Gautier Capuçon - tolle Duette mit dem großen Pianisten.
Broede

Wien – Er ist der Primus inter Pares, der Mr. Goldfinger der Generation 30 plus: Auf Daniil Trifonovs rekreatives Schaffen am Klavier kann man nur mit beglücktem Staunen reagieren. Das war auch bei seinem Duoabend mit dem großartigen Cellisten Gautier Capuçon der Fall. Im Großen Saal des Musikvereins interpretierten der Franzose und der russische Wahlamerikaner die Cello-Sonaten von Debussy, Prokofjew und Rachmaninow.

Obschon Capuçon hinter Trifonovs Rücken platziert war und dessen langer Vorhang von Haaren – das Äußere des vollbärtigen Pianisten weckt Waldschrat-Assoziationen – jeden Blickkontakt verunmöglichte, musizierten die beiden in größtmöglicher Synchronizität. Schon der Beginn der Debussy-Sonate mit den vielen Verzögerungen und Beschleunigungen war wie aus einem Guss, pfeilschnell das Finale. Auch bei Prokofjew war ein variables Zusammenspiel im Zeichen kammermusikalischer Perfektion zu bestaunen, das mit Rachmaninow seinen Höhepunkt erreichte.

Signature-Romantiker

In der Interpretation des Werks des massentauglichen Romantikers verweigerten sich die zwei jedem pauschalen Bombast, mit breitem Pinselstrich aufgetragenen Kitschkantilenen und Zuckerguss; stattdessen prägten Zurücknahme und Differenziertheit die Gestaltung. Aber war es nicht fast schon zu viel an geschmeidiger Symbiose? Man sehnte sich dann und wann nach Martha Argerichs ruppigem perkussivem Eigensinn als Kammermusikpartnerin.

Und man erinnerte sich an 2016, als Capuçons geigender Bruder Renaud im Brahms-Saal von der famosen Khatia Buniatishvili deutlich mehr aus der Reserve gelockt worden war. Zwei Zugaben folgten dem Programm. Bei der Wiederkehr des Themas von Rachmaninows Vocalise, die Gautier Capuçon unfassbar zart interpretierte, hielt das Publikum im Saal den Atem an. Stehender Applaus für einen Abend im gelungenen Streben nach apollinischer Idealität. (Stefan Ender,15.2.,2024)