Sie wirkt, sie ist teuer und hat starke Nebenwirkungen. Die Rede ist von der Stromkostenbremse, die von der türkis-grünen Regierung im Dezember 2022 eingeführt wurde. Die Idee war simpel: Um die extrem hohe Inflation in Österreich zu dämpfen, hat sich die Koalition damals dazu entschlossen, in den Markt einzugreifen und die Strompreise für Haushalte zu deckeln. Seither gilt: Bis zu einem Grundverbrauch von 2.900 Kilowattstunden (kWh) pro Jahr soll der Energiepreis maximal zehn Cent je Kilowattstunde betragen. Wenn ein Anbieter mehr verlangt, zahlt der Staat die Differenz an den Anbieter dazu.

Die Maßnahme hat laut Experten die Inflationsrate merklich gesenkt. Das hat freilich seinen Preis. Laut Budgetplan des Finanzministeriums, hat die Preisbremse allein im vergangenen Jahr 2,7 Milliarden Euro gekostet. Heuer dürften noch einmal mehr als 570 Millionen dazukommen, macht also deutlich über drei Milliarden an Gesamtkosten. Zum Vergleich: Das heimische Justizsystem kostet im Jahr deutlich weniger als drei Milliarden.

Schon immer wurde darüber diskutiert, welche Nebenwirkungen diese hohen Zuschüsse auf den Wettbewerb haben. Das Problem: Anbieter haben in diesem System einen Anreiz, ihre Preise künstlich hoch zu halten. Diese Debatte ist nun noch dringlicher geworden. Denn in den vergangenen Monaten sind die Preise an den Strombörsen nochmal spürbar gefallen. Seit Ende 2023, Anfang 2024 bieten erstmals Versorger in Österreich sogenannte Floater an, bei denen der Nettopreis für Strom sogar unter der Zehn-Cent-Marke liegt. Bei diesen Floatern ist der Preis flexibel, richtet sich direkt nach der Entwicklung des Markts. Der kleine Anbieter Gogreen Energy etwa verlangt derzeit bei seinem flexiblen Tarif um die acht Cent je Kilowattstunde netto für Strom, mit Steuern sind es zehn Cent.

Mehr als drei Milliarden Euro dürfte die Strompreisbremse am Ende des Tages gekostet haben.
IMAGO/Andreas Stroh

Während der Marktpreis stark gefallen ist, tut sich bei den etablierten heimischen Anbietern bei den Preisen eher wenig. Die großen Landesversorger verlangen bei Neuverträgen nach wie vor um die 20 Cent für Strom, heißt es bei der Aufsichtsbehörde E-Control. 19,8 Cent sind es etwa derzeit bei der EVN, inklusive Mehrwertsteuer. Laut E-Control gibt es mit Ausnahme der flexiblen Angebote lediglich einige kleinere Versorger, die inzwischen unter die 20-Cent-Marke gehen. Aber auch in diesem Fall bleiben die Angebote über zehn Cent.

Die Strompreisbremse dürfte eine Rolle dabei spielen, dass das Preisniveau langsam runterkommt. "Sie ist bei sinkenden Preisen sicherlich ein Hindernis dafür, stärkeren Wettbewerb entstehen zu lassen", sagt der Energiemarktexperte Lukas Stühlinger vom Dienstleister Fingreen.

Zwei Mechanismen sind am Werk

Zwei Mechanismen sind am Werk. Weil der Staat dafür sorgt, dass Kundinnen und Kunden ohnehin nicht mehr als zehn Cent je Kilowattstunde zahlen, haben auch Anbieter wenig Anreiz, mit ihren Preisen weiter hinunter zu gehen. Die Verbraucher würden das sowieso nur moderat spüren. "Von den Kunden kommt wenig Druck auf die Versorger in dieser Situation", sagt der Inflationsexperte des Wifo, Josef Baumgartner. Mechanismus zwei: Je mehr ein Anbieter für Strom verlangt, umso höher fällt der Zuschuss aus. Bezahlt wird ja vom Staat die Differenz: Liegt der Strompreis netto bei 28 Cent, bekommt der Versorger 18 Cent vom Staat. Senkt er den Preis auf 20 Cent, sinkt der Zuschuss auf zehn Cent.

