Elon Musk laufen die Nutzer in Scharen davon.
AFP/ALAIN JOCARD

Schlechte Nachrichten gibt es für Elon Musk und seine Plattform X (vormals Twitter). Nicht nur sind die Werbeeinnahmen durch Großkunden eingebrochen, nun kehren auch die Nutzerinnen und Nutzer der Plattform in Scharen den Rücken. Laut Daten der jüngsten Infinite-Dial-Umfrage ging die Zahl der aktiven Nutzerinnen und Nutzer auf X um rund 30 Prozent zurück.

Die Umfrage wird in den USA seit 1998 regelmäßig von Edison Research durchgeführt und ist eine der größten ihrer Art. In regelmäßigen Abständen wird die Mediennutzung der US-Amerikanerinnen und Amerikaner abgefragt. In den Jahren 2022 und 2023 gaben noch 27 Prozent der Befragten an, dass sie Twitter oder X aktiv nutzen. Bei der aktuell durchgeführten Studie gaben nur noch 19 Prozent der Befragten an, dass sie die Plattform aktiv nutzen. Eine derart heftige Schwankung sei unglaublich selten und bemerkenswert, wie das Marktforschungsunternehmen berichtet.

Eine Abwärtsspirale

Twitter, heute X, war einst eine stolze Plattform: Zwar reichten die Userzahlen nie an jene der "großen" wie Facebook, Instagram oder Tiktok heran, und auch monetär waren die Zeiten nicht immer rosig. Aber: Twitter war das politisch wohl einflussreichste soziale Medium. Hier wurde spätestens seit der Amtszeit von Donald Trump Politik gemacht. Vor allem US-Politiker nutzten den Kurznachrichtendienst, um ein politisch interessiertes Publikum anzusprechen und Themen zu setzen.

Dann kam Elon Musk. Er kaufte die Plattform letztendlich nicht ganz freiwillig um 44 Milliarden US-Dollar. Seitdem ist Musk dringend auf der Suche nach neuen Einnahmenquellen: Er änderte das Verifizierungssystem und stellte auf ein Abo-Modell um. Er kündigte einen Großteil der Belegschaft, darunter das Moderationsteam, und holte als selbsternannter "Kreuzritter der Meinungsfreiheit" Verschwörungstheoretiker, Rechtsradikale oder Frauenhasser auf die Plattform zurück, nachdem diese unter dem alten Management verbannt worden waren.

Antisemitismus und Desinformation

Dazu kamen noch Elon Musks zunehmend radikalere Aussagen. Im Herbst des Vorjahres kam es zu einem handfesten Skandal, als Musk über eine angebliche jüdische Weltverschwörung twitterte und antisemitische Verschwörungstheorien verbreitete. Die ohnehin schon strauchelnde Plattform hatte auf einmal ein neues Problem: Die großen Werbekunden zogen sich zurück. Riesen wie Disney, IBM, Apple, Paramount, Warner Bros, Sony, Comcast und Ubisoft drehten Elon Musks Plattform, die mittlerweile X hieß, den Werbegeldhahn zu.

Später wurden auch die Geldgeber nervös: Der Wert der Plattform fiel von 44 Milliarden auf 15 Milliarden US-Dollar, die Banken mussten zwei Milliarden von den 13 Milliarden US-Dollar schweren Krediten von der Übernahme Musks abschreiben. Schon im Herbst des Vorjahres deutete die Geschäftsführerin von X einen Nutzerschwund an. Sie sprach von 225 Millionen aktiven Nutzerinnen und Nutzern.

In Europa gibt X laut den Transparenzverpflichtungen des Digital Services Acts eine Nutzerbasis von 61,8 Millionen an. Dabei handelt es sich aber um "angemeldete Nutzer", also nicht zwingend um aktive Nutzer. Die Plattform betont aber auch, dass man 41,1 Millionen "abgemeldete Gäste", also Menschen, die entweder kein Nutzerkonto haben oder abgemeldet waren, verzeichnet habe. Laut den Darstellungen von X hätte man in Europa fast eine Million Accounts dazugewonnen, wobei Bots laut Angaben des Unternehmens nicht gezählt werden. (pez, 12.3.2024)

Nachlese

Elon Musks Führungsstil wird für X zum finanziellen Desaster

Antisemitismus: Ubisoft stoppt Werbekampagnen auf X

Links

Umfrage Edison Research