PH Landschaft mit Vogelfreund Doro
Aus Privatbesitz und angeblich in den 1980er-Jahren direkt beim Künstler erworben: "Phantastische Landschaft mit Vogelfreund" wurde für 15.600 Euro im Dorotheum versteigert. Die Figur links im Bild ist vom Rahmen teils verdeckt – Hodina hätte anders "komponiert".
Dorotheum

Karl Hodina (1935–2017) war sowohl als auch: Musiker und Maler, Doyen des Wienerlieds und Gründer des Vienna Modern Jazzquartett (1957), der als Lithograf und Chemigraf über Reproduktionen von Werken alter Meister diese autodidaktisch zu studieren begann. An deren Technik und Kompositionen orientiert, schuf er eigene Bildwelten, die am ehesten in der Tradition der Wiener Schule des Phantastischen Realismus zu verorten sind.

Meister ohne Vorbilder

"Nicht ich zähle mich zu dieser Schule, sondern man zählt mich zu dieser Schule", merkte Hodina selbst dazu an. Denn er "habe keine Vorbilder unter den lebenden Malern" und hätte genauso gemalt, wenn es die Schule des Phantastischen Realismus nicht gegeben hätte, nachzulesen in Karl Hodina – Ein Maler aus Wien, 1980 im Verlag Jugend und Volk erschienen: eine Publikation, die über den Künstler, seine "Standbeine" und auch über seine Maltechnik informiert, illustriert mit 21 Zeichnungen und 54 Gemälden, darunter auch Miniaturen.

In einer aktuellen Causa könnte dieser Band eine unrühmliche Rolle spielen. Die Geschichte dazu nahm quasi im September 2022 ihren Anfang, als im Dorotheum ein als Flanieren in einer Phantasielandschaft bezeichnetes, 40 mal 60 Zentimeter großes und mit "Karl Hodina" signiertes Bild zur Versteigerung kam.

Bei Details werden Unterschiede zum Original offensichtlich.
Kinsky
Bei der Fälschung wurde der Kopf eines Insekts nicht vollständig gemalt.
Doro

Spontaneinkauf mit Folgen

Den Katalogangaben zufolge stammte es aus "Privatbesitz, Wien" und sei "in den 80er-Jahren direkt vom Künstler erworben" worden. Geschätzt auf 7000 bis 12.000 Euro erwirbt es der Kunsthändler Florian Kolhammer zum Rufpreis von 6000 Euro, inklusive Aufgeld des Auktionshauses und Folgerechtsgebühr bezahlt er dafür brutto 7800 Euro. Sein "erster" Hodina war ein klassischer Spontankauf, aus persönlichen Gründen, wie Kolhammer erzählt: Diese Traumwelt habe ihn an seinen allerersten Opernbesuch (Die Zauberflöte) erinnert, als zehnjährigen Knirps mit seiner bereits verstorbenen Großmutter.

Nach dem Kauf bestellte er für das Bild einen neuen Rahmen, und er versuchte (vorerst vergeblich) Literatur über Hodina zu finden. Er begann sich im Kollegenkreis umzuhören und bekam das erwähnte Buch empfohlen. Es war längst vergriffen, aber als er es dann fast ein Jahr nach dem Kauf des Bildes in Händen hielt und durchblätterte, staunte er nicht schlecht: "Seine" Phantasielandschaft war dort unter dem Titel Heimkehr von der Vogeljagd abgebildet, neben Übereinstimmungen entdeckt er bei näherer Betrachtung jedoch nicht nur andere Maße (40 mal 50 Zentimeter), sondern außerdem abweichende Details.

Kolhammer kontaktierte in weiterer Folge Michaela Stock, eine Händlerin, deren Familie mit dem Künstler von den 2000er-Jahren an zusammenarbeitete. Ob Hodina Wiederholungen seiner Bilder gemalt habe, lautete seine Frage. Ein klares Nein war die Antwort. Der Kunsthändler setzte Elke Königseder als zuständige Expertin des Dorotheums über den Sachverhalt in Kenntnis. Sie habe abgewiegelt, erzählt er, da der Verkäufer ein Arzt Hodinas gewesen sei und das Bild direkt im Atelier gekauft habe.

