Straßburg - Das Europäische Parlament hat am Dienstag in Straßburg mit großer Mehrheit für die sogenannte Slapp-Richtlinie gestimmt. Ihr Ziel ist, grenzüberschreitende strategische Slapp-Klagen (Strategic lawsuit against public participation) gegen Journalistinnen und Journalisten sowie Aktivistinnen und Aktivisten, die sich für Grundrechte oder gegen Desinformation einsetzen, zu erschweren.

Symbolbild für Pressefreiheit: Frau mit verklebtem Mund.
Mit missbräuchlichen Klagen Medien oder Aktivistinnen zum Schweigen zu bringen, das ist das Ziel sogenannter "Slapp"-Klagen.
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546 Parlamentarier stimmten für das Gesetz, 47 dagegen und 31 enthielten sich. Die Regelung soll Einzelpersonen und Organisationen, die sich mit Angelegenheiten von öffentlichem Interesse wie Grundrechten, Korruptionsvorwürfen und dem Kampf gegen Desinformation befassen, vor unbegründeten und missbräuchlichen Klagen schützen. Der Schutz gilt für alle grenzüberschreitenden Fälle, außer wenn sowohl Beklagte als auch Klagende aus demselben EU-Land stammen wie das Gericht oder wenn der Fall nur für einen Mitgliedstaat relevant ist. Die Abgeordneten von ÖVP, SPÖ, Grünen und Neos haben für das Gesetz votiert, die FPÖ dagegen.

Schadenersatz

Unbegründete Klagen können in Zukunft vorzeitig zurückgewiesen werden. Weiters gibt es die Möglichkeit, vom Kläger die Zahlung der geschätzten Verfahrenskosten, einschließlich der Rechtsvertretung des Angeklagten, und Schadenersatz zu verlangen. Das Gericht kann den Klägern, bei denen es sich laut EU-Parlament häufig um Politiker, Unternehmen oder Lobbygruppen handelt, auch Strafen auferlegen, beispielsweise die Zahlung von Schadenersatz.

Die Vize-Präsidentin des Europäischen Parlaments, Evelyn Regner (SPÖ), sieht das Gesetz als einen wichtigen Schritt zum Schutz der Demokratie in der EU: "In einer Welt voller Fake-News und Regimen, die erfolgreich Medien in ihrem Land unter staatlicher Kontrolle gleichschalten, ist unabhängiger Journalismus ein sehr wertvolles Gut. Nur wenn wir Presse- und Meinungsfreiheit in Europa schützen und erhalten, können wir unsere Demokratie erhalten."

Im Jahr 2022 wurden laut Regner EU-weit schätzungsweise 161 Slapp-Klagen eingereicht: "Auch in Österreich sind sie zu einem regelrechten Trend geworden, um unliebsame Kritiker:innen einzuschüchtern und mundtot zu machen", so die Parlamentarierin in einer Aussendung.

"Dieses Gesetz steht für Nulltoleranz gegenüber der Unterdrückung von Menschen, die sich zu Themen von öffentlichem Interesse äußern. Wir setzen uns für die Medienfreiheit und die freie Meinungsäußerung ein. Diese Freiheiten sind das Kernstück unserer Demokratie. Wir müssen die Einschüchterung von Journalistinnen und Journalisten durch gezielte Gerichtsverfahren verhindern und ihnen Schutz bieten", so Christian Sagartz, ÖVP-Sprecher für den Rechtsausschuss.

"Endlich wird es eine europaweit gültige Richtlinie geben, die Medienschaffende und Aktivist:innen besser vor missbräuchlichen Klagen schützt! Die Meinungs- und Pressefreiheit ist leider auch in europäischen Ländern nach wie vor massiv bedroht, Slapp-Klagen nehmen zu", begrüßte die Grüne Delegationsleiterin Monika Vana das Gesetz in einer Aussendung. Die Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im EU-Amtsblatt in Kraft. Die Mitgliedstaaten haben zwei Jahre Zeit, die Regeln in ihre nationalen Systeme umzusetzen. (APA, 27.2.2024)