Eine kleine Flugpiste an der Peripherie von Wien, neben Krematorium und Gemeindeteich: Viel los ist auf dem Flugplatz Bad Vöslau nur selten. Aber einmal alle sechzig Jahre passiert etwas Außergewöhnliches. 1955 war es Kanzler Julius Raab, der von Bad Vöslau aus nach Moskau flog, um Österreich den Staatsvertrag "und die Freiheit" zu bringen, wie eine Gedenktafel auf dem Flugplatz erinnert.

Am 19. Juni 2020 reist wieder ein Österreicher von Bad Vöslau aus nach Russland, ein Flieger soll ihn zunächst ins belarussische Minsk bringen. Freiheit bringt er Österreich nicht, aber einen der größten Spionageskandale der Zweiten Republik.

Das geheime Doppelleben des Jan Marsalek: mit Freundin Zlobina (Mitte) und "Stas" Petlinsky (rechts).
derStandard/Friesenbichler Fotos: der Spiegel, AFP, Reuters

Dabei wirkte es zunächst nur wie eine weitere skurrile Episode im Wirecard-Skandal, als das Kleinflugzeug in Bad Vöslau abhob. Die deutsche IT-Hoffnung, hofiert von Ministern und Ex-Politikern, brach damals gerade zusammen. Mitverantwortlich dafür war wohl der Passagier an Bord des Kleinflugzeugs: Jan Marsalek.

Der Chief Operating Officer des Zahlungsdienstleisters soll mehr als zwei Milliarden Euro erfunden haben, um die Wirecard-Bilanzen zu frisieren. Jahrelang ging das gut, jetzt war das Spiel vorbei.

Der Spion aus dem Dax-Konzern

Doch was damals wohl keiner ahnte: Der größte Bilanzbetrug der deutschen Geschichte ist nur ein Aspekt im Doppelleben von Jan Marsalek. Und vermutlich ist er nicht einmal der brisanteste.

Monatelange Recherchen von "Spiegel", STANDARD, ZDF und der russischen Investigativplattform "The Insider" enthüllen nun, dass der Wirecard-Manager zum Zeitpunkt seiner Flucht wohl bereits mehrere Jahre lang intensiv mit russischen Geheimdiensten zu tun hatte.

In seinem Auftrag sollen über Ex-Agenten des österreichischen Verfassungsschutzes Kritiker des russischen Regimes ausgespäht worden sein; womöglich wurde über Wirecards Geflecht an Finanzdienstleistern auch Schwarzgeld verschoben.

Und: Marsalek soll auch jetzt, nach seiner Flucht, für russische Dienste aktiv sein. Eine Frau, die wohl Kontakt zum Inlandsgeheimdienst FSB hat, soll ihn mit neuen Reisedokumenten versorgt haben. Dafür wurde die Identität eines russisch-orthodoxen Priesters gekapert, dem Marsalek verblüffend ähnlich sieht. Die Frau und der Priester waren offenbar im Herbst 2020 in einem Wellnesshotel auf der von Russland okkupierten Krim. Entspannungsurlaub nach der Flucht also. Danach soll Marsalek einen Spionagering geleitet haben, der mutmaßlich sogar Entführungen bis hin zu Attentaten in Europa plante.

All das hat auch brisante Implikationen für Österreich. Marsalek wuchs hier auf, in Klosterneuburg nahe Wien. Ein "Zampano" sei er gewesen, sagte seine Mutter nach seiner Flucht. Einer, der kurz vor der Matura die Schule abgebrochen hat, um bei Wirecard anzuheuern. Und der dort ohne Ausbildung zum Spitzenmanager aufstieg.

Mittlerweile sprechen österreichische Ermittler von einer "nachrichtendienstlichen Zelle" im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), die unter Marsaleks Anleitung für Russland spioniert habe. Ausgespäht wurde demnach eine Vielzahl von Personen, die auffällig oft einen "Zusammenhang mit den Interessenlagen der russischen Föderation" aufwiesen, heißt es in vertraulichen Akten.

Die Schönheit aus Moskau

Aber wie war Marsalek in die Fänge des russischen Geheimdiensts geraten?

