Fahne Wiener Viktoria
Marcello Demner, Roman Zeisler, Toni Polster, Martin Hinteregger und Dominik Rotter zeigen für den SC Wiener Viktoria Flagge.
Ann Kathrin Buche

Wien – In Wien eine Pressekonferenz zu fußballerischen Themen für die Woche nach dem Derby anzusetzen birgt gewisse Risiken. Im speziellen Fall der Wiener Viktoria, die ihrer Einladung das Motto "Für Leiwand und gegen Oasch" voranstellte, entpuppten sich die Nachwehen des Duells zwischen Rapid und Austria geradezu als Chance. Und fast hätte man annehmen können, einem genialen Marketingschachzug des Vereins aus der Regionalliga Ost beizuwohnen.

Schließlich ersannen die Profis von Demner, Merlicek & Bergmann / DMB einen neuen Markenauftritt für den "besten Meidlinger Fußballverein", der nicht weniger als ein "Manifest gegen den Hass, Ärger, Rassismus, Diskriminierung, Sexismus oder Gewalt" sein soll, wie Marcello Demner, ein Geschäftsführer von DMB und Vizepräsident der Viktoria, ausführte. Die wolle stattdessen für positive Leidenschaft und Herz stehen, "Forza Leiwand" quasi.

Polster: "Peinlich und erbärmlich"

Wenig verwunderlich, dass die Gesichter der Wiener Viktoria, Präsident Martin Hinteregger und Cheftrainer Toni Polster, zunächst weniger zum Markenauftritt des Vereins, dafür aber viel zum Auftritt von Rapid-Geschäftsführer Steffen Hofmann und einigen seiner Spieler bei der, nun ja, Fansause nach dem 3:0 über die Austria gefragt wurden. Polster, über das Gegröle von Marco Grüll und Kollegen offenbar noch nicht informiert, widmete sich Hofmanns Entgleisung. "Das darf einem Geschäftsführer eines so tollen Vereins wie Rapid nicht passieren. Sich nachher zu entschuldigen ist halt ein bisschen wenig." Österreichs Rekordtorschütze kann sich Ähnliches im Rahmen eines Spiels der Wiener Viktoria nicht vorstellen, "aber wir würden da nicht zur Tagesordnung übergehen. Für einen so tollen Klub wie Rapid ist das peinlich und erbärmlich."

"Wir versuchen, Vorbild zu sein", sagte Ex-Teamverteidiger Hinteregger, der das Präsidentenamt beim nach eigenen Angaben "diversesten Verein Österreichs" vor etwas einem Jahr von Musiker, Comedian und Moderator Roman Gregory übernommen hatte. "Wir wollen gewinnen, aber nicht um jeden Preis."

Instrument Fußball, Melodie Sozialarbeit

Roman Zeisel, der Obmann der Viktoria, war bemüht, den eigentlichen Grund für das Zusammensein in den Vordergrund zu rücken. "Fußball ist das Instrument, Sozialarbeit die Melodie", fasst er das über den Sport hinausgehende Anliegen des Vereins zusammen, der Obdachlosenprojekte verfolgt, sich um Suchtmittelprävention bemüht und einen Sozialmarkt namens Wahre Liebe Laden betreibt.

Wiener Viktoria & DMB. „Forza Leiwand“ - für Leiwand und gegen Oasch.
Demner, Merlicek & Bergmann / DMB.

Der neue Markenauftritt soll auch die Professionalisierung vorantreiben und der schon jetzt intensiven Nachwuchsarbeit einen neuen Schub verleihen. Coach Polster, laut Obmann Zeisel infolge seiner glücklich überstandenen Erkrankung in seinem Amt "pragmatisiert", hofft zudem auf Mittel, die den sportlichen Aufstieg ermöglichen. Vielleicht könnte sich der bald 60-Jährige unter dem Motto "Forza Leiwand" einen letzten sportlichen Traum erfüllen und also auf Dauer Trainer eines Bundesligisten werden.

Hinteregger wäre ablösefrei

Hinteregger, so wird gescherzt, könnte ja auch auf dem Feld mithelfen. Der 31-Jährige, der zwar noch für seinen Heimatverein SGA Sirnitz geigt, sich eigentlich ganz der Nachwuchsarbeit widmen will, stieg gutmütig auf die Avancen ein. Sein Vertrag mit Eintracht Frankfurt ende im Sommer offiziell, "dann bin ich ablösefrei". Vizepräsident Marcello Demner verwies noch auf den nicht anwesenden Markenbotschafter Christoph Seiler vom Duo Seiler und Speer und verwertete die Vorlage. Mit Polster im Angriff, Hinteregger in der Abwehr und Seiler im Mittelfeld sei die Wiener Viktoria perfekt aufgestellt. Da war das Derby endlich ganz weit weg. (Sigi Lützow, 27.2.2024)