Zu spät und nur pomadig hätten österreichische Banken die Zinsanhebungen der Europäischen Zentralbank (EZB) an ihre Kunden weitergegeben, kritisierten Konsumentenschützer noch im Vorjahr. Gemeint sind selbstverständlich nur die Sparzinsen, denn bei Krediten wurde das gestiegene Zinsniveau nämlich umgehend weitergereicht. Doch nun zeichnet sich immer klarer ab, dass die EZB bereits den Zinsgipfel erreicht haben und der nächste Zinsschritt wohl nach unten gesetzt werden dürfte – die offene Frage ist bloß, wann dies der Fall sein wird.

Der EZB-Tower in Frankfurt.
Wann wird die EZB die Zinsen senken? Das wird wohl noch einige Monate dauern, lassen Währungshüter durchhören.
APA/dpa/Boris Roessler

Derzeit preschen die heimischen Banken bei den Sparzinsen der Entwicklung jedoch sogar voraus und senken ihre Angebote für Sparprodukte bereits – obwohl der Zins für Bankeinlagen bei der EZB seit September 2023 unverändert vier Prozent beträgt. "Die Banken in Österreich und der EU senken ihre Sparzinsen nun wieder", sagt Andreas Ederer, Finanzexperte des Vergleichsportals Durchblicker.

Unübliche Entwicklung

Derzeit erhält die sparende Bevölkerung je nach Anbieter ihm zufolge ohne Bonuszinsen bis zu drei Prozent Zinsen für Tagesgeld, das sind um 0,15 Prozentpunkte weniger als noch vor drei Monaten. Inklusive Bonuszinsen können Neukunden demnach sogar bis zu 3,35 Prozent lukrieren. Für Festgeld mit einer Laufzeit von ein bis drei Jahren erreichen die Zinsangebote derzeit bis zu 3,6 Prozent. Wobei Ederer auf eine ungewöhnliche Entwicklung verweist: nämlich dass kürzere Laufzeiten derzeit ertragreicher sind als längere.

"Die meisten Banken und Sparkassen bieten derzeit für längerfristige Geldanlagen niedrigere Zinsen an als für einjähriges Festgeld", sagt der Durchblicker-Experte. Warum? "Dahinter steckt die Erwartung an die zukünftige Zinspolitik EZB", ergänzt Ederer. Auch an den Finanzmärkten wird ein sinkendes Zinsniveau in der Eurozone bereits vorweggenommen.

So ist der Euribor-Referenzzinssatz für sechs Monate seit dem Hoch bei 4,14 Prozent im Oktober bereits auf 3,93 Prozent gefallen. Da die Euribor-Zinssätze auch dem variablen Teil der Kreditverzinsung zugrunde liegen, ist das eine gute Nachricht für jene, die bereits variabel verschuldet sind. Sprich, nicht nur die Spar-, sondern auch die Kreditzinsen sinken schon wieder.

Senkung zur Jahresmitte

Mehrfach hat die Führungsriege der EZB davor gewarnt, zuletzt etwa der spanische Notenbankchef Pablo Hernandez de Cos oder die deutsche EZB-Direktorin Isabel Schnabel, von baldigen Zinssenkungen in der Eurozone auszugehen. Denn die Inflation in der Eurozone erweist sich als hartnäckig und lag im Jänner mit 2,8 Prozent immer noch deutlich über dem Zwei-Prozent-Zielwert der Notenbank. Die deutsche Wirtschaftsweise Ulrike Malmendier erwartet nun den ersten Schritt einer geldpolitischen Lockerung zur Jahresmitte – also etwa zwei Jahre nachdem die EZB von ihrer Nullzinspolitik abgerückt ist.

Der sparenden Bevölkerung empfiehlt Durchblicker-Experte Ederer deshalb, sich das aktuell höhere Zinsniveau für einen längeren Zeitraum zu sichern: "Auch wenn man derzeit für kurzfristiges Festgeld noch mehr Zinsen bekommt als für längere Laufzeiten, ist es dennoch ratsam, Erspartes länger zu binden, wenn es die persönliche finanzielle Situation erlaubt." (Alexander Hahn, 21.2.2024)