunden geteilt werden. Auf Wunsch kann das aktuelle Datum auf dem Ausdruck dargestellt werden. Außerdem kann für den Ausdruck zwischen den Modi "Rich" und "Natural" gewählt werden, wobei sich der Rich-Modus im STANDARD-Test durch stärkere Kontraste und kräftigere Farben auszeichnet.

Leica Sofort 2 Ausdrucke.
Vergleich zwischen "Rich" (links) und "Natural" (rechts).
Der Standard/Stefan Mey

Will man die Bilder auch digital teilen, so hat Leica für diesen Zweck eine begleitende App geschaffen. Mit dieser können Bilder von der Kamera auf das Smartphone übertragen werden, indem auf der Kamera die Option "Transfer Printed Images" gewählt wird. Daraufhin werden jene Fotos übertragen, die zuvor für einen Euro pro Stück gedruckt und für das Versenden aufs Smartphone ausgewählt wurden.

Wie bitte, nur die gedruckten Bilder? Ja, tatsächlich. "Abzocke!", werden an dieser Stelle wohl gleich die kritischen Geister schreien, doch in der Praxis zeigt sich durch eben diese Beschränkung eine interessante Änderung bezüglich der Wertigkeit eines Bildes: auf meinem Smartphone landen nur jene Fotos, denen ich einen gewissen Wert – konkret: ein Euro pro Druck – beimesse.

Leica Sofort 2 Film wechseln. 
Das Wechseln des Films geschieht einfach, indem die alte Kassette herausgenommen und eine neue eingelegt wird.
Der Standard/Stefan Mey

Außerdem gibt es einen Workaround, der zuvor bereits angedeutet wurde: legt man eine Micro-SD-Karte in die Kamera ein und speichert die Fotos auf dieser, so können die Bilder anschließend von der Karte auf den PC gespeichert werden. Andererseits funktionierte im Test die Übertragung via Smartphone-App nicht mehr, wenn die Bilder auf der Micro-SD-Karte gespeichert wurden.

Fotoqualität und Filter

Die Fotoqualität der Bilder entspricht dem, was angesichts der eingangs erwähnten technischen Spezifikationen zu erwarten war: Wer schöne Fotos im klassischen Sinne machen möchte, der sollte besser zu einer DSLR oder auch zu einem Smartphone greifen. Die Bilder dieser Sofortkamera zeichnen sich durch einen Stil aus, den man im besten Fall als "Retro" bezeichnen kann, weniger wohlwollend gesonnene Menschen sprechen von Bildfehlern.

Das zeigt sich zum Beispiel in der nachfolgenden Aufnahmen einer Champignonzucht im Keller, bei entsprechend schlechtem Glühbirnenlicht. Die Weißabgleich war in diesem Fall auf Automatik eingestellt. Beim Foto mit automatisch ausgelöstem Blitz sind die Farben wie erwartet äußerst unnatürlich. Wird der Blitz hingegen bewusst unterdrückt, so macht sich ein starkes ISO-Rauschen bemerkbar: Die Automatik hatte den ISO-Wert hier auf 1600 hochgeschraubt.

Champignons im Keller, fotografiert mit Blitz.
Champignons im Keller, fotografiert mit Blitz.
Der Standard/Stefan Mey
Champignons im Keller, fotografiert ohne Blitz.
Das gleiche Motiv, aber ohne Blitz. Das ISO-Rauschen ist klar erkennbar.
Der Standard/Stefan Mey

Bei guten Lichtverhältnissen erfüllen die automatischen Einstellungen wiederum ihren Zweck, wie das nachfolgende Foto des Laudongrabs im Wienerwald zeigt. Die Blende stellte sich hier automatisch auf F/2 ein, die Belichtungszeit auf 1/1200 Sekunden, die ISO-Empfindlichkeit auf 100. Das Bild würde auch keinen Fotografiepreis gewinnen, die Fehler halten sich – abgesehen von einer Überbelichtung der sonnengewandten Seite – aber in Grenzen.

Laudon Grab
Foto am späten Nachmittag mit Blende F/2, Belichtungszeit auf 1/1200, ISO 100.
Der Standard/Stefan Mey

Anders bei dem nachfolgenden Bild, das in der Abenddämmerung aufgenommen wurde. Hier ist der ausgebrannte Himmel klar zu erkennen.

Landschaft
Später Nachmittag, Landschaftsaufnahme. Am Horizont ist ein Ausbrennen des Himmels zu erkennen.
Der Standard/Stefan Mey

Das ist ein Fehler, den moderne Smartphones durch KI-Software geschickt ausbügeln: Auch bei eher schlechten Lichtverhältnissen ist bei neueren Handyfotos der Himmel stets schön blau – wobei im vorliegenden Fall der Fotograf den Rücken der Sonne zugewandt hatte, das Scheitern also besonders beeindruckend ist. Bei manchen Porträts waren im Test wiederum die Gesichter der fotografierten Personen extrem ausgeblichen.

Man muss aber auch sagen: gerade diese Trashigkeit hat ihren eigenen nostalgischen Charme, der sich eben auch gut mit dem Reiz einer analogen Fotoentwicklung kombinieren lässt. Und da sind wir noch nicht mal beim Thema der Filter angelangt. So lassen sich über das kleine Rad Filter einstellen, wie man sie von Smartphone-Kameras oder Apps wie Instagram kennt.

Möglich sind hier etwa Bilder mit Blau-, Gelb oder Rotstich, mit übersteuerten Farben oder in verschiedenen monochromen Formaten. Das folgende Bild wurde zum Beispiel mit dem Sepia-Filter aufgenommen.

Aufnahme des Hulk, mit Sepia-Filter.
Aufnahme des Hulk, mit Sepia-Filter.
Der Standard/Stefan Mey

Doppelbelichtung!

So weit, so gewohnt. Deutlich amüsanter sind aber die Funktionen, die sich durch das Drehen des Rads am Objektiv ergeben. Denn hier ist eine Funktion integriert, die man eher analogen Kameras mit manuellem Spulen zuordnet: die Doppelbelichtung. Hier wird zuerst das erste Foto gemacht, das zweite anschließend transparent über dieses drüber gelegt.

Anders als bei rein analogen Kameras ist hier bereits bei der Vorschau auf dem LCD-Screen sichtbar, wie das finale Ergebnis aussieht. Der kreative Spielraum ist entsprechend groß, hier ungewöhnliche Kombinationen zu bilden, wie etwa die nachfolgende Kombination aus Selfie und Laub oder die gespenstisch wirkende Erscheinung einer hinduistischen Gottheit im Gebüsch.

Doppelbelichtung am späten Nachmittag, inklusive Porträt im Gegenlicht.
Doppelbelichtung am späten Nachmittag, inklusive Porträt im Gegenlicht.
Der Standard/Stefan Mey
Statue im Wald
Die Statue wurde vor einem neutralen Hintergrund fotografiert.
Der Standard/Stefan Mey

Zu den anderen Möglichkeiten gehört, ein Motiv zu spiegeln, sodass es doppelt erscheint und das Bild einen entsprechend psychedelischen Touch erhält.

Spiegelung
Mit dem Tool der Spiegelung lassen sich witzige Effekte erzielen.
Der Standard/Stefan Mey

Bei der Half-Frame-Funktion werden wiederum zwei Bilder in einer Collage nebeneinander angeordnet, indem diese nacheinander geschossen werden. Auch hier ist das Endergebnis vorab auf dem LCD-Display sichtbar. Das folgende Bild verdeutlicht dies ebenso wie das erneut massive ISO-Rauschen, das bei schlechten Lichtverhältnissen entsteht.

Bahnstrecken
Half-Frame-Funktion bei schlechten Lichtverhältnissen.
Der Standard/Stefan Mey

Andere Funktionen sind der auch von Apps wie Instagram bekannte Vignette-Modus, ein Fisheye-Modus sowie das bewusste Herbeiführen von Bildfehlern ("Colour Shift", Light Leak") oder Unschärfen. So wurde das nachfolgende Bild des haarigen Mitbewohners mit der "Blur"-Funktion geschossen.

Schwarzer Kater
Auch ohne Effekt wäre dieser Kater angenehm flauschig.
Der Standard/Stefan Mey

Fazit: ein teurer, aber schöner Spaß für Zwischendurch

Das Urteil nach diesem Test ist ein eindeutiges. Eignet sich die Leica Sofort 2 als Hauptkamera für Ausflüge den Alltag? Nein, auf keinen Fall. Jedes Smartphone macht bessere Fotos, jede DSLR bietet mehr Einstellungsmöglichkeiten. Man muss aber auch sagen, dass ich durch den Hype rund um die Kodak Super-8-Filmkamera vor ein paar Wochen wieder meine analoge Lomo Konstruktor aus der Lade gekramt habe – diese in den vergangenen Tagen aber zu Hause ließ, während mich die Sofort 2 auf Wanderungen begleiten durfte.

Warum? Weil sie ein nettes Gimmick ist, um Fotos der anderen Art zu machen und diese gleich herzuzeigen – sei es auf digitalem Wege oder über die integrierte Sofortbildfunktion, mit der man im Jahr 2024 nicht selten für geweitete Augen und entzücktes Lächeln sorgt. Bei Kindern ebenso wie bei Partygästen wird das Gerät somit schnell zum Gesprächsthema. Ob man dafür knapp 380 Euro und anschließend rund einen Euro pro entwickeltem Foto zahlen möchte, ist eine Frage der eigenen Bedürfnisse und finanziellen Mittel. Es ist nun mal eine Leica, Made in Germany. Und somit auch unter den Sofortbildkameras eine Klasse für sich. (Stefan Mey, 3.2.2024)

Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: Die Kamera wurde von Leica zu Testzwecken zur Verfügung gestellt.