Entscheidend dafür dürfte eine junge Russin namens Natalia Zlobina gewesen sein. 2013 verhandelte Marsalek, damals schon Vorstandsmitglied von Wirecard, einen Deal mit der Moskauer Metro. Zur Unterstützung hatte ihm ein dubioser russischer Geschäftsmann Nata Zlobina vermittelt. Eine mysteriöse Schönheit mit angeblich gutem Draht in die Moskauer Verwaltung – und mit bewegter Vergangenheit: In einem Sexfilm hatte Zlobina einst eine russische Agentin gespielt, die ihre Opfer mit Nervengift tötet.

Womöglich war aus Teilen dieser Fiktion nun Realität geworden, zumindest war Zlobina bestens in Sicherheitskreisen vernetzt. Marsalek und sie begannen eine Affäre, wie sich Weggefährten erinnern.

Natalia Zlobina, Marsaleks Affäre.
Spiegel

Gemeinsam reisten sie bereits 2013 ins tschetschenische Grosny, offenbar um Verwandte von Diktator Ramsan Kadyrow zu treffen. Angeblich, um zu besprechen, wie man ein Vermögen in Höhe von rund 100 Millionen Dollar von Hongkong in den Westen schleusen könne. Marsalek und das Geflecht von Zahlungsdienstleistern, das er für Wirecard aufgebaut hatte, schienen ideal dafür. Zlobina und ein Kadyrow-Verwandter trafen sich später noch zweimal, wie ihre Reisedaten zeigen: in Asien und in Wien. Ob das Geschäft zustande kam, ist unklar.

Ein Jahr nach dem Grosny-Trip feierte Zlobina dann ihren dreißigsten Geburtstag, standesgemäß auf einer Yacht in Nizza. Ein Gast sollte Marsaleks Leben für immer verändern: Stanislav "Stas" Petlinsky, "der General". Er soll einst bei der russischen Militärspezialeinheit Speznas gedient, dann in Putins Kreml gearbeitet haben. Mehrere europäische Geheimdienste führen ihn als Kontaktmann russischer Dienste.

An GRU "übergeben"

Vertrauten soll Stas später erzählen, er habe Marsalek einfach an den GRU, den russischen Militärgeheimdienst, übergeben. Personen, die den einstigen Wirecard-Manager gut kennen, sprechen von einer Zeit vor und nach Stas – so sehr habe sich Marsalek verändert.

Im offiziellen Teil seines Lebens beschäftigt sich Marsalek mit Zahlungsdienstleistungen. Er verhandelt etwa mit der ÖBB über ein Ticketingsystem und fliegt für Wirecard um die Welt, um Drittanbieter zu akquirieren oder neue Kunden anzuwerben.

Marsalek wurde mutmaßlich vom FSB eine neue Identität verschafft – die eines orthodoxen Priesters.
Spiegel

Das Gesicht an der Spitze des Dax-Konzerns ist ein weiterer Österreicher, der Wiener Markus Braun, der zunächst die Neos, dann Sebastian Kurz unterstützt. Gemeinsam wollen Braun und Marsalek Wirecard zum deutschen Rivalen für die Techgrößen aus dem Silicon Valley machen. Dafür bauen sie ein Luftschloss. Zwar hat Wirecard zeitweise rund 313.000 Kunden, das rasante Wachstum des Konzerns wird jedoch mutmaßlich durch illegale Bilanztricksereien vorgetäuscht. Nun wird Braun und anderen Managern in München der Prozess gemacht, von Marsaleks Doppelleben will er nichts gewusst haben.

Weltpolitik und Adrenalinkicks

Die Zentrale dieses Schattenlebens war die Prinzregentenstraße 61 in München; eine repräsentative Villa gegenüber dem russischen Konsulat, in der Marsalek eine Art Kommandozentrale eingerichtet hatte. Er trifft ehemalige Spitzenpolitiker wie Nicolas Sarkozy, Edmund Stoiber oder Wolfgang Schüssel, um über die Weltpolitik zu sprechen.

