Warren Buffett ist in gewisser Weise Opfer des eigenen Erfolgs geworden. Denn die US-Investorenlegende plagen Sorgen, die Durchschnittsmenschen unbekannt sein dürften. In den Kassen des ihm geleiteten Investmentvehikels Berkshire Hathaway liegen Barmittel in Höhe von 168 Milliarden Dollar – und Buffett weiß nicht, wohin damit. "Es gibt nur noch eine Handvoll Unternehmen in diesem Land, die in der Lage sind, wirklich etwas zu bewegen bei Berkshire", sagt der 93-jährige Investor. Denn sein Unternehmen ist über die Jahre immer größer geworden, es wird an der Börse derzeit mit 888 Milliarden Dollar bewertet. Kein Wunder, schließlich erzielt Buffett seit Jahrzehnten mit seinen Veranlagungen fast doppelt so hohe Erträge wie der breitgestreute US-Aktienmarkt.

Warren Buffett.
Warren Buffett wird unter Anspielung auf seinen Geburtsort als "Orakel von Omaha" bezeichnet.
AP/Nati Harnik

Die wenigen interessanten Unternehmen müssten neben der nötigen Größe auch einen attraktiven Preis aufweisen, was derzeit offenbar nicht der Fall ist. Außerhalb der USA sieht er ebenfalls keine Kandidaten. Buffett versicherte den Anlegern, Berkshire werde langfristig ein gutes Investment sein. Allerdings lasse die enorme Größe des Unternehmens "keine Möglichkeit für eine atemberaubende Performance" zu, dämpfte er daher im diesjährigen Aktionärsbrief die Erwartungen. Wohl liegen die Barmittel nicht herum, sondern sind großteils in kurzlaufende US-Staatsanleihen investiert. Mit diesen Treasury-Bills lassen sich rund fünf Prozent risikolose Rendite pro Jahr einspielen. Das ist aber weniger, als gute Aktieninvestments langfristig abwerfen.

Hohe Renditen

Denn seit 1965, als Buffett das Ruder bei dem Unternehmen übernommen hatte, legte die Berkshire-Aktie pro Jahr im Schnitt um 19,8 Prozent zu. Der marktbreite S&P-500-Index schaffte im selben Zeitraum inklusive Ausschüttungen lediglich 10,2 Prozent. Zwar werde sich Berkshire voraussichtlich nicht mehr so stark entwickeln wie in der Vergangenheit. Aber dennoch versicherte Buffett, der auch als "Orakel von Omaha" bezeichnet wird, den Anteilseignern, man werde auch künftig besser als eine durchschnittliche amerikanische Firma sein. "Alles über ein bisschen besser hinaus ist Wunschdenken", bremste er jedoch die Erwartungen.

Im Geschäftsjahr 2023 hat es aber dennoch im operativen Geschäft für einen Rekordgewinn von 37,4 Milliarden Dollar gereicht, das sind um 21 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Allerdings musste die Investorenlegende den Tod seiner rechten Hand verkraften: Charlie Munger, den Buffett als "Architekt von Berkshire Hathaway" bezeichnete, starb im November nur 33 Tage vor seinem 100. Geburtstag. Er soll Buffett davon überzeugt haben, lieber auf exzellente Unternehmen zu passablen Preisen zu setzen, statt passable Unternehmen zu guten Preisen zu kaufen.

Somit wird Buffett bei der heurigen Berkshire-Hauptversammlung nicht mehr neben Munger sitzen, sondern neben den von beiden schon vor Jahren festgelegten Nachfolgern Greg Abdel und Ajit Jain. Aber auch für die Zukunft versprach Buffett den Anteilseignern im Grunde die Fortsetzung des bisherigen Kurses, denn: "Berkshire ist für die Ewigkeit gebaut."

Apple: 50 Prozent Gewichtung für den iPhone-Konzern

Den Technologiesektor ließ Warren Buffett lange Zeit links liegen, da ihm die Geschäftsmodelle fremd waren. Der Umschwung erfolgte 2016, als Berkshire Hathaway in Apple investierte – heute ist der iPhone-Erzeuger anteilig das wichtigste Investment. "Es ist wahrscheinlich der beste Konzern der Welt", zeigte sich Buffett 2020 überzeugt von Apple. So sehr, dass die Beteiligung etwa die Hälfte des Berkshire-Aktienportfolios ausmacht – denn Buffett ist kein großer Freund von Risikostreuung, wie sie Investierenden sonst ans Herz gelegt wird. Eingestiegen ist er damals zu günstigen Kursen, als Apple bloß mit dem elffachen Jahresgewinn (KGV) bewertet war. Heute liegt der Wert bei dem fast 27-Fachen des inzwischen deutlich gestiegenen Überschusses.

Bank of America: Damit geht Buffett durch dick und dünn

Lange ist Buffett bei der Bank of Amrica investiert. Er besitzt nach mehrmaligen Zukäufen rund 13 Prozent an der US-Großbank, was zum Jahreswechsel etwa zehn Prozent des Gesamtportfolios von Berkshire ausmachte. Das Geldhaus ist in allen Bereichen des Bankensektors tätig und schüttet regelmäßig einen Großteil der Gewinne aus. Aktuell beträgt die Dividendenrendite knapp drei Prozent bei einem KGV von etwa zehn. Berkshire erhielt dadurch im vergangenen Jahr eine knappe Milliarde Dollar an Ausschüttungen – ein Trostpflaster für die zuletzt schwache Entwicklung der Aktie. Aber Buffett geht mitunter mit manchen Beteiligungen durch dick und dünn. "Ich will einfach nicht verkaufen", sagte Buffett vergangenes Jahr über die Bank of America.

American Express: Der Trend zu unbarem Bezahlen

Der Finanzdienstleister American Express zählt schon seit 1991 zu den Favoriten von Warren Buffett. Zum Jahreswechsel besaß Berkshire fast 21 Prozent an American Express, womit das Unternehmen mit rund acht Prozent Gewichtung das drittwichtigste Investment Buffetts darstellt. Der Finanzkonzern profitiert stark vom Trend zu bargeldlosem Bezahlen, wobei vor allem die Gebühren, welche die Händler an American Express abführen, mehr als die Hälfte der Gesamteinnahmen hereinspielen. Die davon ausgeschütteten Dividenden reichen zwar nur für eine Rendite von etwas über einem Prozent. Dafür ist die Bewertung von American Express mit einem KGV von 16 moderat, und das Unternehmen betreibt mit Aktiensplits und Rückkäufen Kurspflege.

Coca-Cola: Ein Wassergraben gegen Konkurrenz

Coca-Cola zählt mittlerweile zu den Evergreens unter den Investments von Warren Buffett. Seit 1988 ist Berkshire bei dem Softdrinkerzeuger an Bord, was etwa sieben Prozent des Gesamtportfolios ausmacht. Was der Investmentguru besonders an dem Unternehmen schätzt, ist der sogenannte Wassergraben, der es weitgehend vor Mitbewerbern abschirmt. Die Produkte sind zwar leicht substituierbar, aber die starke Marke und das Vertriebsnetz lassen Konsumierende meist zu Coca-Cola greifen. Zugekauft hat Buffett bei dem Getränkekonzern schon länger nicht, dafür kassierte er im Vorjahr mehr als 700 Millionen Dollar an Dividenden. Die Rendite der Ausschüttungen liegt bei drei Prozent, mit einem KGV von 21 ist die Aktie nicht mehr ganz günstig. (Alexander Hahn, 29.2.2024)