Boss Wrabetz schließt Kündigungen aus.
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Rapid drohen nach den Entgleisungen im Anschluss an den 3:0-Sieg im Derby gegen die Wiener Austria Konsequenzen. Die österreichische Bundesliga erstattete am Dienstag beim Senat 1 (Straf- und Beglaubigungsausschuss) Anzeige gegen den Klub, Geschäftsführer Steffen Hofmann, Co-Trainer Stefan Kulovits sowie die Spieler Guido Burgstaller, Marco Grüll, Thorsten Schick, Maximilian Hofmann und Niklas Hedl.

"Die Inhalte der Videos stehen in keinerlei Einklang mit den Werten, für die der Fußball insgesamt und die österreichische Bundesliga im Speziellen", hieß es. Die Stellungnahmefrist für Rapid beträgt eine Woche. Laut Liga sind Sperren denkbar, dem Klub droht im schlechtesten Fall ein Punkteabzug. Bei einem ähnlich gelagerten Vorfall in Frankreichs Ligue 1 waren im Oktober 2023 bedingte Sperren gegen Ousmane Dembele, Randal Kolo Muani, Achraf Hakimi und Layvin Kurzawa verhängt worden. Rapid-Präsident Alexander Warabetz bedauert das Fehlverhalten, ist um Schadensbegrenzung bemüht. Über vereinsinterne Konsequenzen werde beraten.

STANDARD: Was haben Sie beim Anblick der verstörenden Videos empfunden? Scham?

Wrabetz: Dass es nicht mit unseren Werten vereinbar ist. Es haben sich auch die Betroffenen entsprechend distanziert und die Dinge schnell klargestellt. Es ist sehr schade, dass durch solche Aktionen die gute Leistung, der große Erfolg geschmälert wurden.

STANDARD: Ohne Ihnen etwas in den Mund legen zu wollen: War es einfach deppert?

Wrabetz: Wenn man in der Emotion Kraftausdrücke verwendet, ist das nicht gut. Es war jedenfalls nicht gescheit.

STANDARD: Ist es nicht besonders krass, dass Geschäftsführer Steffen Hofmann, Kapitän Guido Burgstaller, Stürmer Marco Grüll und Co-Trainer Stefan Kulovits im Mittelpunkt standen? Die sind ja nicht irgendwer.

Wrabetz: Ich möchte nicht ins Detail gehen. Sie sollten Vorbilder sein, eine Vorbildfunktion haben, der sie in dieser Situation überhaupt nicht gerecht wurden. Auch wenn es eine interne Feier war, muss man wissen, dass es dokumentiert wird. Aber sie haben reagiert.

STANDARD: Bleiben wir etwas in der Tiefe: Macht es für Sie einen Unterschied, ob man die Austria wie Hofmann "Arschlöcher" nennt oder sie als "orschwoarme Veilchen" bezeichnet? Das hat der Rest getan.

Wrabetz: Natürlich ist alles, was Richtung Homophobie oder Diskriminierung geht, absolut schlimm und abzulehnen. Ich kenne alle Betroffenen persönlich, seit meinem Amtsantritt vor eineinhalb Jahren ist mir Rassismus oder Homophobie nie begegnet, weder in persönlichen Gesprächen noch in irgendwelchen Wahrnehmungen. Es sind leider trotzdem Begriffe gefallen, die wir weder verwenden noch hören wollen.

Am Sonntag kurz vor 19 Uhr wurde das 3:0 gegen die Austria noch ganz normal gefeiert. Danach ging es bergab.
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STANDARD: Reichen Entschuldigungen? Gibt es intern Konsequenzen?

Wrabetz: Wir werden über alles inklusive vereinsinterner Konsequenzen beraten und entscheiden.

STANDARD: Fürchten Sie Strafen seitens der Bundesliga?

Wrabetz: Es war weit abseits des Spiels, wir werden auf alle Fälle die Möglichkeit der Stellungnahme beim Senat nutzen.

STANDARD: Zumal es im Bereich des Stadions war.

Wrabetz: Ja, aber eineinhalb Stunden nach Spielende, zu fortgeschrittener Stunde.

STANDARD: War das Verhalten eine ziemlich absurde Anbiederung an die Fans? Es heißt ja seit einer gefühlten Ewigkeit, bei Rapid hätten in Wahrheit der Block West und die Ultras das Sagen, die Macht.

Wrabetz: Nein. Hofmann hat nach Spielende die Leute zurückgehalten, die zum Austria-Sektor, aus dem Pyrotechnik auf die Familientribüne geworfen wurde, gedrängt haben. Er hat erfolgreich deeskaliert. Ich will jetzt nicht ins Psychologische gehen.

Rapid
Rapid-Fans am Sonntag, während einer Admiral Bundesliga-Begegnung zwischen SK Rapid und FK Austria Wien in Wien.
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STANDARD: Ich bitte darum.

Wrabetz: Wenn man zehn Jahre daheim gegen die Austria nicht gewinnt, können Emotionen durchgehen. Aber es darf nicht in dieser Form vorkommen. Man hat viele Schmähungen erlitten, aber es entschuldigt das nicht.

STANDARD: Wie kann man das wiedergutmachen? Im Leitbild ist ja von Toleranz und Vielfalt die Rede. Hofft man auf die Schnelllebigkeit der Zeit?

Wrabetz: Wir werden das intern diskutieren, das ist wichtig für den Verein. Niemand will – auch die Fans nicht –, dass Rapid nachhaltig ins schiefe Licht gerät. Gerade jetzt, wo es sportlich gut läuft und wir am richtigen Weg sind. Aber wie gesagt, wir klären das intern und machen es dann sichtbar. Mit Ankündigungen punktet man nicht.

STANDARD: Können Sie sich über das 3:0, die drei Punkte, trotzdem freuen?

Wrabetz: Ja. Es ist sehr bedauerlich, dass es diese Folgen gibt. Hätte ich das Gefühl, da haben ein paar eine homophobe Einstellung, wäre meine Freude getrübt. Der Sieg war eine Befreiung für alle, der Fluch ist aufgehoben, wir haben im Allianz-Stadion die Austria geschlagen. Schade, was danach passiert ist. Aber es gab klare Stellungnahmen. Sportlich wird es wichtig sein, zu gewinnen, die Leute glücklich zu machen. (Christian Hackl, 27.2.2024)