Ähnlich wie einst Bachmut ist nun Awdijiwka zum Symbol des bald zwei Jahre tobenden Krieges in der Ukraine geworden. Und ähnlich wie die nicht einmal 100 Kilometer entfernte Stadt in der Oblast Donezk scheint es, als würden auch diesmal die russischen Invasoren die Oberhand haben. Am Donnerstag nämlich teilte das ukrainische Militär mit, dass sich "einige" Truppen aus der Stadt auf sicherere Positionen zurückziehen.

Bild aus Awdijiwka vom 8. November 2023. Offiziellen ukrainischen Angaben zufolge ist dort kein Gebäude mehr heil.
Bild aus Awdijiwka vom 8. November 2023. Offiziellen ukrainischen Angaben zufolge ist dort kein Gebäude mehr heil.
REUTERS/RFE/RL/SERHII NUZHNENKO

Die Schlacht um Bachmut, im Übrigen die verlustreichste auf dem europäischen Kontinent seit dem Zweiten Weltkrieg, nahm im Spätsommer 2022 ihren Anfang. Und erst im Mai 2023 erklärte Moskau die dann völlig zerstörte Stadt für erobert.

Symbol des Widerstands

Awdijiwka war 2014 kurzfristig unter der Kontrolle von durch Russland unterstützte Separatisten. Seit ukrainische Truppen diese vertreiben konnten, gilt die Stadt als Symbol des ukrainischen Widerstands. Die Ortschaft lag schon vor Russlands Invasion am 24. Februar 2022 an der Front zur "Volksrepublik Donezk" der Separatisten. Folglich war die Stadt mit ihren ursprünglich etwas mehr als 30.000 Einwohnern und Einwohnerinnen von Beginn an im Zentrum von Kämpfen.

Ab Sommer 2022 wurden die Kämpfe um die Ortschaft intensiviert. Beide Seiten messen ihr strategische Bedeutung bei. Bei schönem Wetter kann man von dort in die einstige Millionenstadt Donezk blicken. Vermutet wird, dass Kreml-Chef Wladimir Putin die Eroberung Awdijiwkas kurz vor oder zur russischen Präsidentschaftswahl Mitte März verkünden will.

Hielt die ukrainische Abwehr in Awdijiwka lange stand, während Russland enorme Verluste zu verzeichnen hatte, wandte sich in den vergangenen Wochen das Blatt. Der Teilrückzug der ukrainischen Truppen ist die Konsequenz daraus. Kurz davor hatte Kiew noch Ersatztruppen dorthin verlegt.

"Die Hölle"

Die dritte Sturmbrigade teilte daraufhin mit, die Lage in der dortigen Kampfzone sei "die Hölle" und "bedrohlich und instabil". Man habe eine Ersatzlogistikroute aktiviert, doch die Versorgung der noch verbliebenen Truppen in Awdijiwka und Evakuierungen seien "schwierig", erklärte ein Militärsprecher.

Auch abseits von Awdijiwka ging Russland erneut in die Offensive. In der Nacht auf Donnerstag und in der Früh wurden Luftangriffe in mehreren ukrainischen Regionen durchgeführt. Betroffen waren unter anderem auch die Hauptstadt Kiew und Lwiw im Westen des Landes. (ksh, APA)