Eine erste Entschärfung ist schon geplant. Bisher gilt, dass maximal 30 Cent bezuschusst werden, der Strompreis wird also maximal bis 40 Cent je Kilowattstunde gefördert. Ab Juli sind es nur mehr 15 Cent, bezuschusst werden also maximal 25 Cent. Damit wird das Fördervolumen, das sich Anbieter abholen können, reduziert. Aber ein wirklicher Druck, Preise runterzusetzen und in mehr Wettbewerb zu gehen, um Kunden anzulocken, entsteht auch so nicht. Die Preise bleiben gedeckelt. Wifo-Ökonom Baumgartner würde das erst für 2025 erwarten.

Wobei es hier einige Einschränkungen gibt: Subventioniert wird wie erwähnt der Verbrauch bis 2.900 Kilowattstunden. Laut E-Control bleibt die absolute Mehrzahl der Haushalte in den Städten unterhalb dieses Werts, es wird also der gesamte Verbrauch bezuschusst. Hier stellen sich auch laut dem E-Control-Chefökonomen Johannes Mayer die Fragen in puncto Wettbewerb. Für diese Personen zahle sich ein Wechsel in einen günstigen Floater-Vertrag derzeit nur minimal aus: Die Mehrwertsteuer auf Strom wird nicht vom Staat gefördert, dieser Betrag wird also auf den gesamten Strompreis fällig. Die mögliche Ersparnis für diese städtischen Haushalte durch einen Wechsel liege daher aktuell bei 80 bis 100 Euro im Jahr.

Für Menschen in Einfamilienhäusern mit höheren Verbrauch sehe die Rechnung schon anders aus, sagt Mayer. Hier gibt es einen extra Zuschlag bei der Strompreisbremse für Haushalte, in denen mehr als drei Personen wohnen. Aber ein typisches Haus mit einem Stromverbrauch von 4.000 Kilowattstunden plus merkt natürlich den Unterschied bei den Gesamtkosten je nach Tarif stärker.

Auf einen Blick
Inflationsrate in Prozent.
STANDARD

Die Strompreisbremse behindert im Prinzip den Wettbewerb und sorgt dafür, dass Anbieter einen Anreiz haben, ihre Preise tendenziell auf einem höheren Niveau belassen. Wie sich das praktisch auswirkt, ist schwerer zu beantworten. Während Österreich beim Anstieg der Gaspreise Europameister ist, verhält es sich bei Strom anders. Hier sind die Preise für Haushalte in Österreich moderater gestiegen als im Schnitt der übrigen EU-Länder. Das liegt auch an der Strompreisbremse, die im vergangenen Jahr dämpfend wirkte. Und jetzt, bei fallenden Preisen? Im Jänner 2024 war der Rückgang der Strompreise in der EU stärker als in Österreich: Um 6,4 Prozent sind die Preise für Elektrizität EU-weit gefallen im Vergleich zum Vorjahr, in Österreich betrug das Minus nur 3,4 Prozent.

Lässt sich aus dem Wert schon ablesen, dass in anderen Staaten die Strompreise stärker zurückgehen? Ökonom Baumgartner rät davon ab, einem Monatswert zu starke Bedeutung zuzumessen, die Entwicklung müsse aber beobachtet werden. Bisher sind die Gaspreise nicht stärker gefallen als die Strompreise, obwohl dort keine Preisbremse gilt. Auch das spricht dagegen, die negative Wirkung der Bremse zu überschätzten. Aber das kann sich natürlich noch ändern.

Dass sich bei der Strompreisbremse, die bis Ende 2024 verlängert wurde, noch etwas tut, gilt als fast ausgeschlossen. Sie abzuschaffen ist nicht zuletzt in einem Wahljahr wohl extrem schwer – trotz der Nebenwirkungen. (András Szigetvari, 7.3.2024)