Cowgirl Jamie (Margaret Qualley) und Bücherwurm Marian (Geraldine Viswanathan) entdecken etwas in ihrem Kofferraum. Was ist es wohl?
Cowgirl Jamie (Margaret Qualley) und Bücherwurm Marian (Geraldine Viswanathan) entdecken etwas in ihrem Kofferraum. Was ist es wohl?
Focus Features

Die Coen-Brüder haben sich getrennt. So sieht’s zumindest aus. Denn wo sich Joel Coen mit The Tragedy of Macbeth vor drei Jahren in die Sphäre der Hochkultur begeben hat, liefert Ethan Coen nun ein ziemlich trashiges, lesbisches Roadmovie ab. An seiner Seite steht diesmal seine Ehefrau und die langjährige Coen-Brüder-Schnittmeisterin Tricia Cooke. Die beiden sind zwar seit langem verheiratet und haben Kinder, sie führen aber eine offene Ehe – nicht zuletzt deshalb, weil Cooke lesbisch ist.

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Warum ist das wichtig? Filme mit bestimmten thematischen Ausrichtungen brauchen ein Schöpfersiegel. Und wenn Cooke nicht wäre, dann hätte man Drive-Away Dolls leicht als klamaukige Sexfantasie eines alternden Regisseurs abtun können. Jetzt ist es die klamaukige Sexfantasie eines alternden, polyamourösen Ehepaars. Was viel interessanter ist.

Cowgirl trifft Bücherwurm

In Drive-Away Dolls spielt die wunderbare Margaret Qualley das ziemlich sexbesessene Cowgirl Jamie, das gleich zum Filmbeginn einen Orgasmus faken darf. Das sollte man aber nicht zu ernst nehmen, denn der Film bedient sich der Coen’schen Ironie und dreht diese auch noch durch die Genrefilmmangel. An Jamies Seite ist Marian (Geraldine Viswanathan), eine schüchterne Lesbe, die lieber Bücher liest als auf Aufriss geht.

Das ungleiche Gespann findet sich nun in einer Fahrgemeinschaft Richtung Florida wieder – ausgerechnet in dem Auto, in dem illegale Ware gelagert wurde. Und so heften sich zwei trottelige Gangster an die Fersen von Jamie und Marian, die sich auf ihrem Roadtrip natürlich näherkommen.

Sexfantasie mit Cowboyboots

Zur Info: Der Film wurde Anfang der 2000er-Jahre geschrieben und spielt Ende der 1990er. Und beides merkt man ihm an, nicht unbedingt auf eine gute Art. Denn die großmäulige Lesbenidylle, durch die Jamie die schüchterne Marian navigiert ist dann doch ein wenig zu viel: von Knutschpartys mit Highschool-Fußballmannschaften über Lesbenbars mit dem Augenzwinkernamen Buttertöpfchen bis hin zur Cowboystiefel-Sexfantasie.

Hinzu kommt der nervtötend-erzwungene Südstaatenakzent Qualleys. Wenn sich die heiße Ware, deren Entdeckung natürlich durch die MacGuffin-Perspektive gefilmt wird, als etwas entpuppt, das Jamie sehr gut brauchen kann (und damit ist nicht Geld gemeint), dann überrascht das höchstens nur noch durch die selbstbewusste Ungeniertheit.

Pulp-Drehbuch

Abseits dessen ist das pastichehafte Drehbuch überaus schablonenhaft, und nicht einmal die filmischen Verweise auf 1970er-Sexploitation à la Russ Meyer oder die Roadmovies der 1990er – Natural Born Killers oder Thelma and Louise – trösten darüber hinweg.

Vielleicht aber wird Drive-Away Dolls eben wegen seines Trashcharakters zum kultigen Liebling einer queeren, jüngeren Generation. Dass es nur kurze, "cringige" Filmschnipsel braucht, um Social Media in Aufruhr zu versetzen, hat ja schon Saltburn gezeigt. (Valerie Dirk, 8.3.2024)