Nach fast einem Vierteljahrhundert an der Macht lässt Präsident Wladimir Putin, der in einigen Wochen durch eine "Wahl" bis zum Jahr 2030 in seinem Amt bestätigt wird, auch eine neue Staatsideologie entwickeln. Laut einem neuen Schulbuch, verfasst vom ehemaligen Kulturminister Wladimir Medinski, wurde der Ungarnaufstand 1956 von den US-Amerikanern inszeniert, der Rückzug der russischen Truppen aus der DDR erfolgte unter dem Präsidenten Michail Gorbatschow "nicht durchdacht", und die Wiedervereinigung war ein "Anschluss" der DDR gegen den Willen der Bevölkerung.

Zwei Präsidenten, zwei Diktatoren: Wladimir Putin (Russland) und Alexander Lukaschenko (Belarus).
IMAGO/Konstantin Zavrazhin

Wie zu Stalins Zeiten gilt auch unter Putin die Feststellung des im Vorjahr verstorbenen großen tschechischen Schriftstellers Milan Kundera: "Der Kampf des Menschen gegen die Macht ist der Kampf des Gedächtnisses gegen das Vergessen." Ohne allerdings die Bedeutung der angestrebten nationalimperialistischen Indoktrinierung der russischen Jugendlichen zu unterschätzen, trifft doch die nach dem Einmarsch in die Ukraine ins Ausland gegangene russische Politologin Jekatarina Schulmann den Kern der Politik des Kreml: "Es geht Putin um den Machterhalt, alles andere ist Dekoration." (Der Spiegel, 24. 2.).

Militärische Unterstützung

Diese Diagnose gilt voll für Alexander Lukaschenko, den engsten Verbündeten Putins in der "Internationale der Diktatoren", der nach der brutalen Unterdrückung der Protestdemonstrationen im Jahr 2020 wegen der verfälschten Präsidentenwahl am Wochenende eine Wahlfarce, nämlich Parlaments- und Kommunalwahlen ohne Opposition, organisieren ließ. Nach dreißig Jahren an der Macht will der 69 Jahre alte Diktator 2025 seine Herrschaft durch eine neuerliche "Präsidentschaftskandidatur" bestätigen lassen.

Als Folge der Eskalation des Aggressionskriegs gegen die Ukraine, nachdem sich Putin am Anfang des Überfalls verrechnet hatte, ist Nordkoreas unberechenbarer Machthaber Kim Jong-un seit dem persönlichen Treffen mit Putin im September zum wichtigsten militärischen Unterstützer Russlands geworden. Nordkoreanische Raketen wurden bereits bei tödlichen Angriffen auf zivile Ziele eingesetzt. Seit dem Moskau-Besuch des iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi im Dezember wird "die militärisch-technologische Zusammenarbeit" auch mit diesem von westlichen Sanktionen betroffenen "Schurkenstaat" ausgeweitet. Russland soll Kampfjets und Kampfhubschrauber im Austausch für Drohnen und Raketen liefern.

Internationale Position

Bei der Festigung der internationalen Position des Putin-Regimes hat die im Februar 2022 nur wenige Tage vor dem Überfall auf die Ukraine erklärte "grenzenlose Partnerschaft" zwischen China und Russland eine große symbolträchtige und geopolitische Bedeutung. In den letzten Jahren ist China zum wichtigsten Handelspartner Russlands mit rasanter Ausweitung der Öl- und Erdgaseinfuhren geworden. Der rasante Anstieg des Handelsaustauschs dürfte trotz der scheinbar "neutralen" Haltung Pekings auch die russische Kriegswirtschaft stärken.

Am Anfang des dritten Kriegsjahres befindet sich Putins Russland – nach Alexej Nawalnys Tod ohne Opposition – mit massiv gesteigerter Rüstungsproduktion und militärischer Hilfe durch die "Internationale der Diktatoren" zweifellos im Aufwind. (Paul Lendvai, 26.2.2024)