Von einer solchen Toilette können viele steirische Busfahrer nur träumen
Von einer solchen Toilette können die Busfahrerinnen und -fahrer an der Endhaltestelle bei der Österreichischen Gebietskrankenkasse (ÖGK) in Graz nur träumen.
IMAGO/Jöran Steinsiek

Viel Wirbel um ein stilles Örtchen: An einer zentralen Endhaltestelle in Graz haben Busfahrerinnen und Busfahrer seit Monaten keine Möglichkeit, aufs Klo zu gehen. Nun widmet sich sogar der steirische ÖGB-Vorsitzende Horst Schachner der Causa. Schon im Oktober habe er einen eindringlichen Appell an den Verkehrsverbund Steiermark gerichtet, sagt er dem STANDARD: "Leute, ihr müssts etwas tun. Das geht einfach nicht, dass die Leut' nicht aufs Häusl kommen." Geschehen sei zunächst nichts.

Die Sanitäranlage fehlt konkret am Busbahnhof für Regionalbusse bei der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) – der erst im Vorjahr geschaffen wurde. Wenn die ÖGK geschlossen habe – abends und am Wochenende –, hätten die Buslenker ein Problem, sagt Schachner. Der steirische Busfahrer und Gewerkschafter Jasmin Kulašić berichtet: "Oft müssen sich die Kolleginnen und Kollegen im Freien erleichtern. Das ist wirklich unangenehm."

Toilette wird zur Chefsache

Mittlerweile befassen sich die Grazer Vizebürgermeisterin Judith Schwentner von den Grünen, Landeshauptmann-Stellvertreter Anton Lang (SPÖ), zuständig auch für Verkehr, und hochrangige Vertreter des steirischen Verkehrsverbunds mit der Angelegenheit. Ab März sollen Busfahrer das Klo in einem geplanten Café der Bäckereikette Sorger nahe dem Busbahnhof nützen können, heißt es aus den Büros von Schwentner und Lang. Da aber auch das Café eingeschränkte Öffnungszeiten hat, arbeiteten Stadt Graz und Land Steiermark gemeinsam daran, sobald wie möglich ein "hochwertiges mobiles Klo (Öklo)" aufzustellen, kündigt man im Büro der Vizebürgermeisterin an. Gewerkschafter Schachner sagt dazu: "Mir fehlt noch der Glaube, dass es im März so weit ist."

Ein Stunk um ein fehlendes Klo mag aus der Entfernung witzig erscheinen – der fehlende Zugang zu einer Sanitäranlage schafft für Busfahrer wie Jasmin Kulašić aber immer wieder Probleme im Berufsalltag, wie der in Bosnien geborene Lenker bestätigt. Außerdem wirft der Fall ÖGK heikle Fragen auf: Wer genau ist für die Errichtung von Toiletten für Buslenkerinnen und -lenker zuständig? Bei den städtischen Linien kümmere sich die Holding Graz um die Sanitärsituation, heißt es aus dem Büro von Schwentner. Allgemein lasse sich die Frage aufgrund der verschiedenen Betreiber aber nicht einfach beantworten.

Querschnittsmaterie

Für Schachner sind private Busfirmen auf ihren Linien dafür verantwortlich. Auf sein Betreiben hin werde der steirische Verkehrsverbund Sanitäranlagen künftig in die Ausschreibungen aufnehmen.

Seitens der Firma Dr. Richard, die neben anderen Busunternehmen die Haltestelle ÖGK ansteuert, heißt es auf Anfrage, man habe schon vor der Haltestelleneröffnung vor mehr als einem Jahr "um Hilfestellung des Auftraggebers in der WC-Causa gebeten". Bei der Grazer Haltestelle werde derzeit "nach einer für alle Beteiligten zufriedenstellenden Lösung gesucht". Im Zuge von Ausschreibungen habe Dr. Richard in den vergangenen Jahren an vielen Orten in der Steiermark Aufenthaltsräume in Form von Containern samt WC-Anlagen geschaffen.

Das Aufstellen funktioniere allerdings nur dort, wo genug Platz vorhanden sei und auch angemietet oder gekauft werden könne.

Der steirische ÖGB-Chef Horst Schachner
Steirischer ÖGB-Chef Horst Schachner: "Die Branche findet niemanden zum Busfahren, wenn man während der Arbeit fünf Stunden lang kein eigenes Klo hat. Da muss sich niemand über Personalmangel wundern."
Vida/Paul Sturm

ÖGB fordert mehr Klos

Im Vorjahr monierte die Gewerkschaft Vida auch in Niederösterreich und Oberösterreich ungenügende Möglichkeiten für Busfahrer, ihre Notdurft zu verrichten. Dabei werden Lenker dringend gesucht. Das Wirtschaftsministerium führt Busfahrer seit diesem Jahr erstmals in der Liste der Mangelberufe.

Der steirische ÖGB-Chef Schachner räumt auf Nachfrage zwar ein, dass die sanitäre Infrastruktur für Busfahrer früher wohl auch nicht besser gewesen sei. Aber: "Erstens gibt es heute viel mehr Frauen in dem Beruf. Das ist Busfahrerinnen sicherlich nicht zuzumuten, bei einer Endhaltestelle hinter einen Baum zu gehen. Zweitens haben sich die Zeiten geändert – die Branche findet niemanden zum Busfahren, wenn man während der Arbeit fünf Stunden lang kein eigenes Klo hat." Da müsse sich niemand über Personalmangel wundern, sagt Schachner.

Buslenker Kulašić berichtet: "Ich bin Busfahrer seit 26 Jahren. Die Zeiten haben sich in Hinblick auf die Einsatzpläne und die Pausenlänge deutlich verschlechtert." Ein Klo sei im 21. Jahrhundert das Mindeste. (Lukas Kapeller, 22.2.2024)