Willibald Cernko, Chef der Erste Group während einer Pressekonferenz
Erste-Group-Chef Willibald Cernko hofft auf weitere Lockerungen bei den Vorgaben der Kreditvergabe. Die Baubranche gehöre dringend gestützt.
APA/ROBERT JAEGER

Wien – Die Erste Group blickt auf ein gutes Jahr 2023 zurück. Aufgrund des günstigen Zinsumfelds konnte die Bank operativ sowie beim Gewinn deutliche Zuwächse verbuchen. Unterm Strich blieb ein Nettogewinn von 2,998 Milliarden Euro, das waren um 38,5 Prozent mehr als im Jahr davor. An dem Ergebnis sollen auch die Aktionäre teilhaben. Der Vorstand schlägt für das abgelaufene Geschäftsjahr eine Dividende von 2,70 Euro je Aktie vor. Für 2022 wurden 1,90 Euro je Titel ausgeschüttet. "Das Jahr 2023 war ein sehr starkes Jahr für unsere Bankengruppe. Trotz volkswirtschaftlicher Eintrübung haben wir dank unseres Kreditvolumenwachstums und eines vorteilhaften Zins- und Risikoumfelds ein hervorragendes Ergebnis erzielt", sagt Finanzchef (CFO) Stefan Dörfler.

Zinserhöhungen und ein höheres Kreditvolumen haben den Zinsüberschuss der Bank um gut ein Fünftel (21,5 Prozent) auf 7,2 Mrd. Euro ansteigen lassen, der Provisionsüberschuss erhöhte sich um 7,6 Prozent auf 2,6 Mrd. Euro. Das Kreditvolumen wuchs um 2,8 Prozent auf 207,8 Mrd. Euro an, wobei sowohl das Privat- als auch das Unternehmenskreditvolumen zulegen konnten. Auch die Kundeneinlagen stiegen um 3,9 Prozent auf 232,8 Mrd. Euro, vor allem in Österreich und Tschechien gab es Zuwächse. Viele Jahre habe es einen negativen Beitrag im Zinsgeschäft auf der Sparseite gegeben, weil es aufgrund des Nullzinsumfelds keine Zinsen auf Einlagen gab. Das habe sich mittlerweile verändert. Rund ein Drittel des Zinsüberschusses sei laut Dörfler jetzt auf die Zinserhöhungen zurückzuführen. Der Rest auf das Kreditgeschäft, in dem die Zinsen seit der Zinswende stärker angehoben wurden als für Spareinlagen.

Positiver Ausblick, Sinkende Zinsen

Für 2024 rechnet die Bank wieder mit einem stärkeren Wirtschaftswachstum sowie mit einem nachlassenden Inflationsdruck in den Kernregionen. Die Ökonomen der Erste Group erwarten im Juni eine erste Zinssenkung durch die EZB um 0,25 Basispunkten. Bis zum Jahresende 2024 werden drei weitere Zinsschritte erwartet, sodass die Zinsen im Euro-Raum Ende 2024 um 100 Basispunkte niedriger sind. Für den US-Markt wird erwartet, dass die Fed einen ersten Zinsschritt im Mai setzt und in Summe 2024 der US-Leitzins Ende 2024 um 125 Basispunkte niedriger sein wird. Die sinkenden Zinsen werde sich freilich auf den Zinsüberschuss auswirken.

Sinken die Zinsen, werde das vor allem den Immobilienmarkt entlasten. Bank-Chef Willibald Cernko betonte, das Baupaket der Regierung zu unterstützen. Die Bautätigkeit sei zuletzt fast zum Erliegen gekommen. Auch die Bank befinde sich in weiteren Gesprächen bezüglich Lockerungen bzw. Vereinfachungen bei der umstrittenen Kim-Verordnung, die die Vergaberichtlinien bei Krediten verschärft hat. Ein Vorschlag zu einer einfacheren Handhabung liege am Tisch. Cernko erwartet, dass das Finanzmarktstabilitätsgremium bereits am 12. März hierfür grünes Licht geben werde.

Dass das von der Regierung kommunizierte Programm zügig umgesetzt werde, sei wichtig, damit es im Sommer bereits wirksam werde. Gebaut wird hauptsächlich im Frühling und Sommer. Doch die Vorlaufzeiten im Wohnbau seien enorm und damit zu bedenken. Es gebe laut Cernko aktuell kaum ein Projekt, dass fertig geplant, genehmigt und gewidmet sei. Daher sei es besonders wichtig, die privaten Bauinitiativen rasch anzustoßen.

Zum Engagement bei Signa wurden keine Details bekanntgegeben. Zu Einzelkunden oder einzelnen Positionen könne man öffentlich keine Stellung nehmen. Aus Sicht der Bank sehe man Signa aber entspannt.

Ausfälle bei Krediten

Die Risikokosten (Wertminderungen aus Finanzinstrumenten) lagen bei 128 Mio. Euro und damit um mehr als die Hälfte niedriger als zum Ende des Jahres 2022 (300 Mio. Euro). Nettoauflösungen für Kreditzusagen und Finanzgarantien sowie Eingänge aus abgeschriebenen Forderungen – insbesondere in Österreich – hätten sich positiv auf die Kennzahl niedergeschlagen. Die Quote notleidender Kredite (non-performing loans/NPL) verschlechterte sich derweil leicht von 2,0 Prozent auf 2,3 Prozent. Die Ausfälle seien hauptsächlich auf den Sektor Immobilien zurückzuführen, heißt es.

Das Plus bei Sparplänen zeige laut Cernko, dass die Menschen ihre Vorsorge breiter denken. Dennoch helfe es nicht, wenn jede Regierung nur verspricht, für Verbesserungen zu sorgen und diese nicht kommen. So hat auch die aktuelle Regierung es trotz Zusagen nicht geschafft, eine Veränderung bei den Themen Behaltefrist/Wertpapier-Kest herbeizuführen. Die Politik betone hier oft, dass es die nötige Mehrheiten zu diesem Thema nicht gebe. Cernko sagte dazu, dass die Sparte Banken dazu in stetigen Debatten sind – auch auf EU-Ebene. (bpf, 29.2.2024)