Ist er nicht in München, suchte Marsalek, der sechs österreichische Pässe und einen Diplomatenpass besitzt, den Kick. Mit seiner Affäre Zlobina flog er einen Kampfjet. In Syrien soll er mit Waffen und sogar einer Panzerfaust hantiert haben. Stas, der General, stellte Marsalek zahlreichen Kontakten vor.

Russische Kämpfer im syrischen Palmyra.
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Etwa hochrangigen Mitgliedern der berüchtigten Söldnergruppe Wagner, deren Chef Jewgeni Prigoschin vergangenes Jahr nach einer Art Putsch gegen Putin bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam.

Mit Wagner nach Syrien

Damals, 2017, waren Prigoschin und Wagner im Kreml noch gerngesehene Werkzeuge.

Der Chef des Wagner-internen Geheimdiensts reiste mit Stas und Marsalek ins damals brutal umkämpfte syrische Palmyra. Dort hatten die Truppen von Diktator Bashar al-Assad mit russischer Unterstützung gerade die Stadt der Terrorgruppe "Islamischer Staat" entrissen. Fotos zeigen einen bewaffneten Marsalek in Palmyra.

Mit der Reise nach Syrien habe er Marsalek einen Traum verwirklicht, denn der Wirecard-Manager sei "besessen von der Spionagewelt" gewesen, erzählt Stas Reportern des "Spiegel", die ihn für diese Recherche in Dubai aufstöberten. Er selbst sei "Sicherheitsberater", sagt Petlinsky ausweichend auf die Frage, ob er bei russischen Geheimdiensten arbeite. Er ist klar geübt darin, in einem Gespräch falsche Fährten zu legen. Hinweise auf Widersprüche lächelt er weg.

Eine "Zelle" aus Österreich

In dieser Zeit, als Marsalek mit der Söldnergruppe Wagner nach Syrien reiste, verabschiedete sich Martin Weiss gerade vom österreichischen Verfassungsschutz – um einen Job bei Marsalek anzutreten.

Der hagere Brillenträger mit gebücktem Gang war im BVT nie besonders beliebt gewesen, hatte aber trotzdem Karriere gemacht. Weiss war Leiter jener Abteilung, zu der so wichtige Referate wie Extremismus, Spionageabwehr und Terrorabwehr gehörten.

Kurzum: Alle nachrichtendienstlichen Informationen, die das BVT sammelte, landeten auf seinem Tisch. Und auch all jene, die Partnerdienste wie die CIA, der deutsche Verfassungsschutz oder der israelische Mossad nach Wien schickten.

Ex-BVT-Direktor Peter Gridling bezeichnet die Razzia als "Überfall".
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Heute wird Weiss gemeinsam mit einem weiteren ehemaligen BVT-Agenten namens Egisto Ott von Ermittlern einer "Zelle" zugeordnet, die im Auftrag von Marsalek Geheimnisse nach außen trug und den eigenen Arbeitgeber sabotierte. Ohne Ott und Weiss hätte es etwa die skandalöse Razzia im Verfassungsschutz unter Herbert Kickl, damals Innenminister, wohl nie gegeben. Ott soll laut einem linguistischen Gutachten das anonyme Konvolut voller Vorwürfe verfasst haben, das zu den Ermittlungen führte, er bestreitet das.

Weiss tauchte dann als Belastungszeuge bei Kickl und der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft auf. Er lieferte den Ermittlern genug Zund, um eine Hausdurchsuchung im BVT und Suspendierungen von Spitzenbeamten zu ermöglichen. Von einem "Überfall" sprach Ex-BVT-Direktor Peter Gridling zuletzt. Die Ermittlungen, die nach Jahren ohne Schuldspruch beendet wurden, beschädigten das Amt so stark, dass es aufgelöst und in die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) überführt wurde.

Die Russland-Connection

Im Hintergrund verteilte Marsalek offenbar über Florian Stermann, den Chef der Österreichisch-Russischen Freundschaftsgesellschaft, Interna aus dem BVT an die FPÖ. Stermann war auch geschäftlich für Wirecard aktiv; Braun und Marsalek waren im Gegenzug Ehrensenatoren der Freundschaftsgesellschaft; Wirecard spendete etwa für eine Jubiläumsfeier der Gesellschaft, deren Highlight der Auftritt eines Putin-Imitators war. Zu all dem äußerte sich Stermann nicht.

