Tiktok Logo und Flagge der USA
Tiktok mobilisiert seine US-Nutzer mit der Warnung vor einem Aus in den USA.
REUTERS/Dado Ruvic

Der US-amerikanischen Politik ist die App Tiktok schon länger ein Dorn im Auge, ist sie doch die einzige große Plattform, die nicht von einem US-Konzern kontrolliert wird. Immer wieder wird den Betreibern vorgeworfen, Daten an die chinesische Regierung weiterzugeben. Daher stand eine Abstimmung auf dem Programm, welche einen Verkauf von Tiktok durch das chinesische Unternehmen Bytedance zum Inhalt hatte. Dadurch soll die App der chinesischen Kontrolle entzogen werden. Der offizielle Name dieses Gesetzes: Protecting Americans from Foreign Adversary Controlled Applications Act.

Bytedance wehrte sich gegen dieses Vorhaben mit einem Appell an die Userinnen und User: Sie wurden in der App aufgefordert, durch Tippen auf einen Button ihre Abgeordneten anzurufen und diese aufzufordern, gegen ein Verbot zu stimmen. Der Schuss ging jedoch nach hinten los: Die Büros der Politiker wurden mit Anrufen geradezu überhäuft, sodass die Angestellten teils keine andere Wahl hatten, als die Telefone komplett abzuschalten.

"Lügen" und "Einschüchterungen"

In einem Artikel von "Axios" heißt es, dass dies erst recht dazu geführt haben könnte, dass die Abgeordneten für den Verkauf stimmten. Kritisiert wird von den Abgeordneten aber auch die von Tiktok gegenüber den Usern erhobene Behauptung, die Regierung plane ein komplettes Verbot der App. "Hier haben Sie ein Beispiel für eine von einem Gegner kontrollierte Anwendung, die das amerikanische Volk belügt und sich in den Gesetzgebungsprozess im Kongress einmischt", sagt etwa der für den Gesetzesentwurf verantwortliche Abgeordnete Mike Gallagher auf X, vormals Twitter. Im Video bezeichnet er die Anrufe außerdem als "Einschüchterungen".

Laut einem Artikel von "The Verge" ist es nicht das erste Mal, dass Tiktok versucht hat, mit derartigen Mitteln Stimmung für bestimmte politische Entscheidungen zu machen. Als 2023 ein ähnliches Gesetz an Fahrt gewann, machte Tiktok-CEO Shou Zi Chew in einem Video auf der Plattform Stimmung dagegen. Dem Video zufolge hat Tiktok in den USA 150 Millionen User, die sich mindestens einmal pro Monat dort einloggen, aktuelle Angaben sprechen gar von 170 Millionen Usern – mehr als die Hälfte der Bevölkerung. Mehr als fünf Millionen amerikanische Unternehmen nutzen die App für Marketingzwecke. Rund 7.000 Menschen arbeiten in den USA für Tiktok.

Nach der Abstimmung für den Verkauf der US-Tochter hat der chinesische Eigentümer Bytedance nun sechs Monate Zeit, sich von der Kurzvideo-App zu trennen. Die Abgeordneten wollen die Maßnahme schnell vorantreiben. Das US-Repräsentantenhaus könnte deshalb die Vorlage bereits in der kommenden Woche behandeln.

Drohendes Verbot

Am Dienstag hatte eine überparteiliche Gruppe von Abgeordneten den Gesetzesvorschlag vorgelegt, der Bytedance dazu zwingen würde, Tiktok innerhalb von 165 Tagen zu veräußern. Kommt das Unternehmen der Aufforderung nicht nach, droht der App ein Verbot. Tiktok hatte in USA zuvor jedoch mehrere Sperrversuche überstanden.

Tiktok weist die Bedenken der US-Behörden bezüglich einer etwaigen Weitergabe von Daten an die chinesische Regierung stets zurück und betont, man sehe sich nicht als Tochter eines chinesischen Unternehmens. Bytedance sei zu 60 Prozent im Besitz westlicher Investoren, der Firmensitz liege auf den Cayman-Inseln in der Karibik. Kritiker kontern, dass die chinesischen Gründer bei einem Anteil von 20 Prozent die Kontrolle dank höherer Stimmrechte halten und Bytedance eine große Zentrale in Peking habe. (APA, stm, 8.3.2024)