Die USS Gravely, die man im Bild sieht, ist Teil der US-Operation "Prosperity Guardian", um Schiffe im Roten Meer und im Golf von Aden vor Angriffen der jemenitischen Huthis zu schützen. Die neue EU-Marinemission "Aspides" wird sich damit koordinieren.
AP/Bernat Armangue

Zu Atalanta kommt nun Aspides. Die EU hat damit eine zweite Mission der European Union Naval Forces (Eunavfor) laufen: Atalanta wurde bereits 2008 zum Schutz von Handelsschiffen vor Piraterie am Horn von Afrika, vor allem vor der Küste Somalias, aufgestellt. Aspides, am Montag von den EU-Außenministern beschlossen, wurde ins Leben gerufen, um den Angriffen der Huthi-Rebellen im Roten Meer und im Golf von Aden etwas entgegenzusetzen. Die Huthis, die seit 2014 große Teile des Jemen kontrollieren, sind nach dem 7. Oktober auf der Seite der Hamas in den Krieg gegen Israel und alle, die es unterstützen, eingestiegen.

Sieht man sich den Beschluss des EU-Rats an, wird man jedoch finden, dass das Operationsgebiet von Aspides sehr groß ist: Es umfasst nicht nur das Rote Meer und den Golf von Aden, wo die Huthi-Angriffe stattfinden, sondern reicht bis zum Golf von Oman und dem Persischen Golf auf der anderen Seite der Arabischen Halbinsel. Die Meerenge von Hormuz ist ausdrücklich genannt. Genau genommen gibt es jedoch dort schon eine EU-Operation, die französisch geführte Agenor, als militärischen Teil der "European Maritime Awareness in the Strait of Hormuz" (Emasoh) mit dem Hauptquartier in Abu Dhabi.

EU-Kompromiss über Mandat

Dass es diese unterschiedlichen Operationen gibt, hat auch damit zu tun, dass es nicht leicht ist, über die jeweiligen Mandate in der EU Einigkeit herzustellen. Laut Washington Institute hat sich etwa Spanien dagegen gesperrt, einfach das Atalanta-Mandat auf die jetzigen Bedürfnisse auszuweiten. Aus Madrid wird diese Behauptung bestritten, berichtet hingegen Euronews.

Aber klar ist, dass wie immer in der EU ein Teil der Staat einen defensiven, ein anderer einen aktiveren, aggressiveren Ansatz hat. Einige EU-Staaten nehmen auch an der US-Operation "Prosperity Guardian" beziehungsweise wie die Niederlande sogar direkt an den US-Militärschlägen gegen die Huthis im Jemen teil. Das Mandat von Aspides ist hingegen strikt defensiv und protektiv. Es wird die "uneingeschränkte Achtung des Völkerrechts" erwähnt, "einschließlich der Grundsätze der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit". Aber auch das ist ja oft Interpretationssache.

Der Kleinkrieg im Roten Meer findet mittlerweile auf täglicher Basis statt: Am Sonntag wurde ein Schiff bei Huthi-Angriffen in der Meerenge Bab al-Mandab so schwer beschädigt, dass es von der Crew aufgegeben werden musste. Dem vorangegangen waren US-geführte Luftschläge, die wiederum auf den Raketenbeschuss eines britischen Öltankers, der Pollux, die auf dem Weg nach Indien war, folgten.

Vierzig Prozent des Handels zwischen Europa und Asien gehen über den Suezkanal und das Rote Meer. Die Huthis haben es geschafft, bedeutende Reedereien, darunter Maersk aus Dänemark, dazu zu bringen, auf andere Routen auszuweichen. Für die Huthis, die erstmals 2004 mit einem auf den Nordjemen begrenzten Aufstand ins Licht der Öffentlichkeit traten und vom Iran unterstützt werden, ist ihre neue Rolle ein unverhoffter PR-Erfolg in der arabischen und islamischen Welt. Die von ihnen kontrollierte Bevölkerung im Jemen leidet bittere Not, findet jedoch ein Ventil im Jubel für die Hamas.

Konkurrenz aus China

Obwohl es durch die Huthi-Angriffe auch Verluste für China und Russland gibt, sind die Europäer besorgt, dass sie einen Wettbewerbsnachteil vor allem gegenüber China erleiden. Laut Informationen von "Argus Media" sollen chinesische Schiffsunternehmer bereits verstärkt ihre Dienste im Westen anpreisen. Einer der wirtschaftlich Hauptleidtragenden der Störung der Schiffsroute ist aber Ägypten, das im Suezkanal Einkommensverluste erleidet. Weil die Huthi-Angriffe jedoch im Kontext des Gazakriegs stehen, ist man in Kairo schweigsam, zumindest öffentlich.

Die Dauer von Eunavfor Aspides beträgt erst einmal ein Jahr. Angesiedelt ist sie in Larissa in Griechenland. Teilnehmen werden auf alle Fälle Frankreich, Italien, Deutschland und Belgien mit der Entsendung von Fregatten. Mit der US-Operation "Prosperity Guardian" kooperieren ebenfalls etliche EU-Staaten, wobei Frankreich und Italien aber nur unter nationalem Kommando operieren. Es liegt auf der Hand, dass sich oft die gleichen alten europäischen Seefahrernationen – Frankreich, Italien, Griechenland, die Niederlande, Dänemark – engagieren, aber etwa Spanien, das auch dazugehört, liegt am anderen Ende des politischen Spektrums und pocht auf eine rein defensive Rolle. Befehlshaber von Aspides ist der Grieche Vasileios Gryparis. Bei der Operation Atalanta führte bis vor ein paar Tagen ein Portugiese das Kommando, jetzt ist es ein Italiener. (Gudrun Harrer, 19.2.2024)