Österreichs Fahrradboten kämpfen seit Monaten um höhere Gehälter. Wie tausende Paketzusteller sind sie das letzte Glied einer Kette, die von Lohn- und Sozialdumping geprägt ist. Dass ihnen Arbeitgeber die Abgeltung der Inflation verweigern, ist demütigend. Die Mindesteinkommen der Kuriere liegen nur knapp über der Armutsgrenze.

Fahrradbote
Der Arbeitsalltag vieler Fahrradboten ist hart und schlecht bezahlt.
imago images/Stefan Zeitz

Viel schwerer wiegen politische Versäumnisse. Österreich hätte es in der Hand, verstärkt gegen Scheinselbstständigkeit vorzugehen, die jeden Kollektivvertrag aushebelt. Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) mag kein Freund der Regulierung sein. Weiter zuzusehen, wie die internationale Plattformökonomie Sozialrechte mit Füßen tritt, weil sie sich durch fehlende Anstellungen Lohnnebenkosten sparen will, ist aber grob fahrlässig.

Was spricht gegen die Umkehr der Beweislast und den Ausbau der Kontrollen, um Prüfverfahren bei den Dienstverhältnissen zu beschleunigen? Warum werden freie Dienstnehmer nicht ins Arbeitsverfassungsgesetz eingegliedert? Dies würde es den Sozialpartnern erleichtern, faire Rahmenbedingungen für das wachsende Heer an modernen Tagelöhnern zu schaffen.

Digitale Plattformarbeit ist kein zartes Pflänzchen mehr. Es herrscht Wildwuchs zulasten der Beschäftigten und jener Unternehmer, deren Geschäftsmodelle nicht auf Ausbeutung basieren. Der Preis, den die Gesellschaft für schnelle Lieferungen bis vor die Haustür zahlt, ist zu hoch. (Verena Kainrath, 7.3.2024)