Steht der Satz "Ich habe es auf Tiktok gesehen" bei einer ganzen Generation immer häufiger für: "Es muss sich um eine gute und richtige Empfehlung handeln"? Die Vermutung betrifft neue Produkte ebenso wie die Optimierung des Lebensstils oder vermeintliche Geheimtipps für Reisende. So waren im Sommer 2023 besonders viele "Lifehacks" für den günstigen Traumurlaub in Griechenlande auf Tiktok zu finden, die oft und gern geklickt wurden in einem Jahr, in dem dieses Reiseziel so teuer war wie nie zuvor. Klicken heißt noch nicht kaufen. Aber nimmt die Generation Z, also Menschen, die zwischen den Jahren 1995 und 2010 geboren sind, Empfehlungen auf Tiktok für bare Münze? Glaubt man einer Untersuchung, die die Reiseplattform Tripit gerade in den USA durchgeführt hat, spielt die Plattform bei der Urlaubsentscheidung zumindest eine erhebliche Rolle.

Bei dieser Umfrage unter 1.000 US-Amerikanern (zugegebenermaßen ein kleines Sample) will die Plattform Tripit herausgefunden haben, dass die überwiegende Mehrheit der jungen Reisenden Tiktok und Instagram zu diesem Zweck durchforstet: 69 Prozent der befragten Gen-Z-Zugehörigen und Millennials gaben an, dass sie in den sozialen Medien Reiseinspirationen finden. Davon gaben 44 Prozent an, dass sie speziell Tiktok nutzen.

Die Umfrage ergab auch, dass die US-Amerikaner häufig Reisen nach popkulturellem Input wie etwa Netflix-Serien planen. 40 Prozent der Befragten gaben zudem Ende 2023 an, dass sie ihre "Popkultur-Reise" im nächsten Jahr antreten wollten – die Pläne für 2024 waren also schon recht konkret. Den größten Anteil daran haben die Befragten der Generation Z und die Millennial-Reisenden: Zwei von fünf Befragten der Generation Z haben im vergangenen Jahr eine Reise aufgrund popkultureller Inspiration unternommen, die wiederum häufig über Tiktok weiterverbreitet wird.

Die britisch-amerikanische Nachrichten-Website Mashable, die ihren Schwerpunkt auf Neuigkeiten im Social-Media-Bereich legt, schließt daraus wiederum: In den letzten zehn Jahren hat der Social-Media-Tourismus bereits die Oberhand gewonnen. Vor der gestiegenen Bedeutung von Tiktok wurde Reddit lange Zeit für praktische Reisetipps anstelle von Reiseführern genutzt. Instagram hat ebenfalls eine unbestreitbare Rolle bei der Reiseplanung gespielt und tut es noch. Das Zeitalter der Instagram-Reisen fördere aber auch die Jagd nach malerischen Orten, "Geheimtipps" und nach versteckten Schätzen. Tripit hat dazu herausgefunden, dass 49 Prozent der Generation Z, die soziale Medien zur Inspiration nutzen, immer noch auf Instagram nach Reiseideen suchen.

In den letzten zehn Jahren und insbesondere nach dem Aufstieg von Instagram und Tiktok ist viel darüber zu lesen, dass sich das von sozialen Medien inspirierte Reisen negativ auf Reiseziele ausgewirkt hat. Diese Art zu reisen führt vor allem zu einem Anstieg des Übertourismus und oft auch zu egoistischem und unangemessenem Verhalten der Reisenden. Eine Studie der University of Surrey aus dem Jahr 2019 hat ergeben, dass "egozentrisches Verhalten beim Fotografieren und in sozialen Netzwerken" den Reisezielen zu schaffen macht. In jüngster Zeit wurde Influencerinnen und Influencern der Zutritt zu Restaurants und Cafés, in denen viel fotografiert wird, untersagt.

