Kontaktrecht meint das Grundrecht auf Kontakt zwischen Eltern und Kindern. Es kommt dem Elternteil zu, der nicht hauptsächlich mit dem Kind wohnt, es ist aber auch ein Recht des Kindes. Eine gesetzliche Regelung zu genauen (Mindest-)Kontaktzeiten sucht man vergeblich. Es kommt immer auf den Einzelfall an und was dem Kindeswohl am ehesten entspricht. Das wird bei einem Säugling ein anderes Kontaktrecht sein als bei einem achtjährigen Kind, bei dem beide Eltern intensiv in die Betreuung involviert sind.

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Wenn sich Eltern um die Frage des Kontakts vor Gericht streiten, wird von diesem das Kindeswohl besonders berücksichtigt.
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Grundsätzlich soll das Kontaktrecht Zeiten der Freizeit und auch des Alltages umfassen und es soll kein Elternteil in die Rolle eines gelegentlichen Besuchs gedrängt werden. Im Normalfall geht man davon aus, dass Kinder von regelmäßigen und verlässlichen Kontakten zu beiden Eltern profitieren.

Wenn man sich über das Kontaktrecht nicht einigt

Im besten Fall können sich Eltern auf das Kontaktrecht gemeinsam verständigen. Das klappt aber nicht immer. Oft geht es auch um Ängste, die einer gütlichen Lösung im Weg stehen. Eltern fühlen sich verantwortlich für das Wohlergehen der gemeinsamen Kinder. Schwierig wird es vor allem dann, wenn ein Elternteil Zweifel hat, ob es dem Kind beim anderen Elternteil gut geht oder Sorgen hat, ob bestimmte Umstände in der Umgebung des anderen Elternteils das Kindeswohl beeinträchtigen könnten.

Immer wieder erlebt man, dass ein Elternteil zwar grundsätzlich Kontakte zum anderen Elternteil befürwortet, allerdings bestimmte Einschränkungen, Auflagen oder sonstige "Schutzmaßnahmen" wünscht. Beispielsweise soll der oder die Ex die Kinder nur unter Aufsicht sehen, oder der neue Partner des anderen Elternteils nicht bei Kontakten dabei sein, oder man möchte nicht, dass bestimmte Orte mit den Kindern (oft Ex-Schwiegereltern) aufgesucht werden. Gibt es noch eine (Mindest-)Kommunikationsbasis zwischen den Eltern kann manchmal – zum Beispiel im Rahmen von Mediation – eine gemeinsame Lösung gefunden werden. Ist das aussichtslos, ist der nächste Schritt der Weg zum Gericht, wo entsprechende Anträge gestellt werden können. Das Gericht stellt dabei das Wohl des Kindes in den Fokus, wenn es eine Entscheidung trifft.

Wie sieht es rechtlich aus? 

Das Kontaktrecht ist ein grundrechtlich gesichertes Recht zwischen Eltern und Kindern. Eine Einschränkung dieses Rechts soll nur ausnahmsweise möglich sein. Grundsätzlich sollen Eltern frei sein, "ihre" Kontaktzeit mit dem Kind individuell zu gestalten. Das heißt, ob sie entscheiden, mit dem Kind in den Park oder in den Zoo zu gehen, die Oma zu besuchen oder daheim zu bleiben, ist ihre Sache. Verbote, bestimmte Ort nicht zu betreten, begleitete Kontakte in Besuchscafés oder andere Auflagen stellen Einschränkungen des Kontaktrechts dar. Diese sind nur dann zulässig, wenn konkrete Umstände auf eine Kindeswohlgefährdung hindeuten.

Bloß abstrakte Befürchtungen rechtfertigen aber weder Einschränkungen noch Auflagen oder Verbote. Sprich: Wenn ein Elternteil verhindern möchte, dass in der Kontaktzeit des anderen die Oma besucht wird, weil einem die noch nie zu Gesicht gestanden ist, wird das nicht gehen. Wohnt bei der Oma ein gefährlicher, scharfer und bissiger Hund, der nicht sicher verwahrt werden kann, wird das vielleicht anders aussehen. Bei begleiteten Kontakten ist es ähnlich. Wenn es das Wohl des Kindes verlangt, kann das Gericht eine Besuchsbegleitung anordnen. Diese Entscheidung hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Begleitete Kontakte sind nur dann zulässig, wenn eine unbegleitete Ausübung des Kontaktrechts – mit dem Wohl des Kindes nicht vereinbar ist. Bei einer Besuchsbegleitung kann es auch darum gehen, Kontakte zum getrenntlebenden Elternteil wieder anzubahnen, sprich, den Kontakt wiederherzustellen.

Wie entscheiden Gerichte?

Am 25. Februar 2021 beschäftigte sich der Oberste Gerichtshof mit dem Thema (3 Ob 217/20p). Im konkreten Fall lebte das Kind bei seinem Vater, der Mutter kam ein wöchentliches Wochenendkontaktrecht zu. Der Vater beantragte, der Mutter eine Auflage zu erteilen, mit dem Kind einen bestimmten Ort nicht aufzusuchen. An diesem Ort – einem Einfamilienhaus, aber nicht der Wohnort der Mutter – hatte sich zuvor ein Schusswechsel mit der Polizei ereignet. Die Mutter war bei diesem Schusswechsel anwesend, das Kind nicht. Das Erstgericht wies den Antrag des Vaters mit Verweis darauf, dass abstrakte Befürchtungen nicht ausreichen, um Auflagen bezüglich Örtlichkeiten zu erteilen ab. Außerdem betonte das Erstgericht die Einmaligkeit des Vorfalles und den Umstand, dass die Mutter die Liegenschaft nur gelegentlich besuche. Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs des Vaters keine Folge.

Der OGH hob die Beschlüsse der Vorinstanzen auf und trug dem Erstgericht eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Er führte dazu aus, dass das Vorbringen des Vaters nicht von bloß abstrakten Befürchtungen geprägt war, sondern er mit den Hinweisen auf eine Schießerei mit zwei Schwerverletzten, Waffen- und Suchmitteldelikte mehrere konkrete Umstände geltend machte, die eine Gefährdung des Kindes indizieren, wenn das Kontaktrecht an dieser Adresse ausgeübt wird. Dem Erstgericht wurde aufgetragen, genauer zu erforschen, ob Umstände bestehen, nach denen eine derartige Gefährdung des Kindes am genannten Ort auszuschließen wäre. (Theresa Kamp, 13.2.2024)