Königstiger
Der Königstiger, auch Bengal-Tiger genannt, macht seinem Namen alle Ehre: Von der Schnauze bis zur Schwanzspitze kommen männliche Exemplare auch mal auf über drei Meter. Er zählt damit zu den größten Tigerarten weltweit. Zwar ist der Königstiger das Nationaltier von Indien und Bangladesch, doch er ist stark gefährdet. Die gesamte weltweite Population wird inzwischen auf weniger als 2500 Exemplare geschätzt. Vor hundert Jahren hat sich sein Bestand auf noch etwa 40.000 Individuen belaufen. Doch da sie als begehrte Jagdtrophäe gelten, wurden allein in Indien in 30 Jahren über 30.000 Tiger getötet.
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Eine Million Tier- und Pflanzenarten stehen weltweit kurz vor dem Verschwinden. Unter den besonders bedrohten Spezies sind ikonische Arten großer Säugetiere, für deren Schwinden es immerhin ein öffentliches Bewusstsein gibt. Viel öfter werden die letzten Vertreter einer Spezies aber dahingerafft, bevor wir je von ihnen Notiz genommen haben. Beispiele dafür gibt es aus allen Lebensräumen, immer wieder entdecken Forschende bisher unbekannte Insekten, Pflanzen, Fische oder Kleinsäuger, die schon am Rande des Aussterbens stehen. "Wir verbrennen das Buch des Lebens, bevor wir es gelesen haben", fasst der renommierte Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber, seit wenigen Monaten Direktor des Internationalen Instituts für angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg bei Wien, die Lage zusammen.

Im Gegensatz zu früheren Massensterben liegt die Verantwortung für den aktuellen Biodiversitätsniedergang eindeutig bei einer Spezies: Homo sapiens. Der Ökologe Franz Essl engagiert sich seit vielen Jahren für den Biodiversitätsschutz. Im Vorjahr wurde er zum österreichischen Wissenschafter des Jahres gewählt. Über die Rolle des Menschen beim sechsten weltweiten Artensterben sagt Essl: "Es stimmt, dass es in der Geschichte der Erde schon mehrere Massensterben gegeben hat. Doch anders als bei den Dinosauriern, wo es eine kosmische Katastrophe gab, und den anderen planetaren Störungen ist es jetzt einzig und allein der Mensch, der für das gerade stattfindende sechste Massensterben der Erdgeschichte die Ursache ist."

Hotspots der Biodiversität

Kegelrobbe
Dank Schutzmaßnahmen haben sich die Bestände der Kegelrobbe in den vergangenen Jahren wieder erholt. Für Robbenjäger sind die Tiere nur von geringem Interesse. Doch da sie Fischer als Konkurrenz beim Fischfang ansahen, wurden sie von diesen getötet. Je nach Region gelten sie teilweise als gefährdet, andernorts aber nicht.
IMAGO

Besonders kritisch ist die Lage gerade dort, wo die Hotspots der Biodiversität unseres Planeten liegen. Der Amazonas-Regenwald beherbergt Millionen Spezies, nirgendwo sonst auf der Erde gibt es eine größere biologische Vielfalt. Doch der Regenwald und seine vielfältigen Bewohner geraten immer stärker unter Druck. Die globale Erwärmung, Abholzung, Brände und extreme Dürreperioden bringen immer größere Teile des Regenwalds in Bedrängnis. Im schlimmsten Fall könnte sich fast die Hälfte des Amazonas-Regenwalds künftig in eine Savanne verwandeln, wie Forschende kürzlich berichteten. Das wäre auch für das Erdklima folgenreich: Noch ist die Region eine bedeutende Kohlenstoffsenke.

Die Artenvielfalt ist aber nicht nur am anderen Ende der Welt in Gefahr. Über ein Drittel der österreichischen Farn- und Blütenpflanzen ist gefährdet oder bereits ausgestorben, bei spezialisierten Insekten wie Wildbienen sind es 50 Prozent. Stark betroffen sind auch die Bewohner heimischer Gewässer und Feuchtgebiete: Die zunehmende Zerstörung dieser Lebensräume durch Bebauung und Landwirtschaft gefährdet Süßwasserfische und Amphibien, die schon durch die steigenden Temperaturen leiden.

Abkommen für Artenschutz

Brillenvögel
Den weißen Federn um die Augen verdanken die Brillenvögel ihren Namen. Es handelt sich dabei um eine Singvogel-Familie, von denen viele Arten gefährdet sind.
EPA/YONHAP

Ende 2022 einigte sich die internationale Gemeinschaft nach langem Ringen auf ein globales Abkommen für den Artenschutz. "Wenn das, was im Abschlusspapier steht, tatsächlich umgesetzt werden sollte, würde das in Sachen Biodiversität eine absolute Trendwende darstellen", lautete Essls Einschätzung. Für die Erreichung seien aber radikale Veränderungen der politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen notwendig. Insbesondere sei es notwendig, neue Förderungen auf den Weg zu bringen, die dem Artenschutz dienlich seien. Stattdessen gebe es laut Essl in vielen Bereichen nach wie vor klimaschädliche Subventionen.

Vom Königstiger gibt es weltweit nur noch 2500 Exemplare. Besser ist es dank seiner enormen Anpassungsfähigkeit um den Rotaugenlaubfrosch bestellt. Giraffen leben heute nur noch südlich der Sahara, auch bei den Brillenvögeln sind viele Arten gefährdet. Alaska (rechts oben) ist ein ganz besonderer Lebensraum – nicht nur für Grizzlybären, die aber besonders stark vom Klimawandel betroffen sind. (David Rennert, Tanja Traxler, 3.3.2024)

Landschaftsaufnahme Alaska
Alaska ist ein ganz besonderer Lebensraum – nicht nur für Grizzlybären – der aber besonders stark vom Klimawandel betroffen ist.
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Wolf in Tschechien
Die Wolfsbestände haben sich in Europa zuletzt wieder etwas erholt – im Bild ein Wolf im tschechischen Sumava Nationalpark. Die Rückkehr der Wölfe führt mancherorts aber auch zu Konflikten.
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Giraffen
Giraffen leben heute nur noch südlich der Sahara, die nördlichen Bestände wurden vor längerem ausgerottet.
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Rotaugenlaubfrosch
Zwar sind Amphien insgesamt stark vom Artensterben bedroht, dank seiner enormen Anpassungsfähigkeit ist der Rotaugenlaubfrosch noch weniger davon betroffen. Aufgrund seines großen Verbreitungsgebietet gilt er derzeit noch nicht als gefährdet, auch wenn die lokalen Bestände teilweise rückläufig sind.
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Monach-Schmetterlinge
Die Monarch-Schmetterlinge legen Jahr für Jahr eine beeindruckende Flugroute zurück. Über 4500 Kilometer legen sie von Mexiko über Nordamerika bis nach Kanada zurück. Wie viele Insektenspezies sind auch sie von einem starken Rückgang betroffen.
AFP/MARIO VAZQUEZ