Wie sehr prägen wirtschaftliche Interessen des Verlegerpaars Eva und Christoph Dichand die Berichterstattung in den Tageszeitungen Krone und Heute – und wie stark wird auf Wünsche von befreundeten Unternehmern Rücksicht genommen? Diese Fragen wirft ein Amtsvermerk der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) auf, der sich mit der Beziehung von Investor Michael Tojner und den Dichands beschäftigt und zu dem DER STANDARD, ORF und der Podcast Die Dunkelkammer recherchiert haben.

Ermittler haben zahlreiche E-Mails und Chats ausgewertet, die zeigen, wie Tojner wiederholt Wünsche zur Berichterstattung in den beiden Tageszeitungen bei deren Herausgebern deponierte. Da ging es etwa um Tojners umstrittenes Projekt Am Heumarkt, wo er Eva Dichand für einen "netten Bericht in der HEUTE" bat; oder um Kampagnen zur Unterstützung des heutigen Wiener Bürgermeisters Michael Ludwig (SPÖ) oder Ex-Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne).

Dichands, Tojner
Fotos: APA, Collage: Fatih Aydogdu

Die E-Mails stammen aus den Jahren 2016 und 2017. Damals verbanden Tojner und die Dichands mehrere Interessen: Gemeinsam kämpfte man für eine Reform des Privatstiftungsrechts, wenngleich mit unterschiedlichen Zielen. Außerdem war Christoph Dichand ab 2017 Teil eines Konsortiums um Tojner, das die B&C-Privatstiftung knacken wollte. Sie hält Anteile an Unternehmen wie Amag, Lenzing oder Semperit; wurde durch das Stiftungskonstrukt allerdings vor dem Zugriff von außen geschützt. Das Knacken der Stiftung sollte etwa durch eine Änderung des Privatstiftungsrechts erleichtert werden.

Vom Heumarkt bis zu Ludwig

Bei den Interventionen ging es aber nicht nur um B&C, sondern auch um Tojners Projekt Am Heumarkt. Dort will er großflächig umbauen, das umstrittene Projekt konnte bis jetzt noch nicht umgesetzt werden.

Laut WKStA haben Tojners Interventionen in etlichen Fällen auch geklappt. Die Behörde ermittelt gegen Christoph und Eva Dichand ja wegen des Vorwurfs, wohlwollende Berichterstattung für Inserate und Einflussnahme auf Gesetze in der Ära Sebastian Kurz (ÖVP) abgetauscht zu haben. Das Verlegerpaar bestreitet das, es gilt die Unschuldsvermutung.

Ludwig
Tojner wollte den damaligen Wohnbaustadtrat Michael Ludwig im Rennen um den Vorsitz bei der SPÖ Wien pushen.
Heribert Corn

Schon im März 2016 schrieb Tojner unter dem Betreff "Help help help" eine E-Mail an Christoph Dichand. Da ging es um sein Projekt Heumarkt, und er bat den Krone-Chef: "BITTE SPRICH EIN MACHTWORT IN DER REDAKTION!!" Das Projekt sei in der "heißen Phase". Dichand versprach, sich darum zu kümmern. Später berichtete Tojner seiner PR-Chefin, dass Dichand "Druck gemacht" habe.

In den zahlreichen E-Mails ersuchte Tojner Dichand etwa um einen Redakteur, den er für eine "Eislaufgeschichte einpeitschen" könne – der Eislaufverein residiert ja am Heumarkt. Der Redakteur, den man dafür fand, schrieb Tojner wiederum, er brauche einen "Befehl von oben, sprich Dichand oder Chefredaktion", für die Platzierung in der Zeitung.

"Chorherr-Blödsinn"

Später, als Vorwürfe rund um Spenden von Tojner an den Charity-Verein des Ex-Grünen-Politikers Christoph Chorherr laut wurden, bat Tojner Dichand, dass der "Chorherr-Blödsinn (...) nicht bei euch aufgegriffen wird".

Gleichzeitig versuchte man, negative Berichterstattung über Heumarkt-kritische Grüne zu organisieren. Innerhalb der Partei war damals ein Streit über das Projekt ausgebrochen, den Parteichefin Vassilakou durch eine parteiinterne Abstimmung befrieden wollte. "Falls da Dichand helfen kann, (einen kritischen Grünen-Politiker, Anm.) mal 'runterzuschreiben', wäre das hilfreich", bat Tojners PR-Chefin den Investor, der zusagte.