Einem Gutachten zufolge handelt es sich bei diesem im Dorotheum versteigerten Bild um eine Fälschung: Als Vorlage diente Karl Hodinas "Heimkehr von der Vogeljagd".
Dorotheum

Das Gutachten

Stutzig geworden, ersuchte er Otto Hans Ressler, dem Werke Hodinas seit vielen Jahren geläufig gewesen waren, kurz vor Weihnachten um eine Begutachtung. Dessen Urteil fiel eindeutig aus: Das Gemälde sei "kein Werk von Karl Hodina, sondern die Kopie eines unbekannten Kopisten", hieß es in der Expertise. Und weiters: "(...) da das Werk signiert wurde, handelt es sich um eine Fälschung". Im Detail wies Ressler auf die Malweise hin, die sich deutlich "von allen Werken des Künstlers" unterschieden habe, die ihm bekannt gewesen seien.

"Hodina war ein sehr eleganter Maler mit einem sicheren Strich", nichts davon sei auf dem ihm vorgelegten Bild zu sehen gewesen, vielmehr habe die Malerei "bemüht, kleinlich, wenig souverän" gewirkt. Und zur Signatur schrieb er: Hodina habe "in eleganter Schrift und leichter Schräglage seinen Namen leichtfüßig unter seine Werke" gesetzt, jene der Fälschung sei "in geradezu kindlicher Weise, stockend und minutiös abgemalt" worden.

Hodina Detail
Karl Hodina signierte in eleganter Schrift (li. die Signatur auf dem Triptychon), nicht in "kindlicher Weise" (re. jene aus dem Dorotheums-Bild), wie Gutachter Otto Hans Ressler betont.
ddd

Kopie des Gemäldes

Anfang Jänner übermittelte Florian Kolhammer das Gutachten an Königseder, die rund zwei Wochen später reagierte: Sie sei dabei geblieben, "dieses Bild ist eine Wiederholung oder Kopie des Gemäldes", der Arzt des Künstlers habe "auch noch ein weiteres Bild" Hodinas gehabt, das "auch über unser Haus bei einer Auktion verkauft" worden sei, schrieb sie via Mail. Telefonisch bat sie der Kunsthändler, beim Verkäufer Details oder Belege zu den einstigen Ankäufen in Erfahrung zu bringen. Seither herrscht Stille.

Warum das Dorotheum keine Reklamation zu akzeptieren bereit ist und der Kauf noch nicht rückabgewickelt wurde? Wie auf Anfrage zu erfahren war, befände man sich "im Prozess der Aufarbeitung", auch sei "die Recherche noch nicht abgeschlossen". Jene des STANDARD ist hier schon weiter: Bei dem von Königseder erwähnten "weiteren Bild" dürfte es sich um das als "Phantastische Landschaft mit Vogelfreund" bezeichnete handeln, das im September 2023 für 15.600 Euro (inkl. Aufgeld) versteigert wurde. Im Katalog scheint nicht nur die gleiche Provenienz auf ("in den 80er-Jahren direkt vom Künstler erworben"), sondern diente in diesem Fall ein Triptychon Karl Hodinas als Vorlage, das einst ebenfalls in erwähntem Buch veröffentlicht wurde.

Hodina Detail
Im direkten Vergleich unterscheiden sich die Werke vor allem in der Technik, aber auch in Details: Der rechte Ausschnitt aus dem Original-Triptychon („Traum vom Fliegen“, Lasurmalerei) zeigt ein Insekt, dessen Kopf der "Kopist" (links) nicht „ausmalte
Dorotheum, Im Kinsky

Immer nur Unikate

Das Original mit dem Titel Traum vom Fliegen (30.000–60.000) wurde im Juli 2021 im Auktionshaus "im Kinsky" angeboten, blieb jedoch unverkauft. Ist die im Dorotheum versteigerte kleinere Version also eine weitere "Wiederholung"? "Niemals", das gab es nie, "selbst wenn wir ihn explizit darum gebeten haben", schildert Kunsthändlerin Michaela Stock im STANDARD-Gespräch. Und es sei ja nicht so, dass es diesen Wunsch nicht gegeben hätte, nur habe dies Karl Hodina vehement abgelehnt.

Ein strikter Grundsatz, den auch zwei seiner Töchter auf Anfrage bestätigen: Es habe immer nur Unikate gegeben, betont Caroline Brany. Allein anhand der Fotos ziehen sie eine Autorschaft ihres Vaters für die beiden Bilder aus dem Dorotheum in Zweifel. Dazu wirkt die Technik der zwei "Phantasielandschaften" im Vergleich zu Hodinas feiner Lasurmalerei samt der für sie typischen Schönfarbigkeit fast schon dilettantisch. Ob weitere Nachbildungen aus dem Buch von 1980 auf dem Markt auftauchen, wird sich weisen. (Olga Kronsteiner, 17.2.2024)