Hoffentlich wird unser Produkt nie weltweit gebraucht" – so etwas bekommt man von Unternehmen wahrlich nicht oft zu hören. Im Fall des spanischen Start-ups Ekonoke ist der Ansatz jedoch berechtigt. Die Spanier haben es sich sozusagen zur Aufgabe gemacht, die Bierproduktion vor dem Klimawandel zu beschützen.

Ekonoke baut Hopfen an, und zwar mittels Indoor-Farming in Lagerhallen. Die Hopfenpflanze ist eine entscheidende Zutat beim Bierbrauen, sie verleiht Aroma und stabilisiert und konserviert das Getränk. Doch das sich ändernde Klima bedroht die grünen Blüten. Die Sommer werden heißer, das Wetter unberechenbarer, dadurch schrumpfen die Hopfenerträge, und auch die Qualität leidet.

Echtes Sonnenlicht bekommt der Ekonoke-Hopfen nie zu sehen, dafür strahlen LED-Lampen ihn in allen möglichen Farben an.
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Kein natürliches Sonnenlicht

In einem unscheinbaren Lagerhaus am Stadtrand von Madrid nahmen die Dinge ihren Anfang. Ein landwirtschaftliches Tech-Unternehmen würde man in Alcobenads nicht unbedingt vermuten. Hier eine Autowerkstatt, da ein Reifenlager, dort stapeln sich meterhoch alte Euro-Paletten. Doch seit 2018 tüfteln hier Ekonoke-Geschäftsführerin und Mitgründerin Inés Sagrario und ihr Team in ihrem Forschungszentrum, um Hopfen ohne natürliches Sonnenlicht zum Wachsen zu bringen.

Im Inneren ist die Luft warm und feucht, erinnert an das Wiener Haus des Meeres. Eintreten darf man nur mit Haarnetz, Überzieher für die Schuhe und einem weißen Schutzanzug. "Wir benutzen keine Pestizide und keine Düngemittel, deswegen müssen wir aufpassen, dass von draußen nichts reinkommt", sagt Sagrario zum STANDARD. Die Pflanzen ranken sich an einem Seil sieben Meter in die Höhe, haben noch nie natürliches Licht gesehen, sondern werden von LED-Paneelen in Farben bestrahlt, die an eine Discokugel erinnern.

In dem hippen Madrider Viertel Chueca wird bereits ein IPA ausgeschenkt, das mit Ekonoke-Hopfen gebraut wurde.
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"Die Branche hat eine lange Tradition, und anfangs hat uns kaum jemand ernst genommen", erinnert sich Sagrario. "Doch es hat geklappt, unsere erste Ernte steht diesen Monat an, und daraus werden bis zu 300.000 Liter Bier gebraut". Geerntet wird allerdings in Galizien, wo das Start-up drei große Lagerhallen-Gewächshäuser zur Verfügung hat, wobei vorerst nur eine genutzt wird. Ekonoke kooperiert mit der spanischen Brauerei Hijos de Rivera, die vor allem für das Bier Estrella Galicia bekannt ist. Die Brauerei glaubt an das Start-up, hat im Jahr 2022 rund 4,2 Millionen Euro in das Unternehmen investiert – in einem Land, das mit Hitze und Wassermangel kämpft und eigentlich gar nicht für den Anbau von Hopfen geeignet ist. Hopfen braucht gemäßigteres Klima wie in Teilen der USA oder Deutschland.

Bis zu vier Ernten pro Jahr

Mit dieser ersten Ernte erhofft man sich den Durchbruch, denn viel Geld wurde noch nicht verdient. Gerade einmal 92.000 Euro waren es 2023. Der Indoor-Hopfen kostet zudem doppelt so viel wie jener vom Feld. Dafür seien laut Sagrario bis zu vier Ernten im Jahr möglich und nicht nur eine.

Wie genau die Ekonoke-Methode funktioniert, bleibt ein Geheimnis, doch man heftet sich eine starke Ökobilanz an die Fahnen. "Wir verbrauchen 95 Prozent weniger Wasser, emittieren 15-mal weniger CO2 als beim Feldanbau und ziehen Energie ausschließlich aus erneuerbaren Quellen", sagt Ana Saez, die technische Leiterin des Unternehmens. Ohne haargenaue Datenanalyse und zahllose Sensoren an den Pflanzen sei all das aber nicht möglich. "Wir steuern und überwachen Licht, Temperatur, Luftfeuchtigkeit und CO2-Werte ganz genau. Kleine Änderungen vorzunehmen dauert gleich einmal einen Monat", meint Saez. Die Pflanze verhalte sich in der Halle anders als auf dem Feld.

Hopfen braucht gemäßigtes Klima zum Wachsen, der Klimawandel wird aber immer mehr zur Gefahr.
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Bevor sich das Team detailliert mit der Pflanze beschäftigen konnte, stand viel Ingenieursarbeit für die technischen Rahmenbedingungen an. Die Anforderungen an das Kontrollsystem hätten dem Unternehmen dann aber vorübergehend die eigenen Grenzen aufgezeigt, und deswegen sei man eine Kooperation mit Siemens eingegangen.

Der deutsche Konzern hilft vor allem dabei, die Produktion auf ein Industrielevel zu hieven. Ziel ist es überdies, dass Menschen die Hallen, während der Indoor-Hopfen wächst, gar nicht mehr betreten müssen und alles von außen steuerbar ist – sowohl Siemens als auch Ekonoke bestätigen aber, dass dafür noch einiges an Arbeit wartet. (Andreas Danzer aus Madrid, 27.2.2024)