Wie lange geht der Krug zum Brunnen, bis er bricht? In den 45 Jahren, die die Islamische Republik Iran existiert, wurde ihr schon mehrfach das baldige Ende prognostiziert. Zu groß scheint die Diskrepanz zwischen den teilweise längst nach der Revolution 1979 geborenen urbanen Iranern und Iranerinnen und dem Regime zu sein: Die einen leben hinter den eigenen Mauern so wie Menschen anderswo auf der Welt, die anderen zwingen ihnen Regeln auf, die sie – völlig ahistorisch – mit Religion legitimieren.

Ali Khamenei hat noch seine Anhängerinnen und Anhänger. Aber das System rüstet sich für die Zeit danach und zieht die Zügel an.
AP/Vahid Salemi

Und soeben hat sich das System wieder einmal mit Wahlen selbst bestätigt, die eine Mehrheit der Wahlberechtigten im Iran nicht interessiert. Das wiederum interessiert das Regime nicht, sonst würde es sich nicht auf Absurditäten einlassen, wie eigene Ex-Präsidenten – Hassan Rohani (2013–2021) – als Kandidaten zu verbieten. Ein anderer – Mohammed Khatami (1997–2005) – gehört zu den Nichtwählern.

Im Iran wurden im Jahr 2023 834 Menschen hingerichtet, um 43 Prozent mehr als 2022. Die Mehrheit der staatlich Getöteten hat Drogendelikte begangen, was ebenfalls ein nützlicher Hinweis auf den Zustand der Gesellschaft ist. Das Regime hat Angst: Mit einer frustrierten, gespaltenen Gesellschaft muss es verhindern, dass "die islamische Revolution" nach dem abzusehenden Ende des langjährigen Führers Ali Khamenei nicht implodiert oder vielleicht einfach nur so ausklingt. Aber der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht. (Gudrun Harrer, 5.3.2024)