Ivan Marchuk
2022 floh Ivan Marchuk aus der Ukraine nach Wien. Bekannt ist der Künstler für seinen Stil, der keiner Strömung zuzuordnen ist.
Ivan Marchuk

Zwei Wochen nach dem Angriff seitens Russland auf die Ukraine flüchtete Ivan Marchuk Anfang 2022 in einem Evakuierungszug aus seiner Heimat. Über eine erste Station in Krakau landete der heute 87-Jährige schließlich in Wien. Hier erhielt der Künstler, der in der Ukraine als populär gilt, Hilfe von einem Mäzen und langjährigen Sammler.

Durch ihn und andere Unterstützer – die meisten davon stammen selbst aus der Ukraine – konnte nun seine bisher größte Ausstellung organisiert werden. Rund 280 Werke werden dicht gedrängt in der Aula der Wissenschaften auf der Wiener Wollzeile bis 18. Februar bei freiem Eintritt präsentiert. Viele davon befanden sich zu Kriegsausbruch in anderen Ausstellungen in den USA sowie Spanien und konnten anschließend nach Wien geschickt werden. 200 Bilder schuf Marchuk seitdem in Wien, unzählige Arbeiten mussten in der Ukraine zurückbleiben.

Ivan Marchuk
In den 1990er-Jahren schuf Marchuk surrealistisch-bedrückende Gemälde.
Ivan Marchuk

Kein "normaler" Maler

Ob und wann er dorthin zurückkehren kann, ist in der aktuellen Situation nicht absehbar. Auf die Zukunft angesprochen, sagt Marchuk, dass er Angst habe, diese Frage zu beantworten. Er könne nichts Neues dazu sagen. Jedenfalls möchte er keine Kriegsbilder schaffen, sondern etwas Schönes und Lebendiges, wie er sagt. Sein ganzes Leben habe er seinen Bildern gewidmet. Auf seiner Flucht ins Exil nahm er nur das Nötigste sowie einen Malkasten mit Aquarellfarben mit.

Während seiner künstlerischen Ausbildung in den 1960er-Jahren versuchte er den stilistischen Zwängen des sozialistischen Realismus zu entkommen. "Ich wollte nicht als ein normaler Maler gelten", erzählt Marchuk. Indes suchte er nach seiner eigenen Sprache und fand eine interessante Vielstimmigkeit, die sich auf keinen Stil festlegt.

In der Ausstellung in Wien wird man nun davon Zeugin: Die Bandbreite reicht von frühen Kleinformaten, die an Volkskunst erinnern, über surrealistische Gemälde bis zu späten abstrakt expressionistischen Werken. Das älteste Bild stammt von 1965, das jüngste signierte der Maler diese Woche.

Ivan Marchuk
Die Technik des "Plontanismus" empfand der Künstler der Webkunst nach und vereint hauchzarte Linien zu leuchtenden Landschaften.
Ivan Marchuk

Verfolgung und Odyssee

Da sich Marchuk schon früh einer Untergrundgruppe anschloss und in seinen Gemälden vorrangig dunkle und in der Sowjetunion untypische Farben verwendete, begann ihn der KGB wegen nonkonformistischer Neigungen zu verfolgen. Obwohl es dem Künstler damals verwehrt geblieben war, öffentlich auszustellen, arbeitete er unaufhörlich an seinen Werken. 1988 konnte er das Land verlassen und ging nach Australien, später nach Kanada und in die USA. "So begann meine langjährige Odysee", erinnert sich Marchuk.

Seinem Anspruch, ständig etwas Neues zu erschaffen, wurde der Maler spätestens in den 70er-Jahren mit einer eigens entwickelten Technik gerecht. Der "Plontanismus" ist der Webkunst nachempfunden und vereint hauchzarte Linien zu einem Gesamtbild. Die so entstandenen Landschaften bestechen durch eine beeindruckende Leuchtkraft.

Unbeschreiblich sei seine Freude über die Ausstellung in Wien. Die Stadt rieche für den Maler mit dem stolzen, weißen Schnauzer förmlich nach Kunst. Noch nie hatte er eine so schöne Zeit wie jetzt. (Katharina Rustler, 10.2.2024)