Wer am asiatischen Markt für Verkehrsflugzeuge größere Ambitionen hegt, der zeigt seine Fabrikate dieser Tage auf der Flugshow in Singapur. Diesbezüglich macht der chinesische Flugzeugbauer Comac keine Ausnahme: Er ist mit der C919 auf der bis Sonntag laufenden Singapore Airshow vertreten, mit der auf der Mittelstrecke die Vorherrschaft der börsennotierten westlichen Mitbewerber Airbus und Boeing aufgebrochen werden soll. Und der asiatische Markt verspricht starke Zuwächse, obwohl er im Vorjahr erst 92 Prozent des Niveaus von vor der Corona-Pandemie erreicht hat.

Passagiere besteigen eine Comac C919.
In China ist die C919 zum Verkehr zugelassen und bereits bei Inlandsflügen im Einsatz. Bei der Singapore Airshow ist der Flieger erstmals auch im Ausland unterwegs.
IMAGO/Shen Bohan

Doch die Region dürfte auf den Wachstumspfad zurückgefunden haben. Heuer soll Asien gemeinsam mit dem Nahen Osten bei Flugverkehr die größten Wachstumsraten aufweisen und damit die Folgen der Corona-Krise endgültig abschütteln. Insgesamt sind in Asien rund 2200 Kurz- und Mittelstreckenflugzeuge unterwegs, die meisten davon Airbus A320 und Boeing 737. Etwa 1800 davon sind jedoch in die Jahre gekommen und verfügen nicht über die neuesten Triebwerke, die die Treibstoffkosten merklich senken.

Verspäteter Erstflug

Kurzum, die asiatischen Fluglinien benötigen neue Maschinen, um die Vorgängerserien zu ersetzen und weiter zu wachsen. Dabei dürfte sich Comac offenbar gute Chancen ausrechnen, mit der C919 auch im Ausland zum Zug zu kommen. Die Maschine wurde zwar erst im September 2022 in China für den regulären Flugbetrieb zugelassen. Im Mai 2023 absolvierte sie dann den ersten Linienflug zwischen Schanghai und Peking – reichlich spät, denn ursprünglichen Planungen zufolge hätte dies eigentlich schon neun Jahre zuvor erfolgen sollen.

Dennoch, der Zeitpunkt könnte sich für die C919 als günstig erweisen. Denn Boeing wirkt angeschlagen nach der neuerlichen Pannenserie mit Flugzeugen der Serie 737 Max und ist in Singapur gar nicht erst mit eigenen Fliegern vertreten. Und Airbus hat ebenfalls Probleme, den asiatischen Markt stärker mit der A320 zu bedienen, man ist Informationen der Süddeutschen Zeitung zufolge bis mindestens 2030 ausverkauft. Daher ist Airbus in Singapur auch nur mit dem Langstreckenjet A350-1000 vertreten.

Verhaltene Stückzahlen

Es wird aber ohnedies noch dauern, bis die C919, die Platz für bis zu 192 Passagiere bietet und über 5555 Kilometer Reichweite verfügt, in großen Stückzahlen verfügbar sein wird. Comac will mit 150 jährlich ausgelieferten C919 bis 2025 am chinesischen Heimatmarkt einen Marktanteil von zehn Prozent erreichen. Aber auch 2030 werden die geplanten Auslieferungen weniger als zehn Prozent von jenen der westlichen Mitbewerber betragen.

Limitierend wirkt etwa, dass viele ausländische Komponenten verbaut sind, etwa die Triebwerke. Wobei das Comac-Konsortium mittelfristig eine eigene Produktion anstrebt. Und China verfügt bei derartigen industriellen Großprojekten über einen langen Atem, die nächste Flugzeuggeneration dürfte technologisch und in der Produktion näher an die Konkurrenz heranrücken. (Alexander Hahn, 20.2.2024)