Erst nach dem Crash von Wirecard und Marsaleks hastiger Flucht flog auf, dass die beiden Ex-Agenten Ott und Weiss jahrelang Informationen aus dem Inneren des Verfassungsschutzes verkauft haben sollen.

Tausende Seiten füllt der Ermittlungsakt, der Stück für Stück rekonstruiert, wen die beiden "nachrichtendienstlich aufgeklärt" haben: etwa die Lebensgefährtin des russischen Oligarchen Arkadi Rotenberg oder einen kasachischen Oppositionellen. Aber auch den Journalisten Christo Grozev, der inzwischen für den "Spiegel" arbeitet und dessen Privatanschrift Ott besorgte – samt Fotos.

Der Journalist Christo Grozev ist im Visier des Kreml.
APA/AFP/JULIEN DE ROSA

Grozev, der Journalist im Visier des Kreml, beschäftigt sich seit Jahren mit russischen Geheimdiensten und war einst Investigativchef der Rechercheplattform Bellingcat, auf der er Details zu russischen Spionageoperationen in Europa publizierte.

Dort wurden zunächst jene Agenten geoutet, die den russischen Ex-Spion Sergei Skripal im britischen Salisbury mit Nowitschok vergifteten; und dann jene, die dasselbe beim mittlerweile ums Leben gekommenen Oppositionsführer Alexey Nawalny probiert hatten.

Grozev saß daneben, als sich Nawalny als Vorgesetzter des Killerkommandos ausgab und von einem Agenten brühwarm den Attentatsplan erzählt bekam. Mit Nowitschok vergiftet worden war demnach die Unterhose des Oppositionsführers, der den Anschlag wohl nur aufgrund einer Notlandung in Omsk und einer späteren Behandlung in der Berliner Charité überlebte.

Nach seiner Genesung reiste Nawalny zurück nach Moskau, wo er sofort festgenommen wurde. Nach mehreren Jahren in Lagerhaft starb Nawalny vor zwei Wochen unter mysteriösen Umständen in Sibirien – für seinen Tod machten zahlreiche Dissidenten und westliche Staatschefs Putin persönlich verantwortlich.

Eine Demonstration in Berlin nach dem Tod von Alexey Nawalny in einem russischen Straflager.
IMAGO

Zuletzt wurde bekannt, dass Verhandlungen rund um einen Gefangenentausch stattfanden. Im Gegenzug für Nawalnys Abschiebung sollte ein Attentäter des russischen Geheimdiensts freikommen, der 2019 in Berlin einen tschetschenischen Asylwerber ermordet hatte. Aufgrund des Tatorts wird der Anschlag als "Tiergartenmord" bezeichnet. Auch dazu enthüllten Grozevs Recherchen viele Details.

Warnungen von Sicherheitsbehörden, dass sein Leben in Gefahr sei, führten schließlich dazu, dass der Journalist seinen Heimatort verließ: Grozev, gebürtiger Bulgare, hatte seit Jahrzehnten in Wien gewohnt. Anfang des vergangenen Jahres siedelte er um. Auch an dieser Recherche ist Grozev beteiligt.

"Könnten wir in Ö mal eine Abfrage zu einem Hr. Christo Grozev machen?", fragte der Ex-BVT-Abteilungsleiter Weiss am 15. Dezember 2020 bei Ott an, als Marsalek schon längst nach Russland geflohen war. Ott erledigte das, schickte Grozevs Adresse durch und machte offenbar Fotos von dessen Wohnhaus.

"Nur Meldeabfrage gemacht"

Das sei alles nicht illegal, sagt Ott dazu. Er habe ja nur eine Meldeabfrage gemacht, das könne jeder für 3,40 Euro beim Magistrat machen. Ob der Auftrag von Marsalek kam oder warum Weiss diese Informationen wollte, habe Ott nicht interessiert. Für Russland sei er keinesfalls tätig, die russischen Dienste habe er seine "ganze Karriere lang bekämpft".

