Dimorphos aus der Sicht der Sonde Dart aus einer Entfernung von 68 Kilometern – das Bild entstand vor dem Aufprall.
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Genau weiß man es natürlich nicht. Aber man darf vermuten, dass sich auf der Oberfläche des Asteroiden Didymos und insbesondere seines Asteriodenmondes Dimorphos in den letzten paar Milliarden Jahre nicht allzu viel tat. Doch dann kam der 26. September 2022 unserer Zeitrechnung, und seitdem ist zumindest auf Dimorphos vieles anders: Der Mond wurde – indirekt – von menschlicher Hand getroffen und in seiner Bahn abgelenkt, was das Ziel der sogenannten Dart-Mission war, die testen sollte, ob sich ein Asteroid von einem Crashkurs mit der Erde ablenken lässt.

Der Impakt hatte vermutlich noch größere Folgen als ursprünglich angenommen, wie nun genaue Simulationen zeigen. Der Aufprall verkürzte nicht nur die Umlaufbahn des Mondes um 33 Minuten und stattet ihn mit einem 10.000 Kilometer langem Schweif aus; er dürfte auch den Mond als Ganzen ziemlich in Mitleidenschaft gezogen haben, berichten Forschende um Sabina Raducan (Uni Bern) und den Astrophysiker und Queen-Gitarristen Brian May im Fachblatt "Nature Astronomy". (May steuerte übrigens die stereoskopischen Abbildungen bei.)

Simulierter Aufprall

Doch alles der Reihe nach. Die Ursprünge von Dimorphos liegen wohl zur Zeit der Entstehung des Sonnensystems vor rund 4,5 Milliarden Jahren. Irgendwann hat sich aus dem Material des Asteroiden auch ein Mond gebildet, der einen Durchmesser von rund 150 Meter hat. Um zu zeigen, dass es möglich ist, einen Asteroiden mit Kollisionskurs Erde vom Kurs abzubringen, startete die Nasa ihren Double Asteroid Redirection Test (Dart), inspiriert von Hollywood-Produktionen wie "Armageddon" oder zuletzt "Don't Look Up".

DART Impact
The final five-and-a-half minutes of images leading up to the DART spacecraft’s intentional collision with asteroid Dimorphos.
JHU Applied Physics Laboratory

Der Aufprall gelang im Herbst 2022 und veränderte die Umlaufbahn tatsächlich. Darts Hauptziel lag in der Ablenkung; die Raumsonde lieferte aber auch wertvolle Informationen über die innere Struktur des Mondes und die Auswirkungen eines Einschlags auf ihre Eigenschaften. Mit diesen Daten modellierten Sabina Raducan und ihr Team den Dart-Einschlag, um so genauere Rückschlüsse auf die Eigenschaften und die Zusammensetzung von Dimorphos zu erhalten.

Nur lose zusammengefügt

Die Simulationen, die am ehesten mit den Beobachtungen des Einschlags übereinstimmen, deuten darauf hin, dass Dimorphos – ähnlich wie die Asteroiden Bennu und Ryugu – nur lose zusammengefügt ist und des auf seiner Oberfläche keine großen Felsbrocken gibt. Der Mond scheint also eine Art Trümmerhaufen zu sein, der durch Rotationsablösung und Wiederanhäufung von ausgeworfenem Material von Didymos entstanden ist.

Vor allem deutet das Modell darauf hin, dass der Dart-Einschlag möglicherweise keinen Einschlagskrater erzeugt hat, sondern den Mond in seiner Gesamtheit umgestaltet hat. Der Mond dürfte sich quasi aus seinen Trümmern neu zusammengesetzt haben – ein Prozess, der als globale Deformation bekannt ist. Diese Erkenntnisse wiederum sollten für die bevorstehende Hera-Mission der Europäischen Weltraumagentur Esa hilfreich sein: 2026 soll die Esa-Sonde abermals den Doppelasteroiden aufsuchen, um weitere Details des Impakts zu erforschen. (tasch, 26.2.2024)