Fast könnte man meinen, Martina Gedeck steckt noch in den Dreharbeiten. Der Raum im Berliner Hotel, in dem sie zum Gespräch bittet, ist eher duster. Dunkler Teppich, karge Stühle. Vor dem Fenster das Grau der Großstadt.

Viele wollen auf die Insel. Doch Chefin Beatrice (Martina Gedeck) und die Einheimischen lassen sie nicht.
Viele wollen auf die Insel. Doch Chefin Beatrice (Martina Gedeck) und die Einheimischen lassen sie nicht.
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Auch auf Deutschlands einziger Hochsee-Insel – in der Nordsee – dominieren die gedeckten und trüben Farben. Natürlich hätten sie dort viel Licht, wunderbaren Himmel und das Meer. Aber Urlaubsfeeling will sich in der neuen Sky-Serie Helgoland 513 nicht einstellen. Es gibt auch gar keine Urlauberinnen und Urlauber mehr. Nur 513 Inselbewohnerinnen und -bewohner, die sich auf Helgoland scharen, um zu überleben.

Wir sind im Jahr 2039. Eine Pandemie hat die Welt im Griff. Das nicht so weit entfernte Hamburg ist verseucht, es herrscht Anarchie, die letzten Überlebenden hetzen durch die zerstörte Stadt. Da haben es die Helgoländer und Helgoländerinnen deutlich besser. Ihr abgelegenes Eiland ist vom Grauen verschont geblieben.

Globale Apokalypse & Überlebenskampf - Helgoland 513 | Offizieller Trailer | Sky
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"Am Anfang der Dreharbeiten, im Herbst 2022, waren wir noch in der Corona-Pandemie. Die Erkrankungen und die Bedrohung von etwas, das man nicht kontrollieren kann oder im Griff hat, war schon immer noch sehr präsent" beschreibt Gedeck im Gespräch mit dem STANDARD die Arbeit an der siebenteiligen Sky-Serie, die jetzt an den Start geht.

Mit eiserner Hand

Der Horror von außen ist aber nur das eine große Übel auf Helgoland. Es gibt noch ein zweites, viel größeres. Denn Inselchefin Beatrice, gespielt von Gedeck, regiert ihr Reich mit eiserner Hand.

Was passiert, wenn es auf dem Planeten nur noch einen vermeintlich sicheren Platz zum Überleben gibt, weiß man ja von anderen Weltuntergangsfilmen: Dann wollen alle dorthin, das Paradies muss verteidigt werden. Aber es sind nicht nur potenzielle Eindringlinge, die Beatrice mit ihrer Miliz im Blick hat wie einst Kevin Costner in Waterworld. Sie muss auch die Zahl 513 hochhalten. Für genau so viele Menschen reicht die Insel zum Leben.

Geburt und Tod

Wird ein Kind geboren, muss ein anderer sterben, um Platz zu machen. So beginnt die Serie auch, und die stärksten Szenen gibt es gleich am Anfang. Mutter und Kind sind nach der Geburt wohlauf. Aber leider muss der Großvater nun verabschiedet werden.

Und dann kommt auch noch überraschend ein Zwilling. Könnte man nicht mal eine Ausnahme von diesen hartherzigen Regeln machen? Bitte, sagen manche, einen mehr könne man doch mittragen. Nein, erwidert Beatrice, die Regeln müssen eingehalten werden.

"Das ist die unterschwellige DNA der Serie: dass man das Chaos bewältigt und sich nicht vom ihm überwältigen lässt. Aber natürlich geht Beatrice zu weit. Sie stellt für ihre Ordnung ja ein moralisch-ethisches Ranking auf. Das ist krank, und die Ordnung hat einen hohen persönlichen Preis", sagt Gedeck.

Absurdes Ranking

Die Insulaner nämlich müssen sich permanent optimieren. Nur wer der Gemeinschaft dient, hält sich im Rennen. Wer aus der Rolle fällt, wird im Watt ertränkt.

"Ich war in der Zeit schon ganz gut begleitet, denn es gibt ja sehr heftige Szenen. Es werden Todesurteile gefällt und ausgeführt. Das ansehen zu müssen – da habe ich großen Respekt gehabt", erinnert sich die 62-Jährige an die Dreharbeiten, die nicht auf Helgoland stattfanden, sondern auf Amrum und Sylt. Und natürlich im zerstörten Hamburg, das aussieht wie ein einziger "lost place", samt schwer lädierter Elbphilharmonie.

Was sich dort so abspielt, gehört nicht zur Spitzenunterhaltung im Sektor "Überleben nach der Apokalypse" – zu grell sind die Charaktere, Mitgefühl kommt da nicht auf. Die Suche nach dem Impfstoff und die erwartbaren Schwierigkeiten sind auch keine Gründe, warum man Helgoland 513 unbedingt schauen muss. Aber das Regime von Beatrice und die ethischen Fragen lohnen das Einschalten sehr.

Gedeck trägt die siebenteilige Serie von Showrunner, Headwriter und Regisseur Robert Schwentke. Mehr als einmal ertappt man sich bei der Frage: Wie würde man selbst in dieser Situation entscheiden?

"Ich kann es mir nicht vorstellen, dass man so lebt", sagt Gedeck, "ich halte die Freiheit es Menschen sehr hoch. Die Welt würde nie vorwärtskommen, wenn Menschen nicht ausbrechen und einen anderen Weg ausprobieren." Auf Helgoland allerdings geht es nicht. Da wartet dann der Tod im Meer. (Birgit Baumann, 16.3,2024)