Rapid Wien steht wegen homophober Gesänge in der Kritik.
APA/TOBIAS STEINMAURER

Nikola Staritz ist frustriert. Sie ist bei der Initiative Fairplay für den Bereich Antidiskriminierung zuständig und kann angesichts der jüngsten Vorfälle bei Rapid nur den Kopf schütteln. "Es ist wahnsinnig traurig, was bei Rapid passiert", sagt Staritz im Gespräch mit dem STANDARD, "sie machen zwar immer wieder bei unseren Aktionswochen mit, aber das Verständnis für die Materie geht nicht besonders weit."

Am Sonntag war die grüne Welt noch in Ordnung. Erstmals im 2016 eröffneten Allianz-Stadion konnte ein Wiener Derby gegen die Austria gewonnen werden. Gefeiert wurde der historische Erfolg im Anschluss ausgelassen – mit Beleidigungen und homophoben Gesängen. Geschäftsführer Steffen Hofmann hatte Austrianer als "Arschlöcher" bezeichnet, Kapitän Guido Burgstaller sang mit Co-Trainer Stefan Kulovits und Starspieler Marco Grüll vom "Hurenbezirk Favoriten" und von "orschwoarmen Veilchen".

Problem auf allen Ebenen

Am Dienstag folgte in Hütteldorf der Canossagang. Einer nach dem anderen musste sich entschuldigen – der Schaden aber war längst angerichtet. Die Bundesliga gab bekannt, dass alle Beteiligten beim Senat 1 angezeigt werden. ÖFB-Präsident Klaus Mitterdorfer spricht in einer Aussendung von "inakzeptablen und völlig unangebrachten Aussagen". In Deutschland schreibt die Bild von "schwulenfeindlichen Gesängen". Besonders unangenehm für den künftigen Werder-Bremen-Spieler Grüll.

Nikola Staritz fordert im Kampf gegen Homophobie mehr als Selbstdarstellung.
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Ein Imagetotalschaden, der zu verhindern gewesen wäre. "Man kann auf uns zukommen", sagt Staritz, "wir können mit den Vereinen in Workshops am Bewusstsein für die Thematik arbeiten, nur bei Rapid gibt es leider kaum Interesse. Es reicht eben nicht, einmal im Jahr einen Zettel in die Luft zu halten. Es braucht auch Bildungsarbeit. Der aktuelle Fall macht deutlich, dass sich die Problematik durch alle Ebenen zieht. Von Fans über Spieler zu den Trainern und Funktionären."

Copy-paste-Erklärungen

Und die Entschuldigungen? Sind die wenigstens ernst zu nehmen? "Na ja, man entschuldigt sich halt", sagt Staritz. Viel mehr als Copy-paste seien die Wortmeldungen allerdings nicht. In der Tat veröffentlichten Burgstaller und Grüll einen wortgleichen Text auf ihren Social-Media-Kanälen: "Wir können diesen Fehler leider nicht ungeschehen machen. Uns ist bewusst, dass wir eine Vorbildwirkung haben, und dieser Rolle wurden wir mit der Aktion nach dem Spiel leider absolut nicht gerecht."

"Es geht um mehr als Selbstdarstellung", sagt Staritz und stellt eine rhetorische Frage: "Sind die Statements nur Teil des Jobs oder ist das Thema dem Klub tatsächlich ein Anliegen?" Einige Vereine seien nicht gewillt, sich der Problematik ernsthaft zu stellen. Staritz zählt Rapid hier dazu. "Das ist sehr schade, denn gerade Rapid könnte mit seiner Popularität einiges bewirken. Aber wahrscheinlich geht morgen alles ganz normal weiter." (Philip Bauer, 28.2.2024)