Freie und faire Wahlen sind in vielen Ländern nicht möglich.
Freie und faire Wahlen sind in vielen Ländern nicht möglich.
IMAGO/Herwin Bahar

Die Demokratie an sich hat schon bessere Zeiten erlebt. "Das zunehmende Auftreten gewaltsamer Konflikte hat den globalen Demokratiewert stark beeinträchtigt", erklärte die Economist Intelligence Unit der britischen Economist-Gruppe am Donnerstag. 45,7 Prozent der Weltbevölkerung leben laut Demokratie-Index in einer Form der Demokratie, davon aber nur 7,8 Prozent in einer "vollständigen Demokratie". 39,4 Prozent leben hingegen unter autoritärer Herrschaft, im vergangenen Jahr waren es 36,9 Prozent.

Die Studie bewertete bei 167 Ländern fünf Kategorien mit Punkten von eins bis zehn: Wahlverfahren und Pluralismus, Funktionsweise der Regierung, politische Beteiligung, politische Kultur und bürgerliche Freiheiten. Der globale Durchschnittswert ist von 5,29 im Vorjahr auf einen Tiefstand von 5,23 Zählern gesunken. Nur 43 der laut Economist 76 geplanten nationalen Wahlen in diesem Jahr werden vermutlich vollkommen fair und frei verlaufen.

"Diese weltweite Verschlechterung des Zustands der Demokratie wurde insbesondere durch negative Entwicklungen in Nichtdemokratien verursacht, beispielsweise durch den dortigen Anstieg gewaltsamer Konflikte und autoritärer Übergriffe", hieß es in einer Mitteilung. "Autoritäre Regime" hätten sich weiter verfestigt, und Länder, die als "hybride Regime" eingestuft wurden, täten sich schwer, sich zu demokratisieren.

Nordeuropäer am besten

Auf den Top-Plätzen lagen wie im Vorjahr Norwegen, Neuseeland und Island. Mit Schweden, Finnland und Dänemark auf den folgenden Plätzen zeigt sich, dass die nordeuropäischen Länder das Spitzenfeld dominieren. Schlusslichter sind Nordkorea, Myanmar und Afghanistan. Österreich hat zwei Plätze gut gemacht und liegt mit einem Wert von 8,28 nun auf Rang 18. Ab einem Wert von acht gilt man als "vollwertige Demokratie".

Deutschland liegt auf Rang zwölf, die Schweiz ist Achter, Großbritannien ist gleichauf mit Österreich, Frankreich belegt Platz 23. Die USA werden mit 7,85 (Rang 29) nur als "unvollständige Demokratie" eingestuft. China gilt mit 2,12 (Rang 148) als "autoritäres Regime", Russland ist mit 2,22 (Rang 144) nur minimal besser.

Griechenland aufgestuft

Als großer Gewinner gilt Griechenland, das heuer zu den "vollständige Demokratien" aufgestuft wurde. Chile hingegen verlor sechs Plätze und wurde zu einer "unvollständigen Demokratie" degradiert. Die kriegsgebeutelte Ukraine gilt mit einem Wert von 5,06 (Platz 91) als Hybridregime.

Zwar verbesserte sich der Durchschnittswert für Westeuropa im Gegensatz zu allen anderen Weltregionen leicht. Doch habe sich die politische Landschaft in Amerika und Europa insgesamt weiter polarisiert, urteilte die Studie. "In immer mehr Ländern sinkt das Vertrauen in die etablierten politischen Parteien und ihre Regierungen." Es gebe "Kulturkriege" wie schon seit längerem in den USA, hieß es. "Westeuropa leidet unter dem geringen Vertrauen in die Regierung und ist in der Frage der Einwanderung polarisiert."

Auch in vielen Ländern Lateinamerikas und der Karibik sei eine politische Polarisierung zu beobachten. "Die zunehmenden Gewaltverbrechen haben die Wähler dazu veranlasst, eine Aushöhlung demokratischer Normen und bürgerlicher Freiheiten hinzunehmen und im Gegenzug die Sicherheit autoritär geführter Regierungen zu akzeptieren", hieß es. Ein Beispiel sei das mittelamerikanische El Salvador. Dort nutze Präsident Nayib Bukele seinen Erfolg bei der Reduzierung der Kriminalität, um seine autoritäre Macht auszubauen und bürgerliche Freiheiten zu untergraben. (red, APA, 15.2.2024)