Thaddäus Teddy Podgorski 
Thaddäus Teddy Podgorski bei einer Feier im Jahr 2015. In der Hand hält er eine Replik der Goldenen Kamera.
APA/GEORG HOCHMUTH

Thaddäus Podgorski hat das österreichische Fernsehen über Jahrzehnte geprägt, als Sendungsmacher, Moderator, Journalist und von 1986 bis 1990 ORF-Generalintendant. Er hat die erste "ZiB" gemacht und ihr einen Namen gegeben, er hat das Societyformat "Seitenblicke" erfunden, "Universum" und das regionale "Bundesland heute". Nun ist der Journalist, Schauspieler, Regisseur, Autor, Wirt, Lebemann und große Schmähführer Podgorski mit 88 Jahren gestorben. Das wurde dem STANDARD am Samstag aus Familienkreisen bestätigt.

"Zeit im Bild"-Namensgeber

Da endet ein unglaublich reiches, kreatives Leben, prall von Witz und Geschichten, die österreichische Fernsehgeschichte machten, und von denen Podgorski auch ungemein gern erzählte. Es gab ja soviel davon. Und keiner kann sie mehr so erzählen wie er.

Wie der widerständig-schelmische Schüler "Bodgoaski", geboren am 19. Juli 1935 in Wien und aufgewachsen auf den wilden Gstätten des armen Arbeiterbezirks Wien-Simmering, nach dem Krieg und vor der Matura aus dem Internat des Benediktinerstifts Admont flog. Wie er mit Schmäh beim US-Radio Rot-Weiß-Rot unterkam und nach dessen Ende beim Österreichischen Rundfunk, dem ORF.

Wie er dem TV-Senderchef Gerhard Freund mit dem Titel für sein Projekt einer "Wochenschau" fürs Fernsehen aushalf: "Zeit im Bild". "Gut ist es nicht, aber lassen wir’s mal", zitierte Podgorski Freund gerne. Die Sendung ging am 5. Dezember 1955 mit ihrem ersten Redakteur Podgorski auf Sendung und heißt auch sieben Jahrzehnte danach noch "ZiB" und erreicht täglich ein Millionenpublikum im ORF.

Sein pointierter Zugang zum Genre TV-Nachricht kostete Podgorski den Reporterjob: ORF-General Gerd Bacher warf ihn aus der TV-Information nach einem "ZiB"-Bericht über die Salzburger Festspiele mit Schwenk über kiffende Jugendliche an der Salzach und dem Kommentar: "Die Hippies rauchen ihre Joints und die Bürger sitzen im Theater." "Ich brauche keinen Bert Brecht im Aktuellen Dienst", tobte Bacher 1967.

Erfinder zahlreicher Sendungen

Boxer Podgorski entwickelte für den ORF eine Vielzahl von Sendungen wie "Sportpanorama" und das kritische Magazin "Panorama" mit Walter Pissecker, das von ihm selbst moderierte Erinnerungsschwelgen "Seinerzeit", das Männermagazin "Jolly Joker" mit Society, Luxus und schnellen, schönen und teuren Autos, die Podgorski lange selbst sehr interessierten wie den Piloten Podgorski die Fliegerei.

Podgorski war selbst ein nicht geringer Teil der Wiener Gesellschaft – in der nach dem Innenstadt-Wirtshaus benannten "Gutruf-Partie" mit Künstlern, etwa Helmut Qualtinger; das Lokal rettete Podgorski später in einer Gruppe von Investoren. Aber auch in der Partie des roten Society-Enfant-terribles Udo Proksch, der später das Frachtschiff Lucona versenken ließ und sechs Tote in Kauf nahm, um die Versicherung zu betrügen. Podgorski war in den 1970ern in einem eigenwilligen Wiener Verein von Proksch Vizepräsident und Geschäftsführer, der Lucona-U-Ausschuss kritisierte das Naheverhältnis und den ORF-Einsatz dort.

ORF-Chef wird Thaddäus Podgorski, nach eigenem Bekunden stets parteifrei, aber links, auf Wunsch und Betreiben von Bundeskanzler und SPÖ-Chef Fred Sinowatz. Vor allem, weil der langjährige Wunschkandidat Franz Kreuzer aus dem ORF inzwischen als Gesundheitsminister in die Bundesregierung gewechselt ist. Und vor allem damit der bürgerliche Gerd Bacher nicht mehr ORF-Chef ist.

ZIB 13:00: Ex-ORF-Generalintendant Podgorski gestorben
Der ehemalige ORF-Generalintendant Teddy Podgorski ist im Alter von 88 Jahren verstorben. Er erfand die ?Zib?, "Seitenblicke", "Bundesland heute" und "Universum".
ORF

Podgorski erfindet in seinen vier Jahren an der ORF-Spitze die "Seitenblicke", die Wissenschaftsreihe "Universum", die Regionalisierung der TV-Berichterstattung in neun "Bundesland heute"-Sendungen. Und er holt einen bisherigen Kanzlerpressesprecher namens Gerhard Zeiler als Generalsekretär und faktischen ORF-Manager auf den Küniglberg, der sich als bisher fähigster und erfolgreichster TV-Manager der österreichischen Mediengeschichte bis heute entpuppen wird: Gerhard Zeiler, nach vier Jahren bei Tele 5 und RTL 2 später 1994 bis 1998 selbst ORF-General, dann CEO von RTL Deutschland und der RTL Group und heute President International des US-Medienkonzerns Warner Discovery.

ORF-Logo
Teddy Podgorski entwickelte für den ORF zahlreiche Sendungen, darunter die "Seitenblicke" und die Wissenschaftsreihe "Universum".
APA/EVA MANHART

1990 kehrt Bacher noch einmal zurück als General, sein fünftes Mal an der ORF-Spitze, wie üblich mit Unterstützung der ÖVP und dank der im Aufsichtsgremium mit abstimmenden ORF-Betriebsräte. Podgorski rechnet nach der entscheidenden Abstimmung vor Journalisten hörbar ärgerlich ab: "Warum ich verloren habe? Das ist eine ganz einfache Sache. Weil das eine rein politische Entscheidung war. Ich war der einzige in diesem Haus und an diesem Posten, der konsequent und aggressiv gegen Parteieneinfluss gekämpft hat. Und zwar auf dem Boden des Gesetzes, ganz konsequent. Und das geht in Österreich nicht. Wenn man in Österreich nicht packelt, überlebt man nicht. Quod erat demonstrandum. Aber es gibt ein Leben nach dem Tod."

Podgorski, Vater dreier Söhne, führte seither Regie im Theater an der Josefstadt und in den Kammerspielen, er spielte in Filmen wie dem "Bockerer" und Fernsehfilmen und am Theater, er erinnerte sich in Formaten für das Landesstudio Wien und vielen Büchern an sein überreiches Leben.

Was ist, nach einer so prallen Vita, der Sinn des Lebens, fragte Günter Kaindlstorfer den Tausendsassa 2020 für sein hörenswertes Porträt in der Ö1-Reihe "Hörbilder"? "Ich habe den Sinn gefunden", sagte Podgorski: "Ich pflege meine Frau, die Parkinson hat, bin eigentlich Tag und Nacht bei ihr, mit ganz kleinen Ausnahmen. Und wenn ich gar nichts anderes gemacht hätt’ in meinem Leben als das, was ich jetzt mache, wäre das schon Sinn genug." (Harald Fidler, 16.3.2024)