Alfred Gusenbauer war in seiner Jugend ziemlich links. Das Küssen sowjetischen Bodens im Jahr 1983 dürfte allerdings eine ironische Geste gewesen sein. Er ist gescheit, gebildet und weiß es auch. Im Jahr 2000 wurde er recht überraschend Vorsitzender der SPÖ. Im Jahr 2006 siegte er über Wolfgang Schüssel und beendete damit Schwarz-Blau. Nach zwei Jahren Kanzlerschaft kündigte aber die ÖVP die Koalition auf, und Werner Faymann löste Gusenbauer als SPÖ-Chef und Kanzler ab.

Alfred Gusenbauer
Früher SPÖ-Chef, heute Signa-Aufsichtsratspräsident: Alfred Gusenbauer.
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Seither befolgt Gusenbauer das Motto "Gut leben ist die beste Rache" (Oscar Wilde). Er betätigt sich als hochbezahlter Berater für Unternehmen, aber auch für autokratische Potentaten und perfektioniert sein Connaisseur-Image für teure Rotweine. Jetzt tobt eine Debatte, ob Alfred Gusenbauer aus der SPÖ ausgeschlossen werden soll.

Gusenbauer war (ist) Aufsichtsratspräsident (!) der beiden wichtigsten Signa-Firmen und in der Holding Beirat. Es ist nicht bekannt, dass er als Kontrollorgan gegen die seltsame Geschäftspraxis von René Benko protestiert hätte. Aber das ist ein Versagen innerhalb des kapitalistischen Systems (genau das, was der junge Gusenbauer angeprangert hätte). Damit muss er leben.

Ob die SPÖ mit ihm weiterleben will, muss sie entscheiden. Die Außenwelt kann höchstens bedauern, wenn nicht so häufige politische Begabungen in diesem Land auf einen fragwürdigen Weg geraten (oder gedrängt werden). (Hans Rauscher, 5.2.2024)