Mahmud Abbas und Recep Tayyip Erdoğan vor dem Meeting in Ankara.
Mahmud Abbas und Recep Tayyip Erdoğan vor dem Meeting in Ankara.
AFP/TURKISH PRESIDENTIAL PRESS S

Bei einem Besuch von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in Ankara hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan erneut deutlich gemacht, dass er im Palästinakonflikt stärker mitmischen will. Er bot an, dass die Türkei für die Zeit nach dem Krieg zwischen Israel und der Hamas als Garantiemacht einen Prozess hin zu einer Zweistaatenlösung begleiten könnte.

Erdoğan regte an, dass eine internationale Friedenskonferenz den Weg zu einer Zweistaatenlösung freimachen könnte. Ob die Türkei bereit wäre mitzuhelfen, einen Waffenstillstand militärisch abzusichern, ließ er allerdings auch bei der Pressekonferenz mit Abbas offen.

Der Palästinenserpräsident traf am Dienstagnachmittag in Ankara ein und musste dort erst einmal auf Erdoğan warten, der noch im östlichen Sivas Wahlkampf für die bevorstehende Kommunalwahl machte. Am Abend kam es dann doch zu einem eineinhalbstündigen Gespräch, das Erdoğan auch nutzte, um dem Palästinenserpräsidentren sein Beileid für all die "brutalen Verletzungen", die Israel der palästinensischen Zivilbevölkerung zufüge, auszusprechen. Gerade angesichts des bevorstehenden Fastenmonats Ramadan versprach Erdoğan, die Hilfe für Gaza noch zu intensivieren, mehr Hilfsgüter zu schicken und auch mehr Verletzte in türkische Krankenhäuser transportieren zu lassen.

Abbas fordert mehr Anerkennung

Abbas bedankte sich für die Unterstützung und die "wichtige Rolle", die die Türkei bei der Lösung des Konflikts zu spielen bereit sei. Er forderte angesichts der "Tyrannei Israels", dass mehr Länder Palästina als eigenständigen Staat anerkennen und sein Land in der Uno als vollwertige Nation anerkannt werde. Er kündigte an, dass er sich stärker noch als bislang für die Einheit der Palästinenser starkmachen wolle, um in zukünftigen Verhandlungen mit Israel als geeinte Nation auftreten zu können.

Jenseits dieser eher allgemeinen Ankündigungen beider Seiten blieben wichtige konkrete Themen den Gesprächen hinter geschlossenen Türen vorbehalten, an denen auf türkischer Seite auch Außenminister Hakan Fidan und Geheimdienstchef İbrahim Kalin teilnahmen. So redete Erdoğan öffentlich nicht darüber, wie sich das Verhältnis der Türkei zur Hamas weiter entwickeln soll – ob die Türkei beispielsweise bereit wäre, die Hamas-Führung unter Druck zu setzen, damit sie die Führungsrolle der PLO und von Präsident Abbas zukünftig akzeptiert.

Erdoğans Ärger

Erdoğan hat ja die Hamas lange unterstützt, Teile ihrer politischen Führung halten sich angeblich nach wie vor in der Türkei auf. Erdoğan ärgert sich, dass die Vermittlung zwischen der Hamas und Israel ausschließlich über Katar und Ägypten läuft, ohne dass er dabei einen Fuß in der Tür hat. Er versucht es deshalb seit längerem auf indirektem Weg.

Mit den Scheichs in Katar ist er bestens befreundet, und angesichts des Krieges in Gaza war er auch bereit, eine mehr als zehn Jahre andauernde Blockade der Sisi-Regierung in Kairo aufzugeben und dem herrschenden General vor zwei Wochen am Nil persönlich seine Aufwartung zu machen.

Erdoğan spekuliert darauf, bei der Überwachung eines möglichen länger andauernden Waffenstillstands mit türkischen Truppen dabei sein zu können, braucht dafür aber natürlich arabische Verbündete, die ebenfalls bereit wären, sich zu exponieren. Zuerst aber soll jetzt unbedingt ein befristeter Waffenstillstand zum Ramadan kommen. Katar hat bestätigt, dass die Verhandlungen darüber am Mittwoch fortgesetzt wurden. (Jürgen Gottschlich aus Istanbul, 6.3.2024)