Charles Hayward
Charles Hayward (links) und seine neue Band Abstract Concrete.
liccht

Sein 2021 angesetztes Wienkonzert musste wegen irgendeiner Pandemiesache kurzfristig abgesagt werden. Deshalb müssen sich die älteren Musikliebhaber wohl mit der Erinnerung an das Jahr 2017 zufriedengeben. Charles Hayward begeisterte damals beim Donaufestival in Krems mit einer Rückschau auf die Anfänge seiner Karriere.

Der 1951 geborene britische Musiker und Multiinstrumentalist gab gemeinsam mit der Formation This Is Not This Heat Stücke seines zwischen 1976 und 1981 aktiven Trios This Heat zum Besten. Die beiden damals offiziell erschienenen Alben This Heat und Deceit zählen immer noch zum Besten, das eine freisinnig angelegte Grenzlandmusik zu bieten hat.

Abstract Concrete

Es geht bei Charles Hayward immer schon um einen beherzten Griff in die Fülle. Neben Einflüssen aus dem britischen Folk, Jazz oder dem Progrock der spinnerten Canterbury Scene um Bands wie etwa Soft Machine, Henry Cow, Caravan oder Quiet Sun waren bei This Heat auch immer Angriffslust, bärbeißiger Humor und vor allem relative krude Experimente mit Tonbandschleifen und Noise zu hören. Bei besagten Quiet Sun war Hayward übrigens Anfang der 1970er-Jahre mit dem späteren Roxy-Music-Gitarristen Phil Manzanera aktiv.

This Heat lassen noch bis heute viele damals erfolgreichere Post-Punk-Acts alt aussehen. Immerhin hat Hayward mit This Heat diese Musik erfunden, bevor sie als solche bezeichnet wurde. Die zeitlose Kraft dieser musikalischen Wundertüte, die der meist das Schlagzeug wuchtig bearbeitende Charles Hayward mit Richtung Tor zielendem Gesang ergänzt, ist ungebrochen.

Später legte es Hayward mit der Formation Camberwell Now bis Ende der 1980er-Jahre etwas ruhiger an. Es folgten diverse Soundinstallationen und lose Kollaborationen. Ab Ende der 1990er-Jahre machte er im Trio mit der reformierten Experimentalrockband Massacre gemeinsam mit Gitarrist Fred Frith und Bassist Bill Laswell ambitionierten Altherrenkrach.

Bleibt alles anders

Man sieht schon, solange es nicht geordnet verläuft und etwas komplizierter wird, ist der Mann gern dabei. Wenig beachtet wird dabei allerdings, dass auch immer wieder zu Herzen gehende Balladen möglich sind, etwa Sleep mit This Heat oder Know How mit Camberwell Now.

2019 ist das Soloalbum (begin anywhere) erschienen. Ein balladeskes Album, das hauptsächlich vom Klavier und Haywards nach wie vor energetischer Stimme getragen wird. Man kann stilistische und stimmliche Vergleiche mit Haywards Zeitgenossen Peter Hammill von den Progrockern Van Der Graaf Generator ziehen, der ähnlich vertrackte und aus der Zeit gefallene Songs schreibt.

The state51 Conspiracy

Beim anstehenden Wienkonzert mit seiner neuen und im Vergleich zum 73-jährigen Gevatter Hayward jungen Band Abstract Concrete kann nun alles anders bleiben. Nach mehr als einem halben Jahrhundert im Geschäft führt Hayward alle Stränge seiner Musikerlaufbahn noch einmal zusammen. Nach Fest kommt Lose. Und umgekehrt. Das im November 2023 erschienene Album Abstract Concrete beinhaltet dabei neben einem balladesken "Popsong" namens This Echo und dem 15-minütigen Progressivmonster The Day The Earth Stood Still auch durchaus tanzbare "Hits" wie Tomorrow’s World, Ventriloquist/Dummy oder Almost Touch. Wir sprechen hier von abstraktem, konkret recht eckigem Tanzen. (Christian Schachinger, 7.2.2024)

Sa., 10. 2., im Wiener Chelsea, 20 Uhr