An diesem Punkt klinkt sich Tiktok in die neue Natur des Reisens ein, wie Mashable meint. Tiktok hat, wie auch Instagram, insbesondere den Anstieg von Reisen mit popkulturellem Hintergrund angeheizt. Die App ist voll von Menschen, die Orte frequentieren, die in Fernsehsendungen, Filmen und anderen Formen der Unterhaltung vorkommen. Es gibt einige, die alle Pariser Schauplätze der Netflix-Serie "Emily in Paris" besuchen, oder andere, die Dubrovnik in Kroatien erkunden, wo "Game of Thrones" gedreht wurde – Letzteres wurde bereits auf Instagram populär, als die Serie gerade ausgestrahlt wurde.

Auch für Taylor Swift ist das Reisen ein wichtiges Thema: Ihre Songs haben sie selbst und andere zum Reisen inspiriert, ihre globale "Eras"-Tour ist Anlass für viele Fans, ihr nachzureisen. Das Gleiche gilt für Beyoncé, deren "Renaissance"-Tour die Leute dazu brachte, in den Flieger zu springen und ihren Weg durch die Stadt zu vloggen. Inzwischen haben Hashtags für Städte wie Dubai, New York und Miami auch deshalb Milliarden von Views in der App erzielt, die jeweils die gleichen Strandrestaurants, Dachterrassen und Sushi-Spots vorstellen.

Fans bei Taylor Swifts
Fans bei Taylor Swifts "Eras Tour", die am 7. Februar in Tokio haltmachte.
REUTERS/KIM KYUNG-HOON

Der enorme Einfluss von Tiktok hat sich in zahllosen Branchen etabliert und spricht weltweit über eine Milliarde Nutzer an. Die App hat sich vor allem für jüngere Nutzer zu einer Suchmaschine entwickelt: Etwa 40 Prozent der jungen Leute nutzen Tiktok und Instagram, um ihre Fragen zu beantworten, und stellen damit traditionellere Plattformen wie Google in den Schatten. Mashable hat genau darüber auch mit jungen Tiktok-Nutzerinnen und -Nutzern gesprochen. Ihr Feedback: Man können Tiktok als Suchmaschine mit vielen Kriterien verwenden und seine Reiseziele eingrenzen. Wenn man dagegen bei Google nach bestimmten Dingen sucht, erhielte man eine Webseite mit 25 Ergebnissen. Viele Gen-Z-Reisende bestätigten den Einfluss von Tiktok auf ihre Reisegewohnheiten. Ein junger Brite, der von Mashable dazu befragt wurde, gab an, dass seine Freunde häufig Tagesausflüge durch Großbritannien auf der Grundlage von Tiktok-Reiseinhalten und Influencern planen. In diesem Fall dient Tiktok auch als Inspiration, bestimmte Angebote zu buchen.

Frühere Generationen sind von Tiktok als Reiseführer nicht ganz so überzeugt. Die Untersuchung von Tripit zeigt, dass fast neun von zehn Generation-X- und Boomer-Reisenden lieber einen Flug zu einem Ort buchen, der von Familie und Freunden persönlich empfohlen wurde. 83 Prozent der befragten Reisenden, die älter als die Gen Z sind, gaben außerdem an, dass sie ihren Urlaub lieber mithilfe von Bewertungsportalen wie Tripadvisor oder Yelp planen als mithilfe einer Social-Media-Plattform.

Die jüngeren Generationen interessieren sich dagegen vor allem für Orte, die sich viral in den sozialen Medien verbreiten. Fast ein Drittel der Millennial- und Gen-Z-Reisenden (29 Prozent) bevorzugen in der Planung einen Ort, den sie auf Tiktok oder Instagram entdeckt haben. Fluggesellschaften, Flughäfen und Reiseunternehmen sind sich dessen bewusst und fördern konsequent ihre eigene Präsenz in den sozialen Medien. Man denke nur an die Billigfluggesellschaft Ryanair und ihre rasant steigende Popularität auf Tiktok oder an die Tatsache, dass einige der größten Flughäfen der Welt, wie der Changi-Flughafen in Singapur und der Londoner Heathrow-Flughafen, inzwischen eigene Tiktok-Inhalte erstellen. Frei nach dem Motto: "Das habe ich doch auf Tiktok gesehen!" (saum, 11.2.2024)