Heumarkt
Rund um Tojners Projekt "Am Heumarkt" in Wien gibt es weiterhin politische Debatten.
APA/ROLAND SCHLAGER

Später beklagte sich Tojner bei der Mitarbeiterin, dass "jeder Bitttermin bei Dichands für mich ein Alptraum ist" und er nicht "jede Woche wegen Vassilakou, Chorherr oder irgendwelchen anderen Dingen antanzen" könne.

Auch mit Heute-Chefin Eva Dichand hatte Tojner intensiven Kontakt. "Bitte mach mir einen netten Bericht im HEUTE. Thx", schrieb er ihr einmal per SMS; ein anderes Mal bat er um "Unterstützung bei Redaktion, damit Berichterstattung" zu dem geplanten Umbau des Hotels Intercontinental am Heumarkt "freundlicher" werde. Er bat Dichand auch, die Heute-Redaktion "über unsere gemeinsame Strategie zum Thema Eislaufverein (zu) briefen". Schon 2016 soll Tojner Eva Dichand rund 100.000 Euro an Inseraten zugesagt haben, die eine Mitarbeiterin von Tojner auf Heute und Krone aufzuteilen plante.

Auch Ende November 2017, als in der SPÖ Wien gerade die Nachfolge für den langjährigen Bürgermeister Michael Häupl gesucht wurde, wendete sich Tojner an Eva und Christoph Dichand: "Wenn wir Herrn Ludwig wirklich unterstützen sollen, was wir – glaube ich – alle wollen, dann bitte mir, so wie mit Eva ausgemacht, einen Redakteur nennen." Da könne man zeigen, dass Ludwig beim Genossenschaftsthema als "starker Mann" durchgegriffen habe, das wolle Ludwig laut dessen Büroleiter auch so darstellen. Christoph Dichand sah das nicht so: "Ich fürchte, das Genossenschaftsthema wird ihm nicht wirklich helfen ... im Gegenteil."

Ludwig setzte sich letztlich gegen Andreas Schieder durch und wurde 2018 zum Wiener SPÖ-Chef gewählt.

"Willst du das werden? ok"

Auch bei seinem sportlichen Ziel, Präsident des SK Rapid zu werden, suchte Tojner nach Unterstützung – und landete auch da bei Eva und Christoph Dichand. "Kannst du mich bei Rapid mit Krone unterstützen?", fragte er die beiden. Der Krone-Chef sagte zu, dass sich sein Sportressortchef bei Tojner melden werde, dessen Handynummer er gleich weitergab; Eva Dichand antwortete "willst du das werden? ok". Aus dem Präsidentenamt wurde dann nichts, inzwischen ist Tojner Präsidiumsmitglied des österreichischen Fußballrekordmeisters.

Rapid ist Tojner ein "besonderes Anliegen".
APA/EXPA/THOMAS HAUMER

Auf Anfrage weist Eva Dichand eine Beeinflussung der Heute -Berichterstattung durch Interventionen zurück. Es habe "nie eine Absprache" rund um die SPÖ-interne Wahl des neuen Vorsitzenden gegeben. Aber, so Eva Dichand: "Generell können wir, ohne das vor Ihnen oder anderen begründen zu müssen, unterstützen, wen wir wollen. Das nennt sich freie Presse." Das Projekt Heumarkt und Tojners Bitten hätten für sie "null Relevanz" im Zusammenhang mit der SPÖ-Wahl zwischen Schieder und Ludwig gehabt; sie habe in Ludwig "immer den weit besseren Kandidaten" gesehen und müsse sich dafür nicht rechtfertigen. "Sie versuchen Zusammenhänge darzustellen, die es nie gab", so Dichand. Wie sie prinzipiell mit Interventionen umgehe? "Oft machen wir uns lustig, was alles versucht wird zu intervenieren, und die Redaktion entscheidet dann, wie sie damit umgeht."

Von Tojners Anwalt hieß es, sein Mandant pflege mit vielen angesehenen Unternehmern Beziehungen, das fördere "auch die Auseinandersetzung mit politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Themen". Sein "sachpolitisches Engagement" erfolge überparteilich, mit Rapid verbinde ihn eine "besondere persönliche Beziehung". (Renate Graber, Fabian Schmid, 14.2.2024)