Bundeskanzler Olaf Scholz
Bundeskanzler Olaf Scholz: "Auch die Bundesregierung diskutiert das, und ich halte das auch für richtig."
IMAGO/Political-Moments

Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich dafür ausgesprochen, dass die Bundesregierung künftig auf der chinesischen Online-Social-Media-Plattform Tiktok präsent sein soll. "Auch die Bundesregierung diskutiert das, und ich halte das auch für richtig", sagte Scholz am Donnerstagabend bei einem Bürgerdialog in Dresden. Zuvor war er gefragt worden, wieso die AfD dort sehr präsent sei, Parteien der Mitte aber kaum.

Es sei wichtig, dass man auf allen Kanälen aktiv sei und wahrgenommen werden könne mit den Informationen, die man zu liefern habe, sagte der SPD-Politiker. Hintergrund ist, dass in der Bundesregierung und den Ministerien seit Monaten diskutiert wird, auf welchen sozialen Plattformen man aktiv sein sollte und auf welchen nicht.

Scholz forderte die Bürger aber auch auf, jenseits der digitalen Medien eine "Wirklichkeitskontrolle" auszuüben und Menschen direkt zu sagen, wenn sie abseitige Meinungen vertreten würden. Früher habe man dies im Sportverein, in der Kneipe oder im Familienkreis getan. Heute fühlten sich einige in sozialen Netzwerken mit abstrusen Ideen bestätigt. "Und das heißt, man muss auch einmal widersprechen und so wie früher sagen: Quatsch."

Dilemma

Ein Sprecher des Datenschutzbeauftragten Ulrich Kelber verwies jedoch darauf, dass es mit TikTok ähnliche Probleme der Datensicherheit wie bei anderen sozialen Plattformen gibt. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hatte deshalb abgeraten, die TikTok-App auf Diensthandy zu installieren. "Die westlichen Regierungen stecken in einem Dilemma", sagte der Politikberater Johannes Hillje zu Reuters.

Einerseits wolle man nicht eine Plattform aus einem autoritären Land verwenden. Andererseits nutzten Zweidrittel der 14- bis 18-Jährigen Tiktok. Unter Druck geraten die Parteien vor allem durch die hohen Werte der AfD in Umfragen, gerade bei Jugendlichen. Von Anfang 2022 bis Ende 2023 hatte die AfD mehr Aktivität auf Tiktok gezeigt als alle anderen Bundestagsparteien zusammen, geht aus einer Auswertung von Hillje hervor. "Das zeigt, dass die AfD die effektivste Tiktok-Kommunikation unter den Parteien betreibt", sagte er.

Mitte vergangenen Jahres hatte eine Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung ein zwiespältiges Bild ergeben. "Für eine Präsenz der politischen Mitte auf TikTok sprechen die Online-Aktivitäten der politischen Ränder", heißt es dort. "Es kann ein Wert an sich sein, ihnen etwas entgegenzustellen." Allerdings wurden die Grenzen des Einflusses betont: So belohne der Algorithmus eben nicht die abwägenden Positionen gemäßigter Parteien, sondern extreme Positionen und Reaktionen radikaler Parteien. Diese seien dadurch sichtbarer.

Hillje verwies darauf, dass das Europäische Parlament im gleichen Dilemma stecke. Den EP-Abgeordneten sei die Nutzung der App auf ihren Diensthandys verboten. "Aber das EP wirbt offiziell auf Tiktok für die Europawahl", sagte er. (Reuters, 1.3.2024)