Nachdem das Land von einer beispiellosen Serie an Tötungsdelikten an Frauen bzw. einer Jugendlichen erschüttert worden war, fanden sich am Donnerstag die zuständigen Ministerinnen mit Experten aus den Bereichen Sicherheit, Justiz und Opferschutz zusammen. Die Frage, ob bzw. welche zusätzlichen Maßnahmen gegen Gewalt an Frauen auf den Weg gebracht werden müssen, war virulent.

Ein Dach, kein Schnellschuss

Frauenministerin Susanne Raab, Innenminister Gerhard Karner (beide ÖVP), Sozialminister Johannes Rauch und Justizministerin Alma Zadić (beide Grüne) betonten in ihren Statements nach dem Treffen, dass bereits viele wichtige Projekte laufen würden und der Gewaltschutz in Österreich grundsätzlich sehr gut ausgestattet sei. "Stärken wollen wir die Koordinierung und Vernetzung. Alle, die in dem Bereich tätig sind, sollen sich regelmäßig austauschen, im Rahmen eines Daches", sagte Raab. Rauch ergänzte, dass es diesbezüglich aber "keinen Schnellschuss" geben werde. Ein nachhaltiges Konzept, auch über die Wahl hinaus, müsse das Ziel sein. "Wie dieses Dach genau aussieht oder heißt, wissen wir jetzt also noch nicht." Aber ein großer Wunsch sei, "bis runter in die Regionen" alle mitzunehmen.

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Innenminister Gerhard Karner (ÖVP), Martina Sorgo (Gewaltschutzzentren) und Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) setzen in Zukunft auf noch bessere Vernetzung gegen Gewalt an Frauen.
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Die Minister kommen damit einer Forderung des Rechnungshofs nach. Vergangenen Sommer kamen die Prüfer in einem Bericht unter anderem zum Schluss, dass es keine gesamtheitliche Strategie gebe, was Gewaltschutz für Frauen betrifft. Andere Empfehlungen, etwa die Einrichtung von Gewaltschutzambulanzen, sind bereits in der Umsetzung.

Video: Gewaltschutz - Schwerpunktaktionen im Rotlichtmilieu angekündigt.
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Fokus auf Rotlichtmilieu

Ein spezielles Thema sei der Dreifachmord im Rotlichtmilieu gewesen, sagte Raab. Aus ihrem Ressort werde es für Organisationen und Vereine, die hier für Frauen als Anlaufstelle tätig seien, künftig mehr Geld geben. Auch müsse man Möglichkeiten schaffen, dass Frauen aussteigen können. Innenminister Karner kündigte "Schwerpunktaktionen" im Rotlichtmilieu, aber auch in Grundversorgungseinrichtungen an. Der mutmaßliche Täter ist bekanntlich ein afghanischer Asylwerber. "Polizeiliche Arbeit ist nicht nur Prävention, es geht auch um Aufgaben im repressiven Bereich." Dass er Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan etwas abgewinnen könne, sei bekannt. Ebenso bekannt sei seine Einschätzung, dass das rechtlich derzeit nicht möglich sei. Karner wolle das Thema aber demnächst in Brüssel wieder auf die Agenda bringen. Was bei solchen Taten ohnehin gelte: "Wenn so etwas passiert, dann muss derjenige hinter Schloss und Riegel."

Wesentlich sei außerdem die Analyse solcher Fälle. Die von Karner im Rahmen der Kriminaldienstreform bereits angekündigte ständige Analysestelle, die im Bundeskriminalamt angesiedelt wird, sei "im Aufbau begriffen". Die derzeit nebenamtlich tätigen Landeskoordinatoren im Gewaltpräventionsbereich sollen außerdem künftig hauptamtlich tätig sein, darüber hinaus sollen auch insgesamt 38 Regionalkoordinatoren in dem Bereich ihre Arbeit aufnehmen.

Suche nach Gründen für seltene Hilfe

Gesundheitsminister Rauch nannte noch Arztpraxen als einen Ort, den man in Zukunft in den Fokus nehmen wolle. Frauen hätten hier oft ein Vertrauensverhältnis. Hier gelte es deswegen, das Augenmerk darauf zu legen, wie noch besser wahrgenommen werden könne, ob die Patientin Opfer von Gewalt ist.

Martina Sorgo, Bundesverbandsvorsitzende der Gewaltschutzzentren und Interventionsstellen in Österreich, gab sich nach dem Treffen zufrieden. Man begrüße sehr, dass es kein Schnellschuss sein soll. "Denn es ist wichtig, dass strukturell eine österreichweite Gesamtstrategie entwickelt wird." Dafür müsse der Fokus auf unterschiedliche Seiten und Bereiche gelegt werden. Opfer- und Täterseite – bevor, während und nachdem etwas passiert. Ganz wesentlich sei es laut Sorgo aber auch, herauszufinden, was es Frauen so schwierig macht, sich Hilfe zu holen, also ein Gewaltschutzzentrum aufzusuchen oder die Polizei zu rufen. "Dieser Aspekt ist uns besonders wichtig, und wir erwarten uns viel." (Lara Hagen, 29.2.2024)