Das FBI nahm D. am Mittwoch in Newark fest.
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In den USA steht einmal mehr der Verdacht chinesischer Spionage im Raum. Diesmal steht ein Softwareentwickler von Google im Fokus. Dem 38-Jährigen wird vorgeworfen, vertrauliche Daten zur KI-Entwicklung gestohlen zu haben. Die Geschäftsgeheimnisse soll Linwei D. laut Angaben von Google selbst an zwei in China ansässige Unternehmen weitergegeben haben. Wie AP berichtet, soll es sich um zahlreiche Dokumente handeln. Der chinesische Staatsbürger wird nun in Kalifornien angeklagt.

Am Mittwoch wurde D. in Newark, Kalifornien, wegen vierfachen Diebstahls von Geschäftsgeheimnissen verhaftet, wie aus einer Mitteilung des US-Justizministeriums hervorgeht. D. wurde im Jahr 2019 von Google eingestellt. Seine Aufgabe: Er entwickelte Software, die in den Supercomputing-Rechenzentren des Unternehmens eingesetzt wird. Zwischen Mai 2022 und Mai 2023 soll D. begonnen haben, heimlich Geschäftsgeheimnisse aus dem Google-Netzwerk abzuziehen. D. leitete die Dokumente an einen seiner privaten Accounts weiter. Insgesamt soll D. 500 Dateien mit geheimen Informationen auf diese Weise weitergeleitet haben. Der Inhalt dieser Dateien ist brisant, enthalten sie doch die "Bausteine" von Googles KI-Infrastruktur, wie es in der Anklageschrift heißt.

Wenige Wochen nach dem Beginn der Diebstähle bekam D. einen Posten als Chief Technology Officer bei einem chinesischen Tech-Start-up. Sein monatliches Gehalt betrug 15.000 US-Dollar plus Boni und ein Aktienpaket. Außerdem soll D. bei der Kapitalbeschaffung des Unternehmens geholfen haben. Das alles geschah während eines fünfmonatigen Besuchs in China im Jahr 2022, also während D. noch bei Google arbeitete.

Kollege täuschte D.s Anwesenheit vor

Am 26. Dezember 2023 kündigte D. bei Google. Drei Tage später erfuhr Google, dass D. bei einer Investorenkonferenz in Peking als CEO eines chinesischen Unternehmens auftrat. Die Firma soll laut Anklageschrift von D. selbst gegründet worden sein und sich mit künstlicher Intelligenz sowie maschinellem Lernen beschäftigen. Außerdem erhielt das Unternehmen staatliche Förderungen. Ein Kollege habe, während D. auf Reisen war, mithilfe eines Zugangsausweises den Eindruck erweckt, als sei D. zur Arbeit erschienen, obwohl er sich in China aufhielt. Google sperrte daraufhin den Laptop sowie den Netzwerkzugang von D. Dabei wurden schließlich die unerlaubten Uploads entdeckt. Später fand das FBI bei einer Hausdurchsuchung mehr als 500 Dateien auf den persönlichen Konten des Angeklagten.

Google betreibt ein eigenes System, welches das Unternehmen eigentlich vor einem solchen Datenverlust schützen soll. Wie D. es geschafft hat, diese Sicherheitsschleifen auszuhebeln, geht aus der Anklageschrift nicht hervor. D. droht nun eine Haftstrafe von zehn Jahren für jedes der vier Delikte, die ihm vorgeworfen werden. Zusätzlich könnte D. zur Zahlung von einer Million Dollar Strafe verurteilt werden.

"Wir haben strenge Sicherheitsvorkehrungen, um den Diebstahl unserer vertraulichen Geschäftsinformationen und Geschäftsgeheimnisse zu verhindern", teilte Google in einer Erklärung mit. "Nach einer Untersuchung haben wir festgestellt, dass dieser Mitarbeiter zahlreiche Dokumente gestohlen hat, und wir haben den Fall schnell an die Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet. Wir sind dem FBI dankbar für seine Hilfe beim Schutz unserer Informationen und werden weiterhin eng mit ihm zusammenarbeiten."

Spannungen zwischen USA und China

Zwischen den USA und China herrschen aktuell Spannungen, vor allem wegen der Verbindungen des Silicon Valley nach China. Die Regierung von Joe Biden hat jüngst US-Unternehmen verboten, in China in die Bereiche Quantencomputer, fortschrittliche Chips und künstliche Intelligenz zu investieren. Damit möchten die USA dem chinesischen Militär den Zugang zu amerikanischer Technologie verwehren. Immer wieder werden auch Einzelpersonen angeklagt. Jüngst war es ein ehemaliger Mitarbeiter von Apple. Dieser soll Daten über das letztlich eingestellte selbstfahrende Auto von Apple gestohlen haben und nach China geflüchtet sein. "Die heutige Anklage ist das jüngste Beispiel dafür, wie weit Tochtergesellschaften von Unternehmen mit Sitz in der Volksrepublik China zu gehen bereit sind, um amerikanische Innovationen zu stehlen", sagte FBI-Direktor Christopher Wray. (pez, 7.3.2024)