Onlinegames und Kommunikationsplattformen mit Fokus auf Spielen rücken in den Fokus der US-Bundesbehörden. Sie sollen in der Vergangenheit immer wieder eine Rolle gespielt haben, wenn es um die Radikalisierung junger Menschen und die Verbreitung extremistischer Ideologien ging, die schließlich die Triebfeder für Bluttaten waren. Beispiele sind etwa der Angriff auf zwei Moscheen im neuseeländischen Christchurch 2019 und die Ermordung von zehn Afroamerikanern in einem Supermarkt im texanischen Buffalo 2022.

Beide Täter hatten ihre Anschläge auf Facebook bzw. Twitch online übertragen und sollen zuvor stark auf verschiedenen Plattformen aktiv gewesen sein, um ihre Ansichten zu verbreiten und Taten anzukündigen. Darunter auch Discord, das nach heutigem Stand rund 150 Millionen Nutzer weltweit hat. Discord gehört nun auch zu fünf Unternehmen, mit denen die US-Bundesbehörden – genauer gesagt das Innenministerium (DHS) und die Bundespolizei (FBI) – in engerem Austausch ist. Das geht aus einem Bericht des Government Accountability Office (GAO) hervor.

Auf Strategiesuche

Diesem Austausch ging wiederum eine 17-monatige Untersuchung des GAO inklusive zahlreicher Expertenstatements voraus, berichtet "The Intercept". Dieses war vom Homeland Security Committee des US-Kongresses aufgefordert worden, die Nutzung von sozialen Medien und Gamingplattformen durch inländische Terroristen aufzuarbeiten. Der zugehörige Bericht kam zu dem Fazit, dass es dem DHS und FBI an einer gemeinsamen Strategie mangelt, um mit Firmen im Gaming-Bereich umzugehen. Empfehlung, eine solche zu entwickeln, wurde vom DHS aufgegriffen, die nun laufenden Gespräche sind ein Resultat davon. Man geht davon aus, bis zum 28. Juni eine gemeinsame Strategie vorlegen zu können.

Auch Discord, die größte Kommunikationsplattform der Welt mit Gaming-Fokus, zählt zu den fünf Unternehmen, die sich regelmäßig mit DHS und FBI treffen.
REUTERS/DADO RUVIC

Neben Discord sind auch Reddit und Roblox involviert. Dazu kommen ein Games-Publisher sowie ein Social-Media-Unternehmen, die auf eigenen Wunsch hin nicht namentlich im GAO-Bericht aufscheinen. Die Treffen können von den Firmen unter anderem dafür genutzt werden, den Behörden Informationen über Aktivitäten zukommen zu lassen, die etwa der Bewerbung gewalttätiger Terrorakte in den USA dienen. Grundsätzlich können sie auch Auskunft über andere Aktivitäten geben, die ihre Nutzungsbedingungen verletzen.

Das ist für sie ein neuer Kommunikationskanal, denn bisher übermittelten sie Hinweise an die Büros des FBI, von denen es landesweit 56 gibt. Im Gegenzug erhielten sie immer wieder Briefings von den Behörden über drohende Gefahren. Das US-Bundesrecht stuft gewalttätigen Inlandsterrorismus nicht als eigene Form von Verbrechen ein. Das FBI und DHS klassifizieren ihrerseits bestimmte Taten aber sehr wohl in fünf verschiedene Kategorien dieser Form des Terrorismus. Diese sind "rassistisch/ethnisch motivierter Extremismus", "Umwelt- und Tierrechts-Extremismus", "Anti-Regierungs-Extremismus", "Extremismus in Zusammenhang mit Abtreibung" sowie eine weitere Einstufung für andere als Inlandsterrorismus betrachtete Taten.

Immer wieder Warnungen

Das Vorgehen von DHS und FBI ist aber auch Teil einer breiteren Offensive gegen Inlandsterrorismus als Reaktion auf den Sturm auf das US-Kapitol am 6. Jänner 2021. An seinem ersten vollen Tag im Amt wies der demokratische Präsident Joe Biden seine Sicherheitsberater an, die aktuellen Maßnahmen der Bundesbehörden in diesem Bezug zu überprüfen. 2021 veröffentlichte man erstmals eine Strategie zur Bekämpfung von Inlandsterrorismus. Darin ist festgehalten, dass "Online-Gamingplattformen" als Ort für "die Rekrutierung und Mobilisierung für inländischen Terrorismus" genutzt werden. Nach Einschätzung der Verantwortlichen würden Angreifer sich oft unabhängig voneinander radikalisieren, in dem sie extremistisches Material im Netz konsumieren und dann ohne Anweisung durch eine Organisation selbst zur Tat schreiten. Das erschwert es, potenzielle Täter im Vorfeld zu finden und rechtzeitig einzugreifen.

Es ist nicht die erste Warnung dieser Art, 2019 kam man in einem internen Bericht, der gemeinsam vom FBI, DHS, Joint Special Operations Command und dem National Counterterrorism Center erarbeitet wurde, ebenfalls zu dem Schluss, dass Gamingplattformen durch Extremisten zur Verbreitung ihrer Ideologie missbraucht werden könnten. Die NGO Anti-Defamation League erklärte bei Stellungnahmen im Kongress ebenfalls schon 2019, dass Gamingplattformen zur Verbreitung radikaler Botschaften genutzt werden. Auf die Frage eines Abgeordneten, ob man verdächtige Gespräche vielleicht mithilfe einer KI ausfindig machen könnte, antwortete die damalige Vizechefin für internationale Angelegenheiten, dass es vor allem bessere Regulierung brauche.

Trump klagte über gewalttätige Videospiele

Die damals noch amtierende Regierung Trump ergriff allerdings keine konkreteren Maßnahmen. Trump selbst äußerte sich 2019 nach dem Anschlag auf einen Supermarkt in El Paso (Texas) mit 22 Toten und der wenige Stunden später ausgeführten Attacke auf eine Bar in Dayton (Ohio) nur vage zum Thema und sah das Problem offenbar nicht bei den Plattformen. "Wir müssen die Glorifizierung von Gewalt in unserer Gesellschaft bekämpfen", so der vormalige Präsident. "Das beinhaltet auch die grauenhaften Videospiele, die es heute überall gibt."

Das Statement erinnert an einige Reaktionen auf Amokläufe in Deutschland in den 2000er-Jahren, insbesondere jenen 2002 in Erfurt. Damals schoben verschiedene Politiker ebenfalls der Gewaltdarstellung in Videospielen die Schuld an den Taten zu. Wissenschaftlich fehlt es bis heute an klaren Belegen für diesen behaupteten Zusammenhang. (gpi, 12.3.2024)