Erde, Sonne, Mond und Mars
Nicht nur der Mond beeinflusst die Erde, sondern auch der Mars.
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Die Gestirne haben einen erheblichen Einfluss auf die Erde. Das hat nichts mit Horoskopen und Wahrsagerei zu tun: Ohne die Sonne wäre Leben auf unserem Planeten nicht möglich, und der Mond sorgt unter anderem für Ebbe und Flut. Sogar der Mars mischt mit, wie eine aktuelle Studie zeigt – wenngleich in weitaus größeren Zeitspannen. Die Dauer eines Zyklus? 2,4 Millionen Jahre.

Sogar mit einem wärmeren Klima hängt die Konstellation der Umlaufbahnen von Mars und Erde zusammen, wie das Forschungsteam um den deutschen Geophysiker Dietmar Müller von der Universität Sydney herausfand. Schon der Astronom Johannes Kepler hatte vor rund vierhundert Jahren festgestellt, dass sich die Erde und andere Planeten nicht auf einer perfekten Kreisbahn um die Sonne drehen, sondern eher in Ellipsen.

Exzentrisch eiernde Erde

Mal sind sich die Umlaufbahnen und die Planeten näher, mal weniger nah. Ist die Erde besonders exzentrisch, heißt das, dass sie besonders stark um die Sonne herumeiert – ihre Umlaufbahn ist also nicht sehr nah an einem perfekten Kreis.

Orbits Erde und Mars um die Sonne
Die Orbits von Erde und Mars um die Sonne in einer schematischen Darstellung.
Nasa

"Die Gravitationsfelder der Planeten im Sonnensystem beeinflussen sich gegenseitig", sagt Müller. Diese Wechselwirkung nennt man Resonanz, in diesem Fall eine Resonanz zwischen Erde und Mars. Mit dieser Resonanz verändert sich also, wie nahe die Bahn eines Planeten an der Kreisbahn liegt – nach einem vorhersehbaren beziehungsweise berechenbaren Muster. Diese Muster, große astronomische Zyklen, sorgen für gewisse Veränderungen im Laufe von Millionen von Jahren. Das zeigten Dietmar Müller, seine Kollegin Adriana Dutkiewicz und Paläoklimaforscher Slah Boulila von der Pariser Sorbonne im Fachjournal "Nature Communications" am Beispiel Mars.

Denn je exzentrischer die Erde ist, desto näher und ferner kann sie der Sonne stehen. Daher sind in den Phasen starker Ellipsen der Umlaufbahn die Jahreszeiten extremer. Dann sind sich auch Mars und Erde relativ nah, der Einfluss des Mars auf die Erde ist dann maximal, erklärt Müller. In einer anderen Studie wurde die Folge für die Temperatur und das Klima auf der Erde berechnet: Dann ist es um durchschnittlich 1,75 Grad Celsius wärmer, als wenn die Erde auf einer sehr runden Bahn unterwegs ist.

Nächste heiße Phase in der Zukunft

Wie die Fachleute in der neuen Forschungsarbeit nun auch anhand von Bohrungen in der Tiefsee demonstrieren konnten, dürfte auf der Erde tatsächlich alle 2,4 Millionen Jahre die ankommende Sonnenenergie höher sein. Die Universität Sydney machte in einer Aussendung ausdrücklich darauf aufmerksam, dass die Zyklen nichts mit der aktuellen rasanten Erderhitzung zu tun haben, die hauptsächlich auf die Treibhausgase aus der industriellen Produktion zurückgeht. "Die letzte Warmphase war vor 1,4 Millionen Jahren", sagt Müller auf Nachfrage des STANDARD. Die nächste "heiße Phase" aufgrund der Resonanz von Mars und Erde ließe sich also in einer Million Jahren beobachten. Zumindest, wenn es dann noch Menschen gibt.

Das Besondere an der Studie ist: Diese astronomischen Zyklen lassen sich zwar durch astronomische Modelle vorhersagen, "sie werden aber selten in geologischen Datensätzen nachgewiesen", schreiben die Fachleute in einem Artikel in "The Conversation". Sie analysierten Meeresbodenproben, die einen Zeitraum von 65 Millionen Jahre abdecken. Dabei stellten sie fest, dass im 2,4-Millionen-Jahre-Zyklus die Tiefenströmungen in den Ozeanen der Erde in den warmen Phasen stärker sind. Das heißt auch: Ist es aufgrund dieses Zyklus wärmer, gibt es auch stärkere Strömungen in den Meeren. Sehen konnten die Erstautorin und ihre Kollegen dies daran, dass sich in solchen Phasen wegen des schneller vorbeifließenden Wassers weniger Sedimente am Ozeanboden ablagern, so kommt es zu "Brüchen" in den Aufzeichnungen.

Kippen des Golfstroms abgeschwächt?

Meeresströmungen waren jüngst in den Schlagzeilen, weil Wissenschafterinnen und Wissenschafter in einer Studie Hinweise auf ein mögliches "Kippen" des Golfstroms fanden. Fachleute sprechen von der atlantischen meridionalen Umwälzzirkulation (AMOC). Wird diese Strömung auch im Zuge der globalen Erwärmung langsamer, hätte dies etwa zur Folge, dass es im Nordwesten Europas kälter werden würde.

Die Effekte eines AMOC-Kollapses könnten die Tiefseeströmungen womöglich zum Teil abfangen, vermuten Müller und sein Team. "Wir wissen, dass es mindestens zwei verschiedene Mechanismen gibt, die zur Stärke der Tiefseewassermischung in den Ozeanen beitragen", sagt der Geophysiker. "Die AMOC ist einer davon, aber die Tiefenwasserwirbel scheinen in warmen Klimazonen eine wichtige Rolle für die Belüftung des Ozeans zu spielen."

Die Daten machen deutlich: Wärmere Ozeane haben stärkere Tiefseeströmungen. "Dies wird möglicherweise verhindern, dass der Ozean stagniert, selbst wenn sich die atlantische meridionale Umwälzzirkulation verlangsamt oder ganz aufhört", sagt Erstautorin Adriana Dutkiewicz.

Die Tiefseewhirlpools, die auch das Nahrungsnetz der Ozeane durch den Austausch von Sauerstoff und organischem Material beeinflussen, hätten freilich nicht die gleiche Wirkung wie die atlantische Umwälzströmung, wenn es um den Transport von Wassermassen aus niedrigen in hohe Breiten und umgekehrt geht. Durch den massiven menschlichen Einfluss auf die globale Erwärmung könnten die Strömungen der Tiefsee aber schneller aktiv werden, als die Planeten dies bewirkt hätten. (sic, 1.4.2024)