Mark Zuckerberg
Heute zählt Mark Zuckerberg zu den reichsten Menschen der Welt, muss sich jedoch auch der Kritik von Jugend- und Datenschützern stellen.
AFP/KENZO TRIBOUILLARD

Für seine berühmten monochromen Gemälde wählte der französische Künstler Yves Klein bereits Mitte des vergangenen Jahrhunderts die Farbe Blau, eine spezielle Version davon - das "Yves Klein Blau" - ließ er sich sogar patentieren. Warum Blau? Weil Klein bewusst leere und emotionslose Bilder malen wollte, und weil er Blau als die emotionsloseste Farbe von allen sah: nicht so beruhigend wie Grün, nicht so aufregend wie Rot oder Gelb.

Viele Jahrzehnte später, vor genau 20 Jahren, ging eine Website online, bei welcher die Farbe Blau ebenfalls zum dominierenden Markenzeichen wurde und die das Schicksal zahlreicher Menschen verändern sollte – vor allem durch das Wecken von Emotionen: Thefacebook.com, heute Facebook.com. Wenige Tage vor der Geburtstagsfeier war das Leben von Gründer Mark Zuckerberg allerdings nicht nur aus Konfetti bestanden, die dominierende Farbe war von Blau zu Rot gewechselt: Zuckerberg habe Blut an den Händen, Plattformen wie Instagram sei für das Leiden von Kindern und Jugendlichen verantwortlich, so die Anschuldigungen eines US-Senators bei einer Anhörung zu Sicherheit im Netz.

Groß und mächtig

Parallel dazu schießt der Aktienkurs in die Höhe, nachdem das inzwischen in Meta umbenannte Facebook das "Jahr der Effizienz" ausgerufen hatte. Das bedeutet in weniger euphemistischen Worten: Menschen werden gekündigt und Abteilungen verkleinert, nachdem das einstige Studentenprojekt im Lauf von zwei Jahrzehnte zu einem Konzern mit etlichen Subunternehmen herangewachsen war.

Die Marktkapitalisierung Metas liegt heute bei 1,22 Billionen US-Dollar. Im Forbes-Ranking der reichsten Menschen der Welt rangiert Mark Zuckerberg auf Platz 4, mit einem Vermögen von 167,2 Milliarden Dollar. Das Social Network Facebook, im Lauf des vergangenen Jahrzehnts öfters totgesagt, wird monatlich noch immer von drei Milliarden Menschen genutzt, von 2,11 Milliarden Menschen sogar täglich.

Und auch wenn Facebook selbst gerade für heute Jugendliche nicht mehr attraktiv zu sein scheint, so halten die von Meta im Lauf der Jahre zugekauften Plattformen den Tanker über Wasser: 3,98 Milliarden Menschen nutzen mindestens einmal pro Monat eine von Metas Apps, 2,11 Milliarden tun dies sogar täglich.

Gründung und Anfangsjahre

Das war nicht immer so. So hatte das damals schon blaue Thefacebook.com ein noch äußerst bescheidenes Erscheinungsbild und fand seinen Ursprung in einem Studentenzimmer der Harvard University. Der Zweck der Website: Nach Menschen in der eigenen Schule oder Uni suchen, Menschen in den eigenen Kursen finden, Freunde von Freunden finden.

"The Facebook" zum Start im Jahr 2004.
Facbook

Die Idee eines Social Networks war damals nicht neu, in Wahrheit hatte Tom Anderson mit Myspace.com bereits im August 2003 eine derartige Plattform gestartet: an sein Gesicht erinnert sich noch jeder Mensch, der damals jung und im Netz unterwegs war, zumal Anderson automatisch zum ersten "Freund" eines neuen Myspace-Accounts wurde.

Doch Zuckerberg und seine Co-Gründer entwickelten ihre Plattform rasch weiter, so konnten Menschen etwa virtuell "angestupst" oder markiert werden. In weniger als einem Jahr hatte die Plattform eine Million Nutzer gesammelt, nach vier Jahren hatte Facebook Myspace überholt. Und auch im deutschen Sprachraum, wo zuvor noch ein Netzwerk namens StudiVZ die angesagte Website in jedem Studentenzimmer war, gewann Facebook gegen Ende der Nullerjahre zunehmend an Beliebtheit.

Mobiles Stalken und ein endloser Feed

Das besagte Jahrzehnt war eine Zeit der digitalen Innovationen mit Auswirkungen auf die Gesellschaft, die heute noch spürbar sind. Etliche Stunden verbrachten junge Menschen täglich damit, Menschen über das Netzwerk ausfindig zu machen und sich Fotos der Bekannten von Bekannten anzusehen: "Freunde von Freunden finden" nannte Zuckerberg das schon in den Anfangsjahren, als "Stalking" wurde es rasch von den kritischen Geistern bezeichnet.

Getrieben wurde dies auch durch Innovationen bei der Hardware. Zunächst ersetzten Digicams in den Nullerjahren jene mit analogem Film, etliche Schnappschüsse wurden auf Ausflügen und WG-Partys gemacht und am nächsten Tag auf Facebook geteilt. Durch das Aufkommend der Smartphones, allen voran die Einführung des ersten iPhones im Jahr 2007, konnten die Bilder auch kurz nach dem Fotografieren hochgeladen und das Netzwerk auch unterwegs frequentiert werden.