Die Ermittlungen gegen ihn seien schlampig, das werde ein etwaiger Prozess zeigen, so Ott sinngemäß. Schon seit 2016 sieht er sich Spionagevorwürfen ausgesetzt. Damals schlugen ausländische Dienste Alarm, weil sich Ott Unterlagen an seine private E-Mail-Adresse geschickt hatte. Dafür habe es dienstliche Gründe gegeben, behauptet Ott. Die Staatsanwaltschaft Wien äußerte sich zu den Ermittlungen nicht, diese seien "Verschlusssache".

Außenministerin Karin Kneissl hatte Wladimir Putin zu ihrer Hochzeit eingeladen.
AP/Alexei Druzhinin

Doch Marsaleks Netzwerk reicht nicht nur in den Verfassungsschutz, sondern auch in zwei Ministerien. Über das damals von Karin Kneissl geführte Außenministerium soll Marsalek an einen Bericht über das Nervengift Nowitschok und den Anschlag auf Sergei Skripal gelangt sein. Deshalb wird gegen Kneissls damaligen Generalsekretär ermittelt. Detail am Rande: Dessen Frau war eine von vier Belastungszeugen in der BVT-Affäre; und im Außenministerium war eine Art Mini-Geheimdienst geplant, der teils mit Marsaleks Zuträgern sowie mit Weiss und Ott besetzt werden sollte. Kneissl bestritt, Kenntnis von diesen Plänen gehabt zu haben. Die ehemalige Außenministerin lebt heute in Russland, sie ist für einen Thinktank in St. Petersburg tätig.

Beim Verteidigungsministerium suchte Marsalek hingegen um Förderung für ein "Entwicklungsprojekt" in Libyen an, wo er Anteile an Betonwerken gekauft haben soll, die früher dem österreichischen Unternehmen Asamer gehört hatten. Für seine Pläne holt er sich zunächst seriöse Unterstützung: Kilian Kleinschmidt, einen Fluchtexperten und Entwicklungshelfer, der jahrzehntelang für die Vereinten Nationen gearbeitet und auch die österreichische Regierung beraten hat.

Doch Marsaleks Projekt geriet für Kleinschmidt rasch auf die schiefe Bahn. Bei einem Treffen in Marsaleks Villa in München schwärmte der Wirecard-Manager plötzlich von "seinen Jungs" – gemeint waren russische Söldner, die Stas nach Libyen vermittelt hat. Auch ein russischer Nahostexperte, der vermutlich auch für Geheimdienste tätig ist, tauchte plötzlich in E-Mails zu dem Projekt auf.

Die Angst des Verfassungsschutzes

Geld habe Kleinschmidt nur verzögert und teilweise erhalten. Er soll über das russisch-libysche Kulturinstitut in Moskau abrechnen, habe ihm ein österreichischer Unternehmensberater ausgerichtet, der an der Sache beteiligt, einst für das Innenministerium tätig war und jahrelang Geschäftsbeziehungen zu Marsalek gepflegt hat. Auch ein hochrangiger Bundesheermitarbeiter war bei der Libyen-Sache dabei. Später soll dieser laut Kleinschmidt gemeint haben, Marsalek wäre "zu nah an den Russen dran" gewesen.

Aufgeklärt sind all diese Vorgänge kaum – obwohl Verfassungsschützer in Österreich nach wie vor fürchten, dass Marsaleks Netzwerk auch hierzulande noch aktiv ist. So wurde vergangenen Sommer durch eine Gerichtsverhandlung in London bekannt, dass Marsalek für Russland einen Ring bulgarischstämmiger Agenten geleitet haben soll, die mutmaßlich sogar Attentate geplant haben.

Gegen Ende des Jahres soll in London die Hauptverhandlung gegen den mutmaßlichen Spionagering beginnen. Nur einer wird wahrscheinlich fehlen: Jan Marsalek. (Jörg Diehl, Martin Knobbe, Roman Lehberger, Fabian Schmid, Fidelius Schmid, Mitarbeit: Jan Michael Marchart, 1.3.2024)