Pixi-Bücher
Seit April 1954 sind im Hamburger Carlsen-Verlag knapp 3.000 Titel erschienen, die bei Vorschulkindern die Leselust fördern sollen.
IMAGO/Guido Schiefer

Für Kleinkinder, die es gar nicht mehr erwarten können, bis sie endlich zu den großen Werken der Kinder- und Jugendliteratur zwischen Grüffelo, Räuber Hotzenplotz, Pippi Langstrumpf oder Harry Potter vordringen dürfen, gibt es seit einiger Zeit die Reihe "Baby-Pixi". Im Gegensatz zu normalen Büchern außerhalb der Kindle-Welt mögen diese zwar durchaus brennbar sein. Man kann aber auch auf ihnen den Schlabberbrei jausnen, kraftvoll in sie hineinbeißen oder sie mit in die Badewanne nehmen. Reißfest und wasserdicht speziell auch für Spucke sind sie allemal.

Ältere Vorschulkinder zwischen drei und sieben Jahren vertrauen allerdings seit nunmehr 70 Jahren auf die klassische Papiervariante. Seit dem im April 1954 auf den Markt gekommenen ersten Pixi-Band Miezekatzen erscheinen im Hamburger Carlsen-Verlag wöchentlich die normierten und patentierten Pixi-Bücher. 24 Seiten stark und im Format zehn mal zehn Zentimeter bieten sie der Jugend im besten Vorlesealter für derzeit jeweils 99 Cent eine schöne Einstiegsdroge in die Welt der Bücher. An die 500 Millionen Bände sind mittlerweile verkauft worden. Einzelne Folgen werden pro Jahr im Auflagenbereich von 30.000 bis 70.000 Stück abgesetzt.

Pixi
Die namensgebende Figur Pixi (ganz rechts) wurde erst 1982 in die Welt der Pixi-Bücher eingeführt.
Carlsen Verlag

Preise heimst man damit zwar keine ein, die Alten an den Lagerfeuern raunen von einer einzigen Nominierung für den Deutschen Jugendbuchpreis im fernen Jahr 1966 mit dem Band Hänschen Klein. Allerdings bewegt man sich immer auf der pädagogisch ach so wertvollen "richtigen" Seite. Es geht bei Pixi nicht nur immer wieder darum, den kleinen Lausern beizubringen, dass am Abend irgendwann Ende Gelände ist und jetzt nach dem Vorlesen bitte sofort geschlafen wird.

Die Pixi-Bücher zum Thema Einschlafen, Angst im Dunkeln, überhaupt Angst, Höflichkeit, nicht immer Nein sagen, den Erziehungsberechtigten folgen sind längst Legion. Es gibt tatsächlich einen Band, der sich Hilda Putzteufel nennt und komplett neben der Spur darauf drängt, dass Kinder im Haus nicht dauernd putzen müssen, aber schon regelmäßig. Von wegen: Zu wenig und zu viel ist des Narren Ziel.

Das zutiefst Spießige, Muffige und Biedergeile der Wirtschaftswunderjahre, die zumindest im Kleinkarierten bis heute herauf jedem Elternteil sauer aufstoßen, der schon einmal die Abenteuer der humorbefreiten blonden Ringel-Shirt-Göre Conni vortragen musste, ist allerdings weniger geworden. Obwohl Titel wie Conni geht nicht mit Fremden mit, Conni und der Läusealarm und natürlich Conni und der Wackelzahn grausige Erinnerungen wecken. Themen wie Süßigkeiten, Zähneputzen, gewaltfreie Konfliktlösungen, Rücksicht nehmen und nicht so ein asoziales Gfrast sein haben immer Saison.

Willkommen im Klischee

Andere Themen würde man heute wohl etwas sensibler angehen. 1963 etwa unternahmen ein gewisser Peter und eine gewisse Sabine eine doch recht bemerkenswerte Weltreise: "Fröhlich laufen die Negerkinder an den Strand. Sie bringen Bananen und Kokosnüsse mit." Und auch 1973 werden bei Totte und Monika Klischees keineswegs hinterfragt: "Totte hat einen Penis, Monika eine Scheide. Wenn Totte groß ist, wird er ein Vater. Wenn Monika groß ist, wird sie eine Mutter."

Die nach dem englischen Wort Pixie (langes I) für Kobold benannte Buchreihe bekam übrigens erst 1982 ihren (faden) Protagonisten. Dem natürlich blonden Pixi mit roter Mütze, grüner Jacke, blauer Hose, roten Stiefeln und treudoofem Lächeln sollte man allerdings möglichst schnell einen Pumuckl gegenüberstellen. Wer will schon brave Kinder? Also, nicht dauernd halt.

Heutzutage geht es in den Pixi-Büchern auch um Kinderrechte, die Vorzüge des Parlamentarismus, Scheidungen, Rassismus, den Umgang mit Privatem und Social Media. Faule Eltern lesen die meist zwölf Seiten Text bei zwölf Seiten Bildern nicht mehr selbst vor, sondern lassen dies die Pixi-App erledigen. Auf Instagram ist Pixi sowieso zu finden. Und irgendwann werden die kleinen Lauser ja auch die Sache mit den Hashtags lernen müssen. (Christian Schachinger, 27.2.2024)