Blickauf die Wehranlage des Kraftwerks Rosenburg im Kamptal
Die Wehranlage des Kraftwerks Rosenburg im Kamptal (NÖ): In Österreich produzieren rund 4000 Kleinwasserkraftwerke etwa sechs Terawattstunden Strom. Das Potenzial liegt deutlich höher.
imago/CHROMORANGE

Der Rückenwind, den die Kleinwasserkraft wie auch andere nichtfossile Stromerzeugungsformen kurz nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine vor mittlerweile fast zwei Jahren verspürt hat, scheint abgeflaut. Obwohl die Sinnhaftigkeit eines raschen Ausbaus erneuerbarer Energien mehrheitlich gesehen und auch unterstützt wird, bremsen widrige Rahmenbedingungen gerade die Kleinwasserkraft aus.

"Es geht viel zu wenig weiter," klagt Paul Ablinger, Geschäftsführer des gemeinnützigen Vereins Kleinwasserkraft Österreich, im Gespräch mit dem STANDARD. Im Vorjahr seien über alle Bundesländer hinweg nur noch 20 Kleinwasserkraftwerke neu errichtet bzw. zur Förderung beantragt worden. 2022 seien dies noch 35 gewesen – auch nicht viel, aber immerhin.

"Ausblick bleibt negativ"

Berücksichtige man noch die Revitalisierungen von Bestandskraftwerken, falle der Ausbau absolut von 62 auf 50 Projekte zurück. Eine Wende zum Besseren sei nicht in Sicht. Ablinger: "Auch der Ausblick für das laufende Jahr ist negativ."

Rückläufig war dementsprechend auch der Zubau an Kapazität bei der Kleinwasserkraft, das sind Kraftwerke mit weniger als zehn Megawatt (MW) Leistung; 2023 kam eine Kapazität von 39,6 Millionen Kilowattstunden (KWh) neu hinzu, knapp 25 Prozent weniger als im Jahr davor. Ablinger: "Das bedeutet, dass insgesamt erst rund fünf Prozent des Ausbauziels im Bereich Kleinwasserkraft innerhalb des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes (EAG) realisiert wurden.

Hürden beseitigen

Dabei rücke das Zieldatum 2030, ab dem 100 Prozent des in Österreich übers Jahr verbrauchten Stroms bilanziell aus erneuerbaren Quellen stammen soll, immer näher. Während Photovoltaik (PV) und Windkraft mit zusätzlichen 11,0 bzw. 10,0 Terawattstunden (TWh) die Hauptlast tragen sollen, um den Plan Realität werden zu lassen, sind für die Wasserkraft insgesamt 5,0 TWh eingestellt. Davon könnte die Kleinwasserkraft nach Einschätzung von Ablinger "zwei bis drei TWh" stemmen. Nachsatz: "Wenn man endlich darangeht und vorhandene Hürden beseitigt."

Mit der neuen Erneuerbaren-Richtlinie, bekannt als RED III, sowie der Verlängerung der EU-Notfallverordnung sei den EU-27 ein enorm großer Spielraum eröffnet worden, um die Rahmenbedingungen für den Ausbau der Kleinwasserkraft deutlich zu verbessern. Während andere Länder wie Deutschland dies bereits nutzten, seien in Österreich diesbezüglich noch keine Nägel mit Köpfen gemacht worden.

Drohende Vertragsverletzung

Dabei wären Bund und Länder verpflichtet, das so bezeichnete "überragende öffentliche Interesse" für die Errichtung von Erzeugungsanlagen und deren Netzanschlüssen gemäß RED III national umzusetzen. Das würde in Einzelfällen helfen, dass Anlagen für die Erzeugung von CO2-freiem Strom bei der Abwägung der verschiedenen Interessen die Nase vorn haben. Die Frist für Bund und Länder läuft am kommenden Mittwoch, 21. Februar, ab. Bleibt Österreich bis dahin säumig, und vieles deutet darauf hin, droht der Republik ein weiteres Vertragsverletzungsverfahren.

Ursprünglich wäre dafür bereits im Vorjahr das Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz (EABG) vorgesehen gewesen, auf das die Branche aber noch immer wartet. Die Wasserkraft war dann kurzfristig nicht mehr Teil davon.

Valorisierung der Förderungen

"Es wurde lange über die Integration der Wasserkraft in das EABG verhandelt. Jetzt ist es an der Zeit, endlich Taten folgen zu lassen", fordert Ablinger. Neben der Umsetzung der aktuellen Erneuerbaren-Richtlinie RED III sei eine angemessene Valorisierung der Förderungen im Rahmen des EAG- und EABG-Gesetzes unerlässlich, um die Wirtschaftlichkeit und Attraktivität der Kleinwasserkraft zu sichern.

Die bestehenden rund 4000 Kleinwasserkraftwerke speisen etwa sechs TWh Ökostrom in das öffentliche Versorgungsnetz ein. Sie decken laut Ablinger damit rund zehn Prozent des österreichischen Strombedarfs bzw. versorgen rund 1,7 Millionen Haushalte mit elektrischer Energie. (Günther Strobl, 14.2.2024)