Sophie Ellis-Bextor, virale Hits
Die britische Sängerin Sophie Ellis-Bextor gastiert am Samstag mit ihrem alten Song "Murder on the Dancefloor" im ausverkauften Wiener Wuk. Eigentlich ist sie längst mit dem Podcast und Buch "Spinning Plates" über die Probleme berufstätiger Mütter erfolgreich.
Cooking Vinyl

Manchmal zahlt es sich auf jeden Fall aus, wenn man blankzieht. Die britische Sängerin Sophie Ellis-Bextor dürfte sich zum Beispiel freuen, dass am Ende des kontrovers diskutierten Netflix-Films Saltburn der von Barry Keoghan dargestellte Mörder und Erbschleicher Oliver Quick zu ihrem 2001 veröffentlichten (und bis dato einzigen wirklich erfolgreichen) Song Murder on the Dancefloor nackt durch seine frisch erbeuteten Besitztümer tanzt.

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Der späte Geldsegen und der hohe Wiedereinstieg in die internationalen Charts verdanken sich heute natürlich ausschließlich diversen viralen Effekten in Social Media. Vor allem junge Menschen scheinen auf die Musik ihrer Eltern extrem positiv zu reagieren. Ein Phänomen, das man in der Geschichte der Popmusik bisher eher selten beobachten konnte. Immerhin war die Musik der Nachwachsenden eigentlich immer dazu gedacht, die Alten schlichtweg zu ärgern.

Erst tiktoken ...

Den Alten kann es recht sein. Sie müssen sich nicht mit Neuem beschäftigen und können sich ganz auf den geistigen Verfall in der Nostalgie konzentrieren. Kennt hier irgendwer noch das Lied Wenn der Teekessel singt aus der TV-Werbung von Cat Stevens, in dem Vater und Sohn das Lob des Aufgussgetränks anstimmen? Schmäh.

Alte Lieder, die auf Tiktok viral gehen, haben schon Tradition. Derzeit dominiert zwar handelsübliches aktuelles Hightech-Zeug wie Beyoncé, Taylor Swift, Ariana Grande oder Dua Lipa. Überhaupt verdanken sich ganze zeitgenössische Popkarrieren wie etwa jene von Olivia Rodrigo oder Lil Nas X ausschließlich Tiktok und seinen Userinnen aus der Generation Z. Die Musikindustrie plant in Hinsicht auf die Produktion der Musik diesbezüglich längst für Tiktok. Keine langen Einleitungen, schnell zum Refrain. Die Songs bitte eher kurz. Konzentrieren und Belastung der Aufmerksamkeitsspanne machen nur Ungeduld und schlechte Laune.

... dann spotifyen

Man geht davon aus, dass weit über die Hälfte der Leute, die ein Lied in sozialen Netzwerken hören, bei entsprechendem Gefallen zu Streamingdiensten wie Spotify wechseln und den Song in ganzer, aber nicht zu langer Länge hören. Bei entsprechenden Zugriffszahlen gibt es im Zeitalter der digitalen Musik auch entsprechendes Geld. Entsprechend angenehm ist es für die Industrie natürlich, wenn in Film und Werbung altes Material von alten Acts verwendet und anschließend über Social Media verbreitet wird. Man muss keine neuen Künstler aufbauen, sprich, man hat keine Produktions- und Marketingkosten.

Nach Fleetwood Mac und ihrem Golden Oldie Dreams von 1977, das aufgrund eines unbedarften privaten Skateboardvideos auf Tiktok 2022 viral ging und anschließend wieder in den Charts hochschoss, oder dem Lied Running Up That Hill von Kate Bush aus dem Jahr 1985, das dank der Netflix-Serie Stranger Things 2022 wieder zum unverhofften Erfolg mit einem ersten Platz in den internationalen Billboard-Charts wurde (with a little help from the lockdowns), gibt es aktuell einen neuen alten Anwärter für einen späten Erfolg in den Charts.

Tenacious D

In Kung Fu Panda 4, dem aktuellen Blockbuster für die ganze Familie, singt US-Komiker Jack Black als Stimme des titelgebenden Nudelsuppenkriegers Po im Abspann den alten Britney-Spears-Hit ... Baby One More Time von 1999. Jack Black ist natürlich nicht ganz blöd und beliefert die sozialen Kanäle auch selbst mit lustigen Gesangseinlagen. Zuletzt war die Filmkarriere ja nicht so mit Erfolg gesegnet.

Sophie Ellis-Bextor wird ihren Discohadern Murder on the Dancefloor übrigens am Samstag, 16. 3., im kleinen und längst ausverkauften Saal des Wiener Wuk singen. Ihr Management konnte im Vorjahr bei der Planung ihrer aktuellen Tournee ja nicht ahnen, dass da Saltburn und ein Nackttanz im Busch waren. Langfristig gesehen versprechen die alten Hits ohnehin keinen neuen Karriereschub. Zumindest aber das Börserl freut sich auf ein unerwartetes Zusatzeinkommen für den Ruhestand. (Christian Schachinger, 15.3.2024)