Lebensmittel bekommen Punkte, und daraus bastelt man sich einen individuellen Diätplan. Mit diesem Konzept war Weight Watchers jahrelang erfolgreich, doch diese Zeiten sind vorbei. Der US-Konzern steckt ohnehin in der Krise, und vergangene Woche setzte es den nächsten herben Rückschlag. Die Talkshow-Ikone und Unternehmerin Oprah Winfrey hat angekündigt, sich aus dem Verwaltungsrat zurückzuziehen und ihre Firmenanteile an das Museum für Afro-Amerikanische Geschichte und Kultur zu spenden. Die Aktie rasselte daraufhin um fast ein Viertel nach unten.

Gewichtsverlust hat nicht an Attraktivität verloren, warum also nehmen die Probleme des einstigen Branchengiganten zu? Bereits vor rund zehn Jahren versuchte das Unternehmen einen Neustart, denn Umsätze schrumpften, Kundinnen und Kunden liefen davon. Die Marke hatte an Popularität verloren, Experten kritisierten, dass das Konzept veraltet und zu teuer sei, mit modernen Apps nicht mithalten könne. Somit wurde im Jahr 2015 ein neues Management eingesetzt und Oprah Winfrey zur Großaktionärin, Aufsichtsrätin und zum Gesicht von Weight Watchers.

Neustart und Namensänderung

Drei Jahre später folgte eine Namensänderung auf WW International, und in das Abnehmprogramm wurden erstmals Medikamente miteinbezogen. Es wurde der Slogan "Wellness that works" etabliert, und WW wollte über die Anzeige auf der Waage hinaus eine Rolle im Leben der Kunden spielen.

Weil man den Smartphone-Trend verschlafen hat, ging WW außerdem eine Kooperation mit der Meditations- und Achtsamkeitsapp Headspace ein, ein neues Belohnungssystem wurde entwickelt und die Online-Präsenz verbessert. Doch diese Neuausrichtung ging nach hinten los – das Unternehmen verlor innerhalb kurzer Zeit viele Abnehmwillige. Aktuell ist das Unternehmen mit 3,8 Millionen Nutzern in 30 Ländern vertreten, Tendenz sinkend.

Weight Watchers hatte das abgelaufene Quartal mit einem Umsatzrückgang und einem höheren Verlust abgeschlossen – und zudem kündigte die populäre Fernsehmoderatorin und Schauspielerin Oprah Winfrey ihr Ausscheiden aus dem Verwaltungsrat an.
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Konkurrenz durch Abnehmspritzen

Dabei lief das Geschäft lange Zeit gut. Weight Watchers wurde 1936 von Jean Nidetch gegründet, nachdem sie beobachtet hatte, dass es motiviert, wenn man versucht, in einer Gruppe abzunehmen. Das Konzept basierte auf wöchentlich verpflichtenden Gruppentreffen, in denen sich Mitglieder austauschten und Ernährungscoaches Tipps gaben. Die Ernährungspläne bauen auf einem Punktesystem auf: Jedem Lebensmittel werden Punkte zugewiesen, und die Teilnehmer haben ein gewisses Tages- bzw. Wochenkontingent an zu verbrauchenden Punkten.

Doch das seit 2001 an der New Yorker Börse notierte Unternehmen bekam in den vergangenen Jahren noch viel größere Konkurrenz als das Smartphone, nämlich Medikamente zum Abnehmen. Die heißen Ozempic, Wegovy oder Zepbound. Vor allem der Name des dänischen Pharmakonzerns Novo Nordisk fällt immer wieder. Als führender Anbieter von Abnehm- bzw. Diabetesspritzen schreibt das Unternehmen beeindruckende Zahlen und ist mittlerweile das wertvollste Unternehmen Europas. Weil die Nachfrage so groß ist, kommt es allerdings immer wieder zu Produktionsengpässen.

Weight Watchers versucht, mit dem Angebot WW Clinic am Trend zu Abnehmmedikamenten teilzuhaben. Über die Telemedizin-Plattform Sequence können sich Mitglieder die Arzneien verschreiben lassen.
AP

100 Millionen Dollar für Sequence

WW hat erkannt, dass sich der Markt verändert, das alte Geschäftsmodell nicht mehr zieht und auch bereits Gegenmaßnahmen ergriffen. Gegen eine monatliche Zusatzgebühr sollen Kunden künftig relativ einfach Rezepte für die neuen Abnehmwundermittel bekommen. Dafür kaufte das Unternehmen vergangenes Jahr für mehr als 100 Millionen Dollar eine Plattform für Telemedizin namens Sequence. Sequence vermittelt der Kundschaft Anbieter für ebenjene rezeptpflichtigen Medikamente. Dank dieser Übernahme verzeichnete Weight Watchers kurzfristig wieder Kursgewinne.

Aber eben nur kurz. Im vierten Quartal sank der Umsatz um 7,6 Prozent auf 206 Mio. Dollar. Unter dem Strich weitete sich der Verlust auf 88 Mio. Dollar von 35,8 Mio. Dollar ein Jahr zuvor aus. Und auch Oprah Winfrey orientiert sich mittlerweile anders. Im Dezember sagte sie zum "People Magazin", dass sie zwar weiterhin Punkte für verschiedene Lebensmittel nach dem WW-Diätmodell zusammenrechne – inzwischen greife sie aber auch zu Abnehmmedikamenten, um einen Jo-Jo-Effekt zu vermeiden. (Andreas Danzer, Sarah Kirchgatterer, 5.3.2024)