Bild zeigt einen Nutzer mit Apple-Vision-Pro-Brille
Lieber doch nicht: Nicht jeder, der Apples Vision Pro gekauft und genutzt hat, ist mit dem Erlebnis zufrieden und behält die Mixed-Reality-Brille.
EPA/ETIENNE LAURENT

Dass jedem Anfang ein Zauber innewohnt, wurde dank Hermann Hesse schon hinlänglich zitiert. Für die ersten Käufer von Apples Mixed-Reality-Brille Vision Pro ist es offenbar ein Zauber, der sich jetzt schon reihenweise zu verflüchtigen scheint. Zufälligerweise sogar so schnell, dass sich innerhalb der zweiwöchigen Frist gerade noch eine Rückgabe an den Hersteller ausgeht. Ein Schelm, der Böses dabei denkt. Und ein Glück für die zukünftigen Ex-Besitzer, die 3.500 Dollar zurückbekommen und damit neuen Spielraum für andere kostspielige Investitionen haben. Für Apple könnte es ein bitteres Lehrstück werden, das bislang noch jeden Hersteller in diesem Segment auf die eine oder andere Art ereilte.

Bekannte Probleme

Die Beschwerden, die die Nutzer der Vision Pro melden, sind nämlich nicht neu. Wer Headsets für Virtual oder Augmented Reality schon einmal verwendet hat, wird solche Symptome zumindest phasenweise selbst einmal erlebt haben: Kopfschmerzen, Schwindelgefühle und eine Ermüdung der Augen sind unter Nutzerinnen und Nutzern keine Seltenheit – insbesondere bei intensiver Nutzung.

Dahinter steckt das seit Jahrzehnten bekannte Problem der Motion Sickness oder auch Cybersickness aus der Virtual Reality: Diese Krankheit entsteht durch die Diskrepanz zwischen der visuellen Wahrnehmung einer Bewegung im virtuellen Raum und dem fehlenden entsprechenden körperlichen Bewegungsempfinden. Während die Augen Bewegungen und Tiefen in der virtuellen Umgebung wahrnehmen, spürt der Körper keine entsprechende Bewegung, was zu Verwirrung im Gleichgewichtssinn führt.

Obwohl die erweiterte Realität, also Augmented Reality, wie sie bei der Vision Pro vorwiegend zur Anwendung kommt, in der Regel weniger intensiv ist als Virtual Reality und daher seltener Motion Sickness verursacht, können Probleme wie Verzögerungen bei der Aktualisierung der Anzeige, ungenaue Überlagerungen oder eine unstimmige Interaktion zwischen realen und virtuellen Elementen genauso zu Unbehagen führen. Eine aktuelle Studie kommt sogar zu dem Schluss, dass Mixed-Reality-Headsets wie Vision Pro möglicherweise zu einer dauerhaft verfälschten räumlichen Wahrnehmung führen können, wenn man das Gerät zu lange und intensiv nutzt.

Falsche Erwartungen

Wie "The Verge" berichtet, mehren sich in den USA also die Rückgaben der Vision Pro. Das dürfte mit hoher Wahrscheinlichkeit daran liegen, dass die Käufer entweder wenig bis keine Erfahrung mit solchen Geräten gemacht haben und/oder eine falsche Vorstellung davon gehabt haben, wie das Mixed-Reality-Headset in der Praxis eingesetzt werden kann.

Viele berichten auch davon, dass sie die Vision Pro wegen ihres Designs und des damit in Verbindung stehenden Mangels an Komfort retournieren: Die Brille sei ihnen vorne einfach zu schwer, um ein längerfristiges Tragen angenehm zu gestalten. Es wirkt fast so, als hätte Apple bekannte Fehler, mit denen Hersteller vor Jahren schon undankbare Pionierarbeit geleistet haben, einfach ignoriert.

Falscher Preis

Neben den physischen Unannehmlichkeiten kritisieren einige Nutzer auch, dass Vision Pro in Bezug auf Produktivität und Unterhaltung einfach (noch) nicht genug bietet, um den hohen Preis von 3.500 Dollar zu rechtfertigen. Die Benutzeroberfläche scheint für professionelle Aufgaben nicht optimal und auch für Spiele und andere Unterhaltungsformen unzureichend. Dies hat zu einem Gefühl geführt, dass dem Gerät trotz seiner fortschrittlichen Technologie eine zentrale, überzeugende Funktion fehlt.

Notiz am Rande: Dass sich auch keine VR-Pornos darstellen lassen, mag zwar belächelt werden. Die Dunkelziffer jener Personen, die sich eine neue Ära der Masturbationstechnologie erwarten haben, dürfte aber größer sein als vermutet. Auch an dieser Stelle bleibt ein ernüchterndes Resümee: "Ein Keuschheitsgürtel für 3.500 Dollar."

Vereinzelt gibt es dennoch verhalten positive Stimmen unter den Nutzern, die bereit sind, zukünftigen Versionen von Vision Pro eine Chance zu geben – in der Hoffnung, dass Komfort und Nutzen verbessert werden. Immerhin. Die aktuelle Entwicklung legt jedenfalls nahe, dass auch Apple nicht immer zaubern kann – zumindest nicht mit dem Produkt – und Verbesserungen vornehmen muss, um buchstäblich einen langfristigen Erfolg seiner Vision zu gewährleisten. Bevor man das "Pro" im Produktgedanken nicht weglässt, dürfte es ohnehin nur Imageprodukt und Spielerei für eine betuchte Nische bleiben – oder für neugierige Leute, denen das Gerät nach zwei Wochen zufällig nicht mehr gefällt. (bbr, 15.2.2024)