Wien – Wie ernähren sich die Österreicher? Einblick in die Küchen des Landes geben 2.800 Haushalte. Sie dokumentieren, wo Konsumenten welche Lebensmittel zu welchem Preis kaufen. Ihre Daten füttern die Analysen der Agrarmarkt Austria. Die Zeitreise zurück in den Konsum vor 30 Jahren beginnt mit dem Aufkommen erster Fertiggerichte. Ihr Boom im Dienste des schnellen einfachen Kochens ist bis heute ungebrochen.

88 Prozent des Brots und Gebäcks in Österreich werden in Supermärkten und Diskontern gekauft.
IMAGO/Dwi Anoraganingrum

Die Jahrtausendwende brachte das Zeitalter der Rabatte. 2003 kauften Konsumenten zwölf Prozent ihrer Lebensmittel in Aktionen. Bis heute hat sich dieser Anteil auf ein Drittel ihrer Ausgaben mehr als verdoppelt. Mehr als die Hälfte des gesamten Rind- und Schweinefleisches landet preisreduziert in Einkaufswagerln. Bei Butter liegt der Aktionsanteil bei satten 46 Prozent.

Es folgte die Blütezeit des Functional Food: Supermärkte machten Appetit auf Lebensmittel mit gesundheitlichem Zusatznutzen. Ihre Wirkung blieb wissenschaftlich umstritten, den Margen des Handels und der Industrie bekamen sie gut.

Bio erlebt Dämpfer

Der Wettbewerb verschärfte sich. Der Handel zauberte daher Eigenmarken quer durch alle Preisklassen aus dem Hut. Sie erlaubten es ihm, sich von der Konkurrenz zu differenzieren. Vor allem aber verschafften sie ihm größere Unabhängigkeit von Produzenten und damit mehr Marktmacht.

Seit 2015 schmücken sich Supermärkte mit Regionalität. Zuvor hatte sich Bio, angetrieben von aufwendigen Werbekampagnen, vom zarten Pflänzchen zum sicheren Umsatzbringer entwickelt. 2022 erlebte der Biomarkt mit einem wertmäßigen Marktanteil von 11,5 Prozent seinen Höhepunkt im Lebensmittelhandel. Im Jahr darauf erlebte er erstmals seit zwölf Jahren einen Dämpfer. Angesichts hoher Inflation zieht Nachhaltigkeit vielerorts den Kürzeren.

Die Ausgaben für Lebensmittel im Einzelhandel stiegen im Vorjahr um mehr als zehn Prozent.
APA

Viel Energie steckt der Handel nunmehr in die Vermarktung fleischloser Ernährung. Bot er 2018 erst 849 pflanzliche Alternativen an, waren es 2023 bereits 1.247, rechnet Christina Mutenthaler-Sipek, Chefin der AMA Marketing, vor. Was nach viel klingt, ist in Summe nach wie vor wenig: Bei Molkereiprodukten beträgt der Anteil pflanzlicher Alternativen magere drei Prozent. Bei Fleisch- und Wurstwaren machen diese lediglich ein Prozent aus.

Gestiegen sind für Veganes vor allem die Preise, was Konsumenten abschreckte. Während der Wert pflanzlicher Ersatzprodukte im Vorjahr um mehr als elf Prozent wuchs, nahm ihre verkaufte Menge nur um 2,2 Prozent zu.

Butter als Preisbarometer

220 Euro gaben Österreichs Haushalte 2023 monatlich im Schnitt für frische Lebensmittel und Fertiggerichte im Einzelhandel aus, erhob die AMA. Fleisch, Wurst und Schinken waren ihnen 57 Euro wert. Brot und Gebäck kosteten 23 Euro, Gemüse knapp 22 und frisches Obst mehr als 18 Euro.

Unterm Strich blieben die gekauften Mengen stabil. Die Ausgaben dafür erhöhten sich jedoch um mehr als zehn Prozent. Kräftig verteuert haben sich Lebensmittel in der ersten Jahreshälfte. Danach beobachtete AMA-Marktforscherin Micaela Schantl zusehends Preisrückgänge. Butter etwa verbilligte sich um knapp fünf Prozent. Auf das Vorkrisenniveau würden Lebensmittelpreise freilich nicht mehr zurückkehren, ist sich Schantl mit Blick auf höhere Energiekosten sicher.

Tauziehen um Tierwohl

Abseits nackter Zahlen halten die AMA zusehends Missstände in der Nutztierhaltung in Atem. Jüngst gab es Turbulenzen rund um einen steirischen Schweinemäster. Der Verdacht auf Tierquälerei erhärtete sich nicht. Von Tierschützern an die Öffentlichkeit gespielte Bilder schwer verletzter Schweine ließen jedoch einmal mehr Debatten über ihre Haltung auf engstem Raum auf Vollspaltenböden ohne Beschäftigungsmöglichkeit hochkochen.

Die AMA habe ihre Kontrollen um zehn Prozent erhöht. Dennoch blieben diese Momentaufnahmen, sagt Mutenthaler-Sipek. Bei allem Bemühen um höhere Standards in der Schweinemast müsse jedem bewusst sein, dass der Markt dafür nur in kleinen Schritten wachse. (Verena Kainrath, 5.3.2024)