"Komm in die Gruppe" war auch in den Anfangsjahren Facebooks schon ein vielgehörter Satz.
Facebook

Dabei wurde Zuckerberg zunächst vorgeworfen, dass Facebook nicht ausreichend für mobile Geräte optimiert sei, auch im Rahmen des Börsengangs am 18. Mai 2012 waren Investoren skeptisch und nannten den mangelnden Fokus auf Mobile als einen der größten Kritikpunkte: Gestartet waren die Aktien bei einem Preis von 38 Dollar das Stück, kurz darauf stürzte der Kurs auf 18 Dollar ab. Heute ist eine Meta-Aktie rund 475 Dollar wert.

Die Thematik der Mobile-Tauglichkeit wurde mittlerweile freilich ausreichend behandelt, zudem führte Facebook weitere technische Innovationen ein: wie etwa den Activity Feed, wie er heute in Social Networks üblich ist: er zeigt Aktivitäten des Freundeskreises – und jener Unternehmen, die Anzeigen schalten und ermöglicht es ähnlich einer Slot Machine in einem Casino, durch die immer gleiche Bewegung stundenlang nach dem großen Wurf zu suchen.

Schädliches Selbstbild, keine Privatsphäre

Diese und andere Themenbereiche sind es, die Facebook nicht nur wegen der technischen Innovationen ins Scheinwerferlicht rückten, sondern auch wegen der negativen gesellschaftlichen Auswirkungen zunehmend in die Kritik geraten lassen. So lautet ein Vorwurf, durch unter anderem den soeben erwähnten Activity Feed ebenso wie durch marktschreierische Inhalte die Verweilzeit bewusst in die Höhe zu treiben. In diesem Kontext werde vor allem in punkto Jugendschutz wenig getan, so eine oft geäußerte Kritik.

Diese Kritik beläuft sich weniger auf Facebook selbst, sondern auf das Foto-Netzwerk Instagram, welches seit dem Zukauf ebenso zum Facebook-Mutterkonzern Meta gehört wie der Messenger-Dienst Whatsapp: hier werde Mädchen und jungen Frauen oft ein unrealistisches Körperbild vermittelt, welches sie in Essstörungen, Depressionen und teils Suizidgedanken treibe, so der Vorwurf an den Konzern. Themen, die es in diesem Ausmaß vor 20 Jahren noch nicht gab.

So sahen Facebook-Profile in den Anfangsjahren aus.
Facebook

Ein anderer Thema ist jenes des Datenschutzes. So befindet sich der Konzern seit Jahren im juristischen Streit mit dem österreichischen Datenschützer Maximilian Schrems. Nach Inkrafttreten der DSGVO bat der Konzern die Userinnen und User schlicht um Zustimmung der Datenschutzbestimmungen, damit diese das Netzwerk weiter nutzen können.

Unvergessen ist auch der Datenskandal rund um das britische Unternehmen Cambridge Analytica, bei dem Daten von Millionen Facebook-Usern ohne deren Zustimmung gesammelt wurde, um diese für gezielte politische Werbung zu nutzen. In diesem Kontext wurde Facebook unter anderem 2019 von der Federal Trade Commission (FTC) zu einer Strafe von fünf Milliarden Dollar verdonnert. Fakt ist: Unsere persönlichen Daten sind heute transparenter, als sie es vor 20 Jahren waren, und auch hier hat der Konzern einen großen Anteil an der Entwicklung, welcher den Großteil seines Umsatzes noch immer mit personalisierter Werbung macht.

Künstliche Intelligenz und das "Metaversum"

Doch dabei soll es nicht bleiben. Denn Zuckerberg ist dabei, neue Standbeine für jenes Unternehmen aufzubauen, das er im Oktober 2021 in "Meta" umbenannt hatte. Parallel zum neuen Namen wurde nämlich die Vision eines "Metaversums" ausgerufen. Inspiriert von Neal Stephensons Cyberpunk-Roman "Snow Crash", soll eine virtuelle Welt entstehen, in welcher die Menschen gemeinsam spielen, arbeiten und natürlich Freundschaften bilden. Außerdem verkündete Zuckerberg im Herbst 2023, diverse KI-Funktionen zu implementieren: etwa kann demnächst mit KI-Bots in Apps wie Whatsapp oder dem Facebook Messenger gechatted werden.

Ob der Konzern durch diese Projekte die Welt ähnlich stark verändern wird wie durch die blaue Seite? Das bleibt abzuwarten, für Zuckerberg ist es jedenfalls eine Wette auf die Zukunft, die derzeit noch nicht fruchtet: Im vergangenen Jahr stieg der operative Verlust der für das Metaversum verantwortlichen Sparte Reality Labs auf über 16 Milliarden Dollar, bei nur 1,9 Milliarden Dollar Umsatz.

Und das in einer Zeit, in der viele Beobachter rätseln, ob es Facebook in 20 Jahren noch geben wird. Andererseits: auch vor zehn Jahren hatten viele Analysten bereits angezweifelt, dass die blaue Seite ihren 20. Geburtstag erleben würde. (Stefan Mey, 